Stammzellspende - Kleine Tat mit großer Wirkung
Stammzellspende - Kleine Tat mit großer Wirkung
- Datum:
- Ort:
- Bonn
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Oberstabsfeldwebel Gerhard Maurer hat das Potenzial, zum Helden zu werden. Durch seine Stammzellspende schenkt der Eloka-Feldwebel aus der Zentralen Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung (ZU-StelleBwTAufklZentrale Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung) in Hof/Saale einem Menschen Hoffnung – und möglicherweise sein weiteres Leben.
„Ich bin gerade auf der Autobahn unterwegs gewesen, als ich einen Anruf aus Tübingen erhalten habe. Erstmal war ich vor den Kopf gestoßen und habe nicht begriffen, was die Person auf der anderen Seite der Leitung von mir wollte“, erinnert sich Oberstabsfeldwebel Gerhard Maurer an den Moment, in dem er von der DKMS zum potenziellen Lebensretter auserkoren wurde. Die DKMS, - Deutsche Knochenmarkspenderdatei - ist die bekannteste der 30 in Deutschland tätigen Organisationen zur Gewinnung und Vermittlung freiwilliger Stammzellspenden.
Gerhard Maurer hatte sich dort vor mehr als fünf Jahren registrieren lassen, als er in seinem Heimatlandkreis Hof einem Aufruf der Regionalzeitung „Frankenpost“ gefolgt war. Darin ging es um den sechsjährigen Leonard, der bereits zum zweiten Mal an Blutkrebs erkrankt war. Seine letzte Chance sollte eine Stammzelltransplantation darstellen.
Schnelle, einfache und unkomplizierte Registrierung
Am 22. März 2015 machte sich Oberstabsfeldwebel Gerhard Maurer gemeinsam mit 4000 anderen Oberfranken auf, um Teil der erfolgreichsten DKMS-Registrierungsaktion des Landkreises zu werden - und um etwas zu tun, das er nach wie vor für selbstverständlich und keine große Sache hält. „Ich stand damals eine Stunde lang an, habe meine Daten und eine Blutprobe abgegeben, einen Spenderausweis erhalten und bis vergangenen Monat nie mehr etwas davon gehört.“
Im Hinterkopf habe Maurer die Registrierung zwar behalten, aber der Anruf von der DKMS sei dann doch sehr überraschend für ihn gekommen. „Die Chance auf einen genetischen Zwilling zu treffen, halte ich für relativ gering“, schätzt der 53-Jährige. Umso mehr habe er sich darüber gefreut, als er zu begreifen begann, was dieser Anruf für ihn und den Adressaten seiner Spende bedeuten könnte.
Nach einem einstündigen Telefonat mit einer DKMS-Mitarbeiterin, indem neben einer detaillierten Beschreibung des weiteren Vorgehens eine erneute Abfrage seines Einverständnisses erfolgt war, ist sich Gerhard Maurer sicherer denn je: er will helfen.
Das periphere Blutspendeverfahren beginnt
Der gebürtige Mittelfranke, der seit 1987 als Soldat der Bundesrepublik Deutschland dient und im siebzehnten Jahr in der Zentralen Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung (ZU-StelleBwTAufklZentrale Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung) in Hof/Saale als EloKaElektronische Kampfführung-Feldwebel tätig ist, reiste nur wenige Wochen danach Richtung Dresden. Dort verbringt er eine Nacht im Hotel, bevor er am nächsten Tag seinen Spendertermin im Klinikum wahrnimmt. Anstatt wie üblich zwischen sieben und acht Uhr morgens seinen Dienst in der Außenstelle „Hohe Saß“ anzutreten - um sich mit optronischen Geräten auseinanderzusetzen - lässt sich der Soldat nach einem weiteren Vorgespräch an ein Dialysegerät anschließen. Seine Spende erfolgt als periphere Blutspende. Im Vergleich zur Stammzellentnahme aus dem Beckenkamm ist hierfür kein operativer Eingriff notwendig. Welches Verfahren durchgeführt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem dem Alter, dem Gewicht und der Bösartigkeit der Leukämieerkrankung des Empfängers.
Für den Oberstabsfeldwebel aus der bayerischen Stadt Hof bedeutet das vor allem eines: stillsitzen und drei Stunden „netflixen“. „Während ich mir eine Serie angeschaut habe, sind 12 Liter meines Blutes aus dem linken Arm durch ein Dialysegerät geschleust worden. Dort wurden die Stammzellen herausgefiltert und als Bluttransfusion für den Erkrankten aufbereitet“, beschreibt Gerhard Maurer das Verfahren. Dieses wird als Stammzellapherese bezeichnet, ist aber im Volksmund fälschlicherweise als „Knochenmarkspende“ bekannt. In der heutigen Zeit werden 80% der Stammzellspenden über jenes Verfahren bestritten, und nicht über die Entnahme von Knochenmark aus dem Beckenkamm unter Vollnarkose.
