Umgeben von VX: Ausbildung der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr mit der USUnited States-Army
Chemiewaffen sind eine tödliche und unsichtbare Bedrohung. Die Offiziere und Feldwebel der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrtruppe der Bundeswehr müssen dafür gewappnet sein. Deshalb reisen sie in die USA und trainieren dort den Umgang mit echten Kampfstoffen wie VX. Die Ausbildung ist einzigartig.
Ein Redakteur im Selbstversuch
Dieser Schwerpunkt stellt diese außergewöhnliche Ausbildung dar. Ein mutiger Redakteur der Bundeswehr hat den Selbstversuch gewagt und an einer solchen Übung teilgenommen.
Ginge es nach Diplomaten und internationalen Organisationen, wären die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräfte längst überflüssig. Denn am 27. April 1997 trat die Chemiewaffenkonvention in Kraft. Bis heute haben 193 Staaten diesen Vertrag unterschrieben. In ihnen leben 98 Prozent der Weltbevölkerung. Demnach darf chemischer Kampfstoff nur noch zu Forschungs- und Trainingszwecken hergestellt und eingesetzt werden. Der Vertrag wird durch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen überwacht – die Organisation of the Prohibition of Chemical Weapons (OPCWOrganisation for the Prohibition of Chemical Weapons). Doch nicht zuletzt der Syrien-Konflikt, aber auch der Nowitschok-Vorfall in Großbritannien, haben der gesamten Welt deutlich vor Augen geführt: Die Durchsetzung solcher Vereinbarungen ist schwierig.
Fakt ist: Eine schon im Ersten Weltkrieg genutzte Waffe wird auch im 21. Jahrhundert immer noch eingesetzt - trotz Ächtung und Verbot. Die Bundeswehr ist deshalb mit ihren Spezialisten gegen eine ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Bedrohung gewappnet.
Die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräfte sind eine kleine spezialisierte Einheit der Bundeswehr. Überhaupt gibt es weltweit nur wenige Experten für die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr. Daher sind sie sehr gut vernetzt. Die Bundeswehr hat dabei einen ausgezeichneten Ruf und arbeitet eng mit den niederländischen und den tschechischen Streitkräften zusammen.
Eine schon Jahrzehnte alte Partnerschaft pflegen die deutschen ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrsoldaten ebenfalls zu ihren Kameraden der USUnited StatesArmy. Sie nutzen auch deren Trainingseinrichtung in Fort Leonard Wood in Missouri, die Chemical Defensive Training Facility (CDTFChemical Defense Training Facility).
Im CDTFChemical Defense Training Facility wird mit den Nervenkampfstoffen VX und Sarin geübt. Daneben gibt es noch Lungenkampfstoffe wie Chlor. Klassifiziert werden Kampfstoffe danach, wie sie in den Körper gelangen und wie sie dort wirken.
Sarin und VX: Ausbildung der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr in den USA
Bei einer ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrübung in den USA trainieren Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr den Umgang mit chemischen Kampfstoffen.
CBRNchemical, biological, radiological, nuclear-Ausbildung bei der USUnited StatesArmy
Im CBRNchemical, biological, radiological, nuclear-Ausbildungszentrum in Fort Leonard Wood herrschen einzigartige Trainingsbedingungen. Die Ausbildung an VX im Video:
Außerdem: Im Classics aus dem Jahr 1990 werden im pfälzischen Clausen Chemiewaffen aus einem Arsenal der USUnited States-Streitkräfte abtransportiert.
Im CBRNchemical, biological, radiological, nuclear-Ausbildungszentrum der USUnited StatesArmy in Fort Leonard Wood übt die Bundeswehr den Umgang mit gefährlichen Kampfstoffen.
Die scharfe ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrübung – im Podcast
Obwohl der Einsatz von Chemiewaffen seit Ende der 90er-Jahre international geächtet ist, klärt der Podcast, weshalb die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräfte überhaupt das Aufspüren von Kampfstoffen üben müssen.
