Eine Familie in der Pandemie – das Interview

Eine Familie in der Pandemie – das Interview

Datum:
Ort:
Bonn
Lesedauer:
6 MIN

Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende. Ein Jahr das anders war. Überschattet von Einschränkungen und ungeahnten Belastungen für eine Familie. Wir haben in den eigenen Reihen einmal nachgefragt:

Mutter und Sohn lernen am Esstisch, während der Vater in Uniform mit dem anderen Sohn das Abendessen zubereitet.

Zusammen lernen und kochen - Familienleben in der Pandemie

Bundeswehr/Gapski

Unser ITInformationstechnik-Feldwebel Michael Gapski und seine Frau Stephanie sind eine junge Familie die mit Problemen in dieser Zeit zu kämpfen haben, wie sie wohl viele nachempfinden können.
Beide haben sich sehr viel Zeit genommen uns ein paar Fragen ausführlich zu beantworten.

Wie sind Ihre persönlichen Umstände zu Hause?

 
Ich lebe mit meiner Frau Stephanie und meinen beiden Söhnen Kilian (7 J.) und Connor (3 J.)
in einem Einfamilienhaus etwas südlich von Bonn, wo ich beim Streitkräfteamt meinen Dienst leiste.
Meine Frau arbeitet ebenfalls in Bonn, für ein dort ansässiges großes Telekommunikationsunternehmen.

Wie sah ihr Arbeitsalltag vor der Corona-Pandemie aus?

Ich bin derzeit beim Streitkräfteamt als ITInformationstechnik-Feldwebel eingesetzt. Dort unterstütze ich unser Redaktionsteam bei technischen Problemen und bin für die Angehörigen der Gruppe Ansprechpartner bei allen Fragen rund um das Thema ITInformationstechnik. Seit mittlerweile gut 4,5 Jahren ist es mir möglich, zwei Tage die Woche vom Homeoffice aus tätig zu sein.
Meine Frau arbeitete vor der Corona-Pandemie fünf Tage die Woche auf Teilzeitbasis in Bonn.
Sie ist dort als persönliche Ansprechpartnerin bei Beschwerden, die von Kunden an den Vorstand gerichtet werden, tätig.

Der Vater sitzt in Uniform arbeitend an seinem Laptop während die Kinder im Hintergrund auf dem Fußboden spielen.

Mobiles Arbeiten in der Pandemie

Bundeswehr/Gapski

Wie haben Sie die erste Welle erlebt?

Während der ersten Welle waren beide Kinder in der Kita. Diese wurde jedoch, wie viele andere auch, nach wenigen Wochen geschlossen. Wie alle Eltern hatten wir aber die Hoffnung, dass dies nur eine kurzfristige Maßnahme ist. Die Zeit konnten wir überbrücken, da meine Frau und ich uns im Homeoffice abgewechselt hatten.
Als keine Änderung der Situation nach einigen Wochen eintrat, war es uns durch unsere Arbeitgeber ermöglicht worden, dass wir beide vollständig vom Homeoffice aus arbeiten und somit parallel die Kinder betreuen konnten.

Was mussten Sie an Änderungen vornehmen?

Eine sehr große Umstellung war es, dass man nun jeden Tag zu Hause kochen musste, da das Mittagessen in der Kindertagesstätte weggefallen ist. Dies sorgte dafür, dass wir unsere Einkaufsplanung neu organisieren mussten.
Darüber hinaus muss man Kindern in dem Alter ein hohes Maß an Aufmerksamkeit widmen.
Parallel zur Arbeit stand man daher als Papa und Mama den Kindern zur Verfügung, was die regulären Arbeitsabläufe verkomplizierte.
Glücklicherweise konnten meine Frau und ich in unterschiedlichen Räumen unser Homeoffice einrichten, dadurch konnten wir weitestgehend ungestört arbeiten (sofern die Kinder es zuließen).

Wärend der Vater noch arbeitet, bereitet die Familie im Hintergrund das Abendessen zu.

Das Miteinander zählt

Bundeswehr/Gapski

Gab es Probleme mit dem Arbeitgeber? (Stichwort – Vereinbarkeit/Familie und Dienst)

Sowohl mein Dienstherr als auch der Arbeitgeber meiner Frau haben beim ersten Lockdown sehr schnell reagiert und alle Mitarbeiter, denen es möglich war von zu Hause aus zu arbeiten, ins Homeoffice geschickt.
Der Arbeitgeber meiner Frau hat hierfür kurzfristig ca. 30.000 neue Laptops beschafft und zusätzlich die stationären PCs aus den Büros umgerüstet und den Mitarbeitern fürs Homeoffice zur Verfügung gestellt.

Wie haben die Kinder auf die Umstellungen reagiert?

Die ersten drei Monate, in denen die Kita zu war, konnten wir uns zu Hause alle gut arrangieren, auch wenn man schnell merkte, dass den Kindern die Freunde fehlten.
Die mangelnde Bewegung (Toben auf dem Spielplatz und in der Kita) machte sich relativ schnell bei den Kindern bemerkbar, sie waren unausgeglichen. Der Jüngere der Beiden hatte sich seinen Ausgleich gesucht, indem er abends eine halbe Stunde lang durch das Haus rannte.
Wir haben versucht möglichst viel Abwechslung zu schaffen, aber bei so einer langen Zeit gehen einem doch irgendwann die Ideen und Möglichkeiten aus.
Auch wenn wir versucht haben es zu begrenzen, stieg der Medienkonsum der Kinder in der Zeit merkbar an.

Was hat sich in der Schule/Kindergarten nach dem ersten Shutdown geändert.

Eltern war es nicht mehr gestattet die Einrichtungen zu betreten. Die Umstellung für die Kinder nur noch an der Kita-Tür „abgegeben“ zu werden war sehr groß und hatte zu vielen Tränen geführt.
Für die Eltern ist es dadurch schwieriger einen Einblick in den Kita-Alltag zu bekommen. Man bekommt nicht mehr direkt mit, mit wem das eigene Kind spielt, was es derzeit gerne spielt und ob in dem persönlichen Ablagefach sich die Kunstwerke stapeln.
Die Gespräche mit den anderen Eltern und Kindern kamen so viel zu kurz.

Der Vater in Uniform sitzt mit seinem Sohn am Esstisch vor einem Laptop und einem Rechenbuch.

Ein ganz normaler Arbeitstag

Bundeswehr/Gapski

Gab es große Änderungen bei der zweiten Welle?

Im Gegensatz zur ersten Welle ist unsere Schule und der Kindergarten bis jetzt noch geöffnet.
Der Große geht mittlerweile in die 1. Klasse, was eine grundsätzliche Änderung mit sich brachte.
Zu Beginn des Schuljahrs hatten wir ihn für die Ganztagsschule angemeldet, dies mit der zweiten Welle zur Vermeidung unnötiger Kontakte geändert, sodass er jetzt bereits um 12 Uhr aus der Schule kommt.
Meine Frau arbeitet derzeit  2/3 weiterhin im Homeoffice und ich aktuell täglich, sodass bei uns die Kinderbetreuung sichergestellt werden kann.

Haben die Kinder anders reagiert? Im Kindergarten/Schule?

Anders als noch in der ersten Welle begreifen die Kinder die Situation jetzt besser. Dadurch, dass Schule und Kita Hygienekonzepte entwickelt haben, ist ein weitestgehend normaler Betrieb gewährleistet. Somit haben die Kinder einen geregelten Tagesablauf.
Mit dem Eintritt in die Schule musste sich der Große an das Tragen der Maske gewöhnen, was ihm nicht immer leichtfällt. Der Kleine wiederrum möchte seinem Bruder in nichts nachstehen und trägt daher freiwillig auch eine Maske.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Erziehern / Lehrern, glauben Sie, dass diese auf die zweite Welle besser vorbereitet sind?

Die Schule versucht mit technischen Mitteln das Ausbleiben des persönlichen Kontaktes zu kompensieren. Hierzu wurde unter anderem eine Cloud-basierte Plattform eingerichtet, über die der Kontakt zur Klassenlehrerin und den anderen Eltern möglich ist. Die entwickelten Hygienekonzepte werden unserer Meinung nach gut umgesetzt und bei Bedarf rasch angepasst.
Darüber hinaus wird versucht, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, hier sei als Beispiel das digitale St. Martins Fest genannt, das per Videokonferenz abgehalten wurde.
In der Kita kann man die täglichen Belange bei Tür- und Angelgesprächen weitestgehend klären.

Eine Familie sitzt an einem großen Esstisch und alle spielen zusammen ein Brettspiel.

Mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen durch die Pandemie

Bundeswehr/Gapski

Gibt es eine Geschichte, die eine besondere Situation beschreibt?

Durch das Schließen der Kita mussten die Vorschüler auf viele Aktivitäten verzichten.
So ist unter anderem die geplante Verkehrserziehung durch die Polizei weggefallen und auch das Abschlussprojekt der Vorschüler konnte nicht abgeschlossen werden.
Durch die Auflagen ist auch der Termin mit dem Fotografen abgesagt worden. Damit die Kinder trotzdem ein Gruppenfoto des Jahrganges in den Händen halten konnten haben wir uns dazu entschieden unser Wohnzimmer in ein Corona-konformes Fotostudio umzuwandeln.
Die Kinder wurden von uns einzeln abgelichtet und die Einzelbilder mittels Digitaltechnik zu einer Collage zusammengeführt.

Wie stehen Sie zu der Frage „Müssen sich Kinder an die Maskenpflicht zu halten?“

Da es derzeit keine andere Möglichkeit gibt sich und andere vor dem Virus zu schützen, sollten auch Kinder eine Maske tragen. Aus persönlicher Erfahrung können wir aber sagen, dass es einem Erstklässler durchaus schwer fällt generell eine Maske zu tragen.
Besonders zu Beginn des zweiten Lockdowns, als es hieß, dass auch die Grundschüler im Unterricht die Maske zu tragen haben, führte dies zu Tränen.

Was wünschen Sie sich und Ihrer Familie für die Zukunft?

Dass eine Alternative zum Lüften der Klassenräume eingeführt wird. Bei den aktuellen Temperaturen sollten Kinder nicht mit Decke und Jacke im Klassenraum frieren müssen. Besonders dann, wenn es mit Luftfiltern bereits eine technische Möglichkeit gibt dem Abhilfe zu schaffen. Hier müsste die Politik mal Geld in die Hand nehmen.
Darüber hinaus würden wir uns wünschen, dass sich alle an die derzeit geltenden Regeln halten, um vielleicht doch Weihnachten im Kreis der Familie feiern zu können.

Anmerkung der Redaktion:
Da wir leider in dieser Zeit nicht für ein paar Fotos vorbeikommen konnten, danken wir für die tollen Bilder und die damit verbundene Zeit.


von Verena Forth