„Die Ausbildungsbandbreite ist enorm, die Ausbildung fundiert“
„Die Ausbildungsbandbreite ist enorm, die Ausbildung fundiert“
- Datum:
- Ort:
- Hagenow
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Das nicht-aktive Panzergrenadierbataillon 908 ist in den letzten Monaten stetig gewachsen. Jetzt bilden sich die Reservistinnen und Reservisten an Wochenenden theoretisch und praktisch weiter, um im September auf dem Truppenübungsplatz Bergen in verschiedenen Szenarien für die Landes- und Bündnisverteidigung zu trainieren.
Das Personalgewinnungsprojekt des Panzergrenadierbataillons 908 ist ehrgeizig und es trägt Früchte: Seit 2023 wächst die Zahl der Reservistendienstleistenden des Verbandes stetig. Im Mai 2025 haben sich an den Standorten Viereck und Hagenow 110 von ihnen in der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne in Hagenow eingefunden, im Juli dann noch einmal 90. Sie kommen aus dem ganzen Bundesgebiet. Einige waren an einem Juli-Wochenende zum ersten Mal dabei und engagieren sich im Ergänzungstruppenteil der Panzergrenadierbrigade 41.
Eine der Reservistinnen ist Leutnant Anike S. Im zivilen Leben studiert die 23-Jährige Politik und Sport für das Lehramt. Ab 2020 war sie für 15 Monate Freiwillig Wehrdienst Leistende und stellte daraufhin einen Reserveoffizierantrag. Über Umwege kam sie schließlich zum Panzergrenadierbataillon 908. Hier hat sie ihre militärische Heimat gefunden: „Die Ausbildungsbandbreite ist für einen Ergänzungstruppenteil enorm und die Ausbildung ist fundiert. Das Panzergrenadierbataillon 908 ist ein sehr aktiver nicht-aktiver Verband“, erklärt sie mit einem Lächeln. Dies und die hier gelebte Kameradschaft hätten sie überzeugt. Sie ist stellvertretende Zugführerin in der 3. Kompanie und leitete im Mai erstmals ein Schießtraining.
Grundlagen schaffen und Fähigkeiten festigen
Schüsse peitschen über die Schießbahn des Übungsplatzes. Munitionsboxen werden geöffnet und die Magazine mit Munition bestückt, die Soldaten stehen bereit. Der rote Punkt im Reflexvisier leuchtet auf: klar zum Gefecht. Geschossen wird mit dem Gewehr G36 im Nahbereich I bis III und Schießdrill. Beim Schießdrill werden die Soldatinnen und Soldaten zusätzlich belastet, um so die Handgriffe zu festigen. Das schafft Grundlagen für die Übung im September. Doch die Ausbildung ist breit angelegt.
In der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne liegt ein leises Surren in der Luft. Eine Drohne zieht ihre Bahnen über Gebäuden, Schleppdächern und Ausbildungswiesen. Sie überträgt mit einer Kamera ein Live-Video auf die Steuereinheit des bataillonseigenen Drohnenpiloten am Boden. Die Erfahrungen und Erkenntnisse des Kriegs in der Ukraine fließen auch beim Panzergrenadierbataillon 908 in die Ausbildung ein. Es läuft die Erstausbildung: Kennenlernen von Drohnen und deren Fähigkeiten. Deshalb umringen den Drohnenbediener Soldaten des Alpha-Zugs. Jeder Zug, also jede Teileinheit einer Kompanie, wird alphabetisch bezeichnet.
Ein Stück weiter, im technischen Bereich, reckt sich ein Feldkran in den Himmel. Der Technische Zug der 1. Kompanie festigt hier seine über das Jahr erworbenen Kompetenzen. Auf der Übung im September wird das Panzergrenadierbataillon 908 erstmals einen eigenen Bergetrupp stellen. In einer nebenstehenden Halle werden Wartungsarbeiten an Fahrzeugen durchgeführt. Der Aufklärungs- und Verbindungszug erkundet Marschstrecken für den im Herbst geplanten Verlegemarsch. Und der Fernmeldezug übt den Aufbau des Gefechtsstandes. Das Ziel all dieser Aktivitäten: Reservisten in Übung und damit einsatzbereit halten.
Letzte Ausbildung vor Bergen
Zwei Monate später im Juli sind trotz Ferienzeit 90 Reservistinnen und Reservisten beim Übungsplatz Jägerbrück zusammengekommen. Auf einer Schießbahn werden auch an diesem Juli-Wochenende die grundlegenden Schießübungen vom Mai wiederholt und um Übungen im Schützentrupp sowie mit dem Maschinengewehr ergänzt. Das Ziel ist, die Anforderungen stetig etwas zu erhöhen. Dieses Mal leitet Hauptmann Christopher R. das Schießen. Der 34-jährige Wahlberliner arbeitet im zivilen Leben als Immobilienkaufmann. Er ist Afghanistan-Veteran und der Bundeswehr auch nach seiner aktiven Zeit als Reservist weiter treu geblieben. Seit 2018 ist er beim Panzergrenadierbataillon 908 und hier Zugführer des Bravo-Zugs der 3. Kompanie. „Ich sehe unser Engagement angesichts der sicherheitspolitischen Lage in Europa und der Welt als absolute Notwendigkeit“, sagt er.
Einige Kilometer weiter herrscht über einer Waldkampfbahn gespannte Ruhe. Ein Halbzug der Grenadiere bewegt sich überschlagend zwischen den Bäumen. Der Leitende der Ausbildung flüstert in sein Funkgerät. Plötzlich klappen Schützenscheiben hoch – Schüsse hallen. Die Soldatinnen und Soldaten gehen in Stellung. Das Gefechtsschießen hat begonnen. Stück für Stück gewinnen sie Boden. Der Zugführer lässt die Deckungsgruppe vorziehen. Er selbst führt die Sturmgruppe gegen ein kleines Gehöft. Schließlich beendet der leitende Offizier die Übung. Es folgt die Auswertung des Übungsdurchgangs.
Verlegemarsch und Verpflegung
Immer noch stehen offene Punkte auf dem Ausbildungsplan: Beim Technischen Zug der 1. Kompanie geht es wieder um den Feldkran, dieses Mal: Einweisungs- und Überprüfungsfahrten und Ladungssicherung. Ein Lkw 2t gl Unimog, auch Zwotonner genannt, wird abgeschleppt.
Die Fernmelder sind in einem Waldstück nahe der Greifen-Kaserne untergezogen. Leben im Felde, Stellungsbau und Feldsprechvermittlung werden hier umgesetzt. Der Aufklärungs- und Verbindungs-Zug baut seine Kompetenzen in der Drohnen-Ausbildung aus. Später startet in der Kürassier-Kaserne der Verlegemarsch. Die dafür notwendige Parole, der Startpunkt, die Zwischenziele und die einzuhaltenden Zeiten sind bekannt. Die Fahrzeugkolonne setzt sich in Bewegung. Das Marschband rollt: Das Marschieren in langen Fahrzeugreihen ist ebenfalls eine grundlegende Ausbildung.
Schließlich heißt es auch in der Kürassier-Kaserne: Übungsende. Doch auch dann ist das Soldatsein nicht zu Ende. Der Kompaniefeldwebel der 1. Kompanie ist vorgefahren – zur Verpflegungsausgabe. Mit dabei ist Oberstabsgefreiter Thomas P. Der 52-Jährige ist ein wichtiger Gehilfe des Spießes. Er war 1990 Grundwehrdienstleistender. Fast 30 Jahre danach hatte er nichts mit der Bundeswehr zu tun, bis er 2018 über das Panzergrenadierbataillon 908 wieder Kontakt aufnahm. „Ich habe hier eben die Bereitschaft, füreinander einzustehen, wiedergefunden. Das fehlt mir oft in der zivilen Welt. In der Bundeswehr werden Werte gelebt. Kameradschaft ist nicht nur ein Wort.“ Seine zivilberuflichen Qualifikationen und Erfahrungen als Koch und Betriebswirt der Verpflegung kommen ihm und dem Bataillon in seinem Dienst stets zugute. Heute ist er Langzeitwehrübender und eine unverzichtbare Stütze im Planungsstab des Bataillons.
Stets umtriebig und mit großen Zielen
Schon lange dienen Reservistinnen und Reservisten des Panzergrenadierbataillons 908 nicht mehr nur im eigenen Verband. Sie unterstützen aktive Verbände in den unterschiedlichsten Funktionen, als Urlaubsvertretung, wenn aktive Soldaten länger ausfallen oder sie bringen sich als Ausbilder ein, gehen auf Lehrgänge. Dadurch tragen sie ihre so erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen in den eigenen Verband zurück. Dieses allgegenwärtige überdurchschnittliche Engagement und das unablässige Aus- und Weiterbilden haben das Panzergrenadierbataillon 908 zu dem gemacht, was es heute ist: Ein herausragender Ergänzungstruppenteil des Deutschen Heeres, der Leistungswillen lebt und militärische Heimat ist.
Nächstes Ziel ist die Aufstellung eines bataillonseigenen Scharfschützenzuges. „Die Resonanz ist überraschend hoch“, sagt Major Jan M. Er ist Kompaniechef der 1. Kompanie. „Auf unserer zweiwöchigen Übung im September werden wir mit den ersten Bewerbern Gespräche führen. In 2026 soll dann in Zusammenarbeit mit dem Panzergrenadierbataillon 401 in Hagenow die Vorausbildung beginnen, bevor der sechswöchige Scharfschützenlehrgang in Hammelburg beginnt“, so der Chef.
Das gesamte Panzergrenadierbataillon 908 ist nun gut vorbereitet und fundiert ausgebildet für die zweiwöchige Übung im September. Es kann losgehen.