Zudem ist das Training zur ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr wesentlicher Bestandteil in der Ausbildung eines jeden Soldaten. Das Aufsetzen der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske, sowie das Anziehen des Overgarments, dem Schutzanzug, wird unzählige Male geübt. Für Hauptmann Matthias Lehna wird in dieser Folge unseres Podcast aus einer bisher abstrakten Bedrohung eine durchaus reale. Wie sich das anfühlt und ob die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske nun zum Lieblingsstück der persönlichen Ausrüstung von ihm zählt, erzählt er Hauptmann Moritz Bock von Radio Andernach.
Mitten im Gift
Wie fühlt es sich an, in tödlicher Atmosphäre mit Kampfstoffen wie Sarin oder VX zu üben?
ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Truppe übt mit chemischen Kampfstoffen
In den USA nahmen 22 Soldaten der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrschule Sonthofen an einer Ausbildung mit chemischen Kampfstoffen teil. Die Übung in Bildern:
Wie spürt man Sarin auf?
„We’ve got the nerve“ – „Wir bewahren die Nerven“, ist der Wahlspruch des Ausbildungszentrums für ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkräfte der USUnited StatesArmy. Nerven bewahren müssen vor allem alle Soldatinnen und Soldaten, die in der „Chemical Defense Training Facility“, kurz CDTFChemical Defense Training Facility, üben wollen. Denn hier wird unter kontrollierten Bedingungen mit tödlichen Kampfstoffen wie beispielsweise Sarin gearbeitet. Deshalb übt auch die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrtruppe der Bundeswehr mit ihren angehenden Führungskräften in den USA. Für die jungen Feldwebel und Offiziere ist das die Krönung ihrer Ausbildung. So läuft ein „scharfer“ Durchgang ab.
Jeden Morgen pünktlich um 8 Uhr geht es los. Die Wachmannschaft der „Chemical Defense Training Facility“ (CDFT) öffnet die Tore der streng gesicherten Ausbildungsanlage. Aufgereiht stehen die jungen deutschen Feldwebel und Offiziere vor einem Wachmann und hören sich die Sicherheitsbelehrung an. Wie jeden Morgen zuvor erfahren sie, dass sie keine privaten Gegenstände und keine Getränke mitbringen dürfen. Das sind reine Vorsichtsmaßnahmen.
In der 2019 komplett umgebauten CDFT werden die Spezialisten zur Bekämpfung von Bedrohungen mit den Nervenkampfstoffen VX oder Sarin ausgebildet. Die Szenarien sind realistisch: Zwei Stunden Autofahrt von St. Louis in Missouri entfernt, stehen in einem hochgesicherten Komplex Nachbauten von Chemiewaffenlaboren oder von Anlagen zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen.
Bundeswehr/Jana Neumann
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Die Einkleidung
Nach der Einschleusung und der Sicherheitsbelehrung müssen alle eingekleidet werden. Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bekommen von der Unterhose bis zur ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske alles vor Ort. Für jede Größe ist das Richtige vorhanden. Obwohl die Ausbildung auf amerikanischem Boden stattfindet, empfangen alle deutschen Soldaten die Ausrüstung der Bundeswehr. Denn das Ziel ist es, Vertrauen in die eigene Ausstattung zu gewinnen. Schließlich werden sie diese im Ernstfall auch einsetzen.
Parallel zur Einkleidung werden die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Masken mit einem Messgerät auf ihre Dichtigkeit getestet. Die Maske ist die Lebensversicherung eines jeden Soldaten. Erst wenn alles komplett dicht ist, dürfen die Soldaten sich weiter auf den anstehenden Übungsvorgang vorbereiten. Anschließend darf die Maske nicht mehr am Filter gegriffen werden. Auch die Kopfbänder der Maske dürfen nicht mehr verstellt werden, denn die Maske ist nun perfekt eingestellt. Zur Sicherheit kommt noch ein Namensband auf den Filter der Maske. So kann niemand aus Versehen die falsche Maske greifen.
In ihrer kompletten Montur sehen alle Soldaten gleich aus. Daher schreibt jeder seinen Namen, den Dienstgrad und die Blutgruppe auf den Overgarment genannten Schutzanzug.
Bundeswehr/Jana Neumann
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Der Maskencheck
Es geht los. Mittlerweile ist es 10.30 Uhr. Alle Maßnahmen zur Vorbereitung sind abgeschlossen. In Zweierreihen geht die Übungstruppe aus dem Vorbereitungsgebäude in die eigentliche Trainingsanlage. Die Ausbilder zählen genau, wie viele Personen das Gebäude verlassen und wie viele in die Trainingseinrichtung eintreten. Noch sind die Masken nicht aufgesetzt. Doch bald wird es ernst. In einem Schleusenbereich werden die letzten offenen Klettverschlüsse am Overgarment verschlossen. Alle setzen ihre Masken auf und prüfen gegenseitig, ob diese richtig sitzen. Der letzte Maskencheck erfolgt in einem weiß gekachelten Raum. Im grellen Licht tritt jeder Soldat einzeln unter eine der Plastikhauben. Hier sammelt sich das Reizgas, das die Ausbilder der USUnited StatesArmy direkt an der Maske ausströmen lassen. Dies ist ein letzter Test. Wer jetzt hustet, oder wessen Augen tränen, muss sofort gehen. Für ihn ist die Übung vorbei, bevor sie begonnen hat. Denn danach gibt es kein Zurück mehr.
Bundeswehr/Jana Neumann
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Der letzte Blick
Alle, die den letzten Test bestanden haben, stellen sich einander gegenüber auf. Ein Ausbilder geht von Soldat zu Soldat. Dann ein tiefer kontrollierender Blick in die Augen und die Frage: „Sind Sie bereit?“. Ein kurzes Nicken zum USUnited States-Ausbilder an der Schleusentür und er funkt die Leitstelle an. Über eine Gegensprechanlage kommt das Freigabekommando. Automatisch ziehen sich schwere Metallbolzen zurück. Die tonnenschwere Schleusentür schwingt auf. Pünktlich um 11 Uhr betreten alle den kontaminierten Bereich der Trainingsanlage.
Dieser Bereich ist die „Hot Zone“. Hier darf nur mit Schutzausrüstung gearbeitet werden. Für Notfälle ist ein Rettungsteam immer in direkter Rufbereitschaft. Rettungsärzte können über einen eigenen Zugang hinzukommen. Sie haben einen eigenen medizinischen Notfallraum in der „Hot Zone“ und können auch unter ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutz arbeiten. Zusätzlich hat jeder Soldat einen Autoinjektor mit Atropin bei sich. Wie er sich diesen lebensrettenden Wirkstoff selbst verabreicht, hat jeder in seiner Ausbildung gelernt.
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Das Aufklären
Die „Hot Zone“ ist in verschiedene Bereiche aufgeteilt. Von einem großen Vorraum gehen verschiedene Übungsräume ab. Jeder enthält ein eigenes Szenario. Vom nachgebauten Chemielabor, über ein Waffenversteck bis hin zu einer ganzen U-Bahnstation - alles ist täuschend echt. Dazu kommen aus Lautsprecherboxen Gefechtslärm und unverständliche Funksprüche. Auch wenn das Übungszenario unübersichtlich erscheint und Stress erzeugt – alle Soldaten und Soldatinnen haben einen Auftrag. Einteilen von Suchbereichen. Priorisierung durch einen Truppführer. Absuchen in Sektionen – so läuft eine systematische Aufklärung ab. Bei der Aufklärung von Kampfstoffen wie Sarin hilft ein automatisches Detektiergerät. Das LCD (Light Weight Chemical Detector) saugt beständig Umgebungsluft ein und misst die Verunreinigung der Luftpartikel. Nach einer automatischen Analyse schlägt es Alarm, sobald es einen Kampfstoff entdeckt hat. Das LCD zeigt auch an, um welchen Kampfstoff es sich dabei handelt.
Zur Kontrolle nutzen die Soldaten nochmals ein anderes Kampfstoffspürgerät – eine einfache Handpumpe mit einer Aufnahme für Prüfröhrchen. Auch das dient der schnellen Analyse. Prüfröhrchen anbrechen, einsetzen und Luft mit der Handpumpe einsaugen. Warten. Laut die Sekunden zählen. Dann weiter die Luft ansaugen, bis sich im Prüfröhrchen eine Markierung verfärbt. Wieder warten. Dann steht das Ergebnis fest: Das LCD und das Prüfröhrchen beweisen übereinstimmend, dass Sarin in der Luft ist.
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Die Dekontamination
Es ist 12.30 Uhr. Mittagszeit. Doch im CDTFChemical Defense Training Facility arbeiten fast zwei Dutzend Soldaten unermüdlich in einer mit Sarin vergifteten Umgebung. Ein Loch im Overgarment oder eine undichte Maske können schlimme Folgen haben. Ein Nervenkampfstoff wie Sarin ist unsichtbar und geruchlos. Im schlimmsten Fall droht der Erstickungstod. Ein einziger Tropfen genügt.
Angesichts dieser Gefahr sind alle Soldaten hoch konzentriert. Sie üben nicht nur, Kampfstoffe aufzuspüren und zu identifizieren. Sie trainieren auch, ihre Ausrüstung behelfsmäßig zu entgiften. Mit einem speziellen Reinigungsschwamm fahren die Soldaten über eine kontaminierte Waffe. Der Schwamm gehört zum ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Selbsthilfesatz, den jeder Soldat zusätzlich zu seiner persönlichen ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske besitzt. Mittlerweile dauert die Übung schon drei Stunden. Erste Ermüdungsanzeichen machen sich bemerkbar. Die Ausbilder beobachten jeden einzelnen Übungsteilnehmer genau und befehlen eine kleine Pause. Die Schutzausrüstung bleibt dabei natürlich an. Aber es gibt eine Erfrischung. Die Schutzmaske hat einen Anschluss für eine besondere Nährlösung. Über einen Schlauch bekommt jeder Soldat eine warme, leicht süßlich schmeckende Flüssigkeit zu trinken. Eine Kräftigung für den letzten Ausbildungsabschnitt: die Entkleidung.
Bundeswehr/Jana Neumann
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Das Entkleiden
Inzwischen sind etwa vier Stunden vergangen. Die Übungstruppe hat ihren Auftrag trotz widriger Bedingungen ausgeführt. Sie hat Sarin nachgewiesen und ihre Waffen behelfsmäßig entgiftet.
Doch nun folgt der gefährlichste Part - das Entkleiden. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass auch die Schutzausrüstung kontaminiert ist. Wer jetzt ungeduldig wird, vergiftet sich oder andere doch noch. Schritt für Schritt werden Klett- und Reißverschlüsse geöffnet. Dann legen die Soldatinnen und Soldaten ihre Handschuhe, das Ober- und das Unterteil des Overgarments sowie die Überschuhe ab. Dabei unterstützen sie sich gegenseitig. Alles wird sauber weggebracht. Schicht für Schicht wird ausgezogen. Bis zuletzt bleibt die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske aufgesetzt. Dann tief Luft holen, den Atem anhalten und die Maske mit einem Griff von unten absetzen. Mit angehaltener Luft geht es danach durch einen Schleusenraum direkt in die Duschen. Es ist geschafft!
Bundeswehr/Jana Neumann
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Die Erleichterung
Um 14 Uhr sind alle aus der „Hot Zone“ raus. Jedem ist die Erleichterung anzusehen. Alle haben ihren Auftrag ausführen können. In lockerer Atmosphäre sprechen die Soldaten über das Erlebte. Dabei werden sie von den Ausbildern beobachtet: Sind die Pupillen normal geweitet? Verhält sich jemand auffällig? Ist jemandem übel?
Am Ende ist wieder alles gut gegangen. Und die deutschen ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrsoldaten haben eine wichtige Lektion gelernt: Sie können sich auf ihre Ausrüstung sowie auf ihre Kameraden verlassen.
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