Aufwendige Vorbereitungen und fürsorgliche Nachsorge
Was für die Spender ein vermindertes Gesundheitsrisiko darstellt, ist dafür mit einer aufwendigeren Vorbereitung verbunden. Oberstabsfeldwebel Gerhard Maurer schildert, was er in den fünf Tagen vor der Entnahme tun musste: „Ich habe mir täglich ein Medikament gespritzt, das die Produktion der Stammzellen anregt. Das ist wichtig, denn nur so wandern die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut.“ Das Ganze sei mit einigen Nebenwirkungen einhergegangen. So fühlte sich der Eloka-Feldwebel öfter unruhig, hatte Rücken-, Kopf- und Knochenschmerzen. „Das war teilweise schon sehr heftig, allerdings durfte ich Schmerzmitteln dagegen nehmen. Während der kompletten Zeit wurde ich von Angestellten der DKMS und unserem Truppenarzt betreut. Alles läuft hochprofessionell ab.“
Bei der DKMS habe er sich allzeit gut aufgehoben gefühlt. Von Anfang bis Ende hätten ihm Mitarbeiter und Ärzte zur Seite gestanden, das medizinische Vorgehen mit ihm besprochen, finanzielle Aspekte wie Arbeitsausfall, An-, Abreise- und Übernachtungskosten selbstständig abgeklärt. Auf mehrere Vor- und Nachuntersuchungen wie etwa die Überprüfung seines Gesundheitszustands und der Spendenkompatibilität seines Blutes wurde hoher Wert gelegt. Nur ein gesunder Mensch mit einer hohen Annahmewahrscheinlichkeit kommt für eine Spende in Frage. Dafür ist Maurer für Tests mehrfach beim Truppenarzt und im Klinikum in Dresden gewesen.
„Nach meiner Spende habe ich mich ziemlich schlapp gefühlt. Man begreift gar nicht richtig, wenn man den Beutel mit der trüben gelb-roten Flüssigkeit hängen sieht, dass genau das ein Menschenleben retten kann“, schildert Maurer seine Gefühle und Gedanken jenes Tages und fährt dann fort: „Dass man aktiv und mit so wenig Aufwand für einen selbst, jemandem anderen sein Leben zurückgeben kann, das ist schon ein sehr hochwertiges Gefühl.“
Kontaktaufnahme mit dem Empfänger bald möglich
Mit dem Empfänger seiner Stammzelltransfusion habe er bislang keinen Kontakt aufgenommen, aus Rücksicht auf den Erkrankten. „Ich weiß, dass die Spende in Deutschland verblieben ist und an eine männliche Person zwischen 30 und 50 Jahren gegangen ist. Wir können uns zwar anonymisiert schriftlich austauschen, allerdings hat der Mann gerade eine starke Chemotherapie und eine Stammzelltransfusion hinter sich. Der muss erstmal sein Immunsystem wieder hochfahren und auf die Beine kommen. Nach drei Monaten darf ich erfahren, ob die Spende erfolgreich war, dann werde ich auch mit ihm Kontakt aufnehmen.“
Weitere Daten kann Oberstabsfeldwebel Gerhard Maurer erst nach zwei Jahren ausgehändigt bekommen, wenn er einen Antrag auf Aufhebung der Anonymität stellt - und der Empfänger dies ebenfalls tut. Bis dahin bleibt der 53-Jährige Hofer als Spender für „seinen“ Empfänger reserviert, falls dieser erneut gesunde Stammzellen benötigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dem Erkrankten mit der Zellspende das Leben gerettet werden konnte, ist sehr hoch, jedoch gibt es keine Garantie. Das weiß auch der Elokist. Trotzdem würde er immer wieder zum Spender werden, „weil man selbst ganz schnell in diese Situation kommen kann und dann verzweifelt darauf hofft, dass es irgendwo da draußen einen genetischen Zwilling für einen gibt“, betont er. „Das Ganze ist so einfach und kostet einen rein gar nichts außer etwas Zeit.“
Ende gut – alles gut! Oder?
Wie die Geschichte des Stammzellspenders Gerhard Maurer aus der ZU-StelleBwTAufklZentrale Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung in Hof ausgehen wird, ist bislang ungewiss. Mit Sicherheit lässt sich aber sagen, dass seine Registrierung ein Glücksfall gewesen ist. Von den 4000 Neuregistrierungen an jenem stürmischen, kalten Märznachmittag im Jahr 2015 wurden bislang 0,5 Prozent zur Stammzellspende aufgerufen. Der Soldat ist einer davon. Bei Gerhard Maurer bleiben nun die Hoffnung und der Wunsch, dass seine Spende ein Menschenleben retten kann. So wie er es einst zum Anlass für seine Registrierung genommen hatte: Der vormals schwerkranke Leonard aus Maurers Heimat hatte 2015 einen Spender gefunden; ist mittlerweile elf Jahre alt, gesund und vor allem glücklich.
Stammzellspende - Kleine Tat mit großer Wirkung
- Alle 15 Minuten erhält ein Mensch in Deutschland die Diagnose Blutkrebs.
- Viele Patienten sind Kinder und Jugendliche.
- Jeder zehnte Patient findet keinen Spender.
- Die DKMS gibt es seit 1991.
- Gegründet wurde die DKMS durch Peter Harf, dessen Frau an Leukämie verstarb.
- Es gibt 8,6 Millionen Registrierte in Deutschland.
- 66.000 Stammzellspenden wurden bislang in Deutschland vermittelt.
- Pro Jahr kommen 39.000 Blutkrebs-Neuerkrankungen in Deutschland hinzu.
- Am 28. Mai wird der World Blood Cancer Day begangen.