Heer
Faltschwimmbrücke erklärt

Eine Fähre in 15, eine Brücke in 45 Minuten

Eine Fähre in 15, eine Brücke in 45 Minuten

Datum:
Ort:
Rheinland-Pfalz
Lesedauer:
5 MIN

Die 5. Kompanie des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 aus Havelberg ist als einziger Truppenteil des Deutschen Heeres mit der Faltschwimmbrücke ausgestattet. Mit dem Übersetzmittel können Brücken und Fähren in verschiedenen Größen gebaut werden. Im Raum Speyer üben die Pioniere der Kompanie den Bau und Einsatz von Fähren für die Landes- und Bündnisverteidigung.

Eine Fähre schwimmt im Rhein, darauf ein Kran und ein Lkw. Sie wird von Booten angetrieben.

Mit einer 5-fach Fähre des Faltschwimmbrückensystems, angetrieben durch zwei Motorboote 3, setzen Pioniere des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 schwere Radfahrzeuge bei Speyer über den Rhein

Bundeswehr/Carl Schulze

Der Fahrer ist ganz auf den Einweiser fokussiert, während er seinen Brückentransporter rückwärts die Rampe am Rhein herunterlenkt. Der Einweiser reckt plötzlich beide Arme nach oben, die Handflächen zeigen zum Fahrer. Das Signal bedeutet „Stopp!“. Wasser umspült die beiden Hinterachsen des Lkw. Er steht jetzt optimal. Sofort nimmt der Pionier am Bedienstand, links hinter dem Führerhaus des Lkw, Kontakt mit der Besatzung eines im Rhein wartenden Motorboots 3 auf. Per Handzeichen meldet er dem Bootsbediener: „Fertig!“ Der Bedienhebel für die Verriegelung wird betätigt, dadurch wird der Zurrbolzen ausgedrückt. Mit einem polternden Geräusch gleitet der Rampenabschnitt der Faltschwimmbrücke vom Lkw ins Wasser. Wasser spritzt in die Höhe, ein Teil des Rampenabschnitts taucht kurz ins Wasser ein. Dann treibt der über sechs Meter lange Ponton auf dem Wasser. Sekunden später beginnt er sich, aufgrund des Auftriebs, automatisch zu entfalten. Dabei sieht er kurzzeitig wie ein gigantisches treibendes W aus, bevor schließlich seine beiden Innen- und zwei Außenschwimmkörper eine Fläche bilden.

Auf dem schnell fließenden Rhein

Ein Innenabschnitt entfaltet sich zu einem W kurz nach dem Auftreffen auf das Wasser.

Die Innen- und Rampenabschnitte der Faltschwimmbrücke gleiten vom Heck des Brückentransporters ins Wasser, wo sie sich aufgrund des Auftriebs automatisch entfalten. Jeder Abschnitt besteht aus zwei Innen- und Außenschwimmkörpern.

Bundeswehr/Carl Schulze

Das Timing der Bootsbesatzung ist perfekt. Direkt nach dem Entfalten legt das Motorboot 3 am Rampenabschnitt an, wodurch ein mögliches Abtreiben des Pontons auf dem hier 220 Meter breiten und schnell fließenden Rhein ausgeschlossen wird. Zwei Pioniere springen vom Boot auf den Rampenabschnitt. Sofort verbinden sie mit den hydraulischen Seilen Boot und Rampenabschnitt. Innen- und Außenschwimmkörper werden miteinander verriegelt. Dann steuert das Boot den Rampenabschnitt in Richtung Flussmitte, wo die Pioniere mit zwei weiteren Motorbooten 3 bereits den zweiten Rampenabschnitt und drei Innenabschnitte miteinander verbunden haben. Mit dem Kuppeln des noch fehlenden Rampenabschnitts und dem abschließenden Aufbau der Beleuchtungsausstattung wird die 5-fach-Fähre in wenigen Minuten einsatzbereit sein. Dann können die Pioniere damit beginnen, Rad und Kettenfahrzeuge überzusetzen. Vom Einbringen des ersten Motorboots 3 in den Rhein bis zur Meldung, dass die Fähre einsatzbereit ist, hat es gerade einmal 15 Minuten gedauert.

Unterstützung für die kämpfende Truppe 

Ein Boot fährt dicht an einen im Wasser treibenden Rampenabschnitt heran.

Direkt nachdem sich der Rampenabschnitt entfaltet hat, legt das Motorboot 3 daran an, wodurch ein mögliches Abtreiben auf dem hier 220 Meter breiten und schnell fließenden Rhein ausgeschlossen wird

Bundeswehr/Carl Schulze

Die 5. Kompanie des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 ist die einzige Faltschwimmbrückenkompanie des Heeres und im sachsen-anhaltinischen Havelberg in der Elb-Havel-Kaserne beheimatet. Im Grundbetrieb untersteht sie truppendienstlich dem Panzerpionierbataillon 803. Gegliedert ist die Einheit, bestehend aus etwa 200 Soldatinnen und Soldaten, in eine Kompanieführungsgruppe, einen Pioniertaucherzug, einen Panzerpionierzug, einen Pioniermaschinenzug und zwei Faltschwimmbrückenzüge. Mit jeweils etwa 50 Soldaten sind die beiden Faltschwimmbrückenzüge die stärksten Teileinheiten der Kompanie.

Kernauftrag der Kompanie ist es, mit dem Betrieb von Brücken und Übersetzfähren beim Überwinden von Gewässern und Einschnitten die anderen Heeresverbände zu unterstützen. Dazu ist die Kompanie in der Lage, selbstständig einen Gewässerübergang einzurichten und zu betreiben. Das Übersetzen der übergehenden Truppe kann mittels Fähren oder Brücken erfolgen, die aus Komponenten des Faltschwimmbrückensystems gebaut werden. Beim Einrichten und Betreiben der Übergangsstelle arbeiten die Züge der Kompanie Hand in Hand.

Vor dem Einrichten erkunden die Pioniere die geplante Übergangsstelle, wobei die Pioniertaucher untersuchen, ob sich unter der Wasseroberfläche Hindernisse befinden. Müssen Ein- und Ausfahrten am Gewässerufer vorbereitet werden, kommt der Pioniermaschinenzug zum Einsatz. Sein Pionierpanzer Dachs kann bei Bedarf Hindernisse räumen und Erdarbeiten ausführen, zum Beispiel um Gewässerzufahrten nutzbar zu machen oder Hindernisse im Gewässer zu beseitigen. Mit dem Faltstraßengerät ist der Zug in der Lage, morastigen oder sandigen Boden in der Uferzone zu verstärken und gangbar zu machen. Den Soldaten des Panzerpionierzugs fällt die Aufgabe zu, die Übergangsstelle vor feindlichen Angriffen zu sichern.

Das Faltschwimmbrückensystem

Pioniere ziehen zwei Pontons mit Seilen zusammen, während andere diese miteinander verriegeln.

Der Bau einer 5-fach-Fähre dauert etwa 15 Minuten. In dieser Zeit werden die Motorboote 3 und die Innen- und Rampenabschnitte der Faltschwimmbrücke zu Wasser gelassen, zusammengeführt und miteinander verbunden.

Bundeswehr/Carl Schulze

Das Faltschwimmbrückensystem besteht aus Innenabschnitten, Rampenabschnitten und dem im Aufbaugerätesatz zusammengefassten Zubehör, inklusive Peilvorrichtung zur Überwachung der Brückenspannung, Beleuchtungsausstattung für die Fähren und Seilzügen für die Ober- und Unterstromabspannung. Zum Bau von Brücken und Fähren sowie deren Betrieb werden außerdem Motorboote vom Typ 3 benötigt.
Die Innen- und Rampenabschnitte sowie das Motorboot 3 werden transportiert, zu Wasser gelassen und wieder aufgenommen mit einem 7 Tonnen Brückentransporter. Der Aufbaugerätesatz befindet sich auf Wechselpritschen, die auf Lkw 15 Tonnen MULTIMechanisierte Umschlag-Lagerung-Transport-Integration (Mechanisierte Umschlag-Lagerung-Transport-Integration) transportiert werden. 

Fähren und Brücken

Ein Lkw fährt auf eine Fähre, mit hochgereckten Armen lässt der Fährenführer das Fahrzeug halten.

Bei optimalen Bedingungen verfügt eine 5-fach-Fähre über eine Tragkraft von bis zu MLC 90. Hier werden gerade zwei Brückentransporter auf eine Fähre verladen. Die Lkw haben ein zulässiges Gesamtgewicht von 20 Tonnen.

Bundeswehr/Carl Schulze

Mit den Unterstützungsbrücken des Heeres können Gewässer während aller Gefechtsphasen überwunden und neben Schwimmbrücken auch 3- bis 7-fach-Fähren in unterschiedlichen Längen gebaut werden. Diese bestehen jeweils aus zwei Rampenabschnitten und einem bis fünf Innenabschnitten. Bei optimalen Bedingungen verfügt eine 5-fach-Fähre über eine Tragkraft von bis zu MLC 90. MLC steht für Military Load Classification. 90 ist also eine militärische Lastenklasse. Ein 7-fach-Fähre hat eine Tragkraft von bis zu MLC 140. Der Bau einer Fähre dauert etwa 15 Minuten, der einer Brücke mit einer Länge von bis zu 100 Metern etwa 45 Minuten. Die Breite der Brückenfahrbahn beträgt 6,75 Meter, ein zweispuriger Betrieb ist möglich.

Das System wurde ursprünglich für die U.S. Army unter dem Namen Standard Ribbon Bridge (SRB) entwickelt. Ab 1977 führte die Bundeswehr eine modifizierte Variante der SRB unter der Bezeichnung Faltschwimmbrücke ein. Bei der heute vom Heer genutzten Ausführung der Faltschwimmbrücke handelt es sich um eine leistungsstärkere Variante, die ab 2009 beschafft wurde. Sie verfügt über eine höhere Tragkraft und einen verbesserten Korrosionsschutz. Das System ist abwärtskompatibel mit dem Vorgängermodell und der amerikanischen SRB. Außerdem kann es auch zusammen mit der heute von der U.S. Army genutzten Improved Ribbon Bridge (IRB) eingesetzt werden, bei der es sich um eine Weiterentwicklung der SRB handelt.

Hoch konzentriert: ein eingespieltes Team

Ein Soldat gibt Handzeichen, sein rechter Arm ist an den Kopf angewinkelt, sein linker ausgestreckt.

Die Fährführer und Bootsbediener der 5. Kompanie sind ein eingespieltes Team. Während des Übersetzvorgangs werden alle Befehle per Handzeichen gegeben.

Bundeswehr/Carl Schulze

In der 5. Kompanie des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 gibt es mehrere Gruppen von Spezialisten. Zwei hiervon sind die Bootsbediener, die die Motorboote führen, und die Fährführer, die das Kommando über die Fähren haben. „Bootsbediener und Fährführer sind ein eingespieltes Team“, kommentiert Marcel die Zusammenarbeit der Spezialisten. Der Stabsunteroffzier ist einer der Fährführer des Alpha-Zugs der Kompanie. „Beim Fährbetrieb und ganz besonders beim An- und Ablegen ist höchste Konzentration gefordert. Während des Übersetzvorgangs gebe ich alle Befehle per Handzeichen, zum Beispiel für Richtungswechsel, für das seitliche Versetzen quer zur Fährlinie oder wenn die Geschwindigkeit erhöht oder gedrosselt werden soll.“

In der Woche auf dem Wasserübungsplatz am Rhein bei Speyer haben die Pioniere der 5. Kompanie des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten in einem ihnen fremden Gewässer zu erproben und zu verfeinern. Besondere Herausforderungen sind dabei die Breite und Fließgeschwindigkeit des Rheins sowie der zivile Schiffsverkehr. Geübt wird bei Tag und Nacht. Am Ende sitzen alle Handgriffe nahezu perfekt und die Bauzeit von 15 Minuten für eine 5-fach-Fähre wird erreicht.

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Motorboot vom Typ 3, Innen- und Rampenabschnitte

  • Zwei Soldaten arbeiten am Heck eines Brückentransporters, auf dem sich ein Rampenabschnitt befindet.

    Um die Pontons zu Wasser lassen zu können, setzen die Brückentransporter rückwärts ans Gewässer. Bevor sie dann teilweise ins Gewässer einfahren, werden die Sicherungen der Verzurreinrichtung gelöst.

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  • Ein Soldat zieht an einem Hebel und schiebt einen Sicherungsstift in eine Bohrung.

    In Ufernähe wird die Verzurreinrichtung rechts und links am Brückentransporter gelöst. Danach können Motorboote und Brückenabschnitte zu Wasser gelassen werden.

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  • Ein Motorboot gleitet vom Heck eines Brückentransporters ins Wasser.

    Ein Motorboot 3 wird zu Wasser gelassen. Beim Bau von Fähren und Brücken werden Boote, Rampen- und Innenabschnitte in einer bestimmten Reihenfolge ins Gewässer eingesetzt. So wird Zeit eingespart und verhindert, dass Abschnitte abtreiben.

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  • Ein Innenabschnitt gleitet von einem Brückentransport ins Wasser des Rheins.

    Ein Innenabschnitt des Faltschwimmbrückensystems wird zu Wasser gelassen. Jeder Innenabschnitt besteht aus zwei gleichen Innen- und zwei gleichen Außenschwimmkörpern. Ein Innenabschnitt wiegt 6,35 Tonnen und ist 6,94 Meter lang.

    Bundeswehr/Carl Schulze
  • Ein Motorboot mit Flecktarnmuster mit einer Besatzung aus zwei Soldaten nimmt Fahrt auf.

    Das Motorboot 3 wird als Arbeitsboot zum Einschwimmen der Rampen- und Innenabschnitte eingesetzt und als Antrieb für die Fähren. Es wiegt 5,1 Tonnen, ist sieben Meter lang und wird durch zwei Wasserstrahltriebe angetrieben.

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  • Nach dem zu Wasser lassen entfaltet sich ein Rampenabschnitt automatisch.

    Durch den Auftrieb wird der Entfaltvorgang des Rampenabschnitts in Gang gesetzt. Die Rampenabschnitte wiegen 6,3 Tonnen und sind 6,85 Meter lang. Sie bestehen aus zwei Innen- und zwei Außenschwimmkörpern.

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  • Zwei Motorboote mit je einem Innenabschnitt fahren auf dem Rhein.

    Beim Bau der 5-fach-Fähre werden die Rampen- und Innenabschnitte von den Motorbooten vom Typ 3 auf dem Gewässer zusammengeführt. Gearbeitet wird dabei gegen den Strom, um ein Abtreiben der Abschnitte zu verhindern.

    Bundeswehr/Carl Schulze
  • Eine lange, flache Fähre aus mehreren grünen Metallsegmenten liegt am Ufer.

    Der Bau einer 5-fach-Fähre aus Komponenten des Faltschwimmbrückensystems dauert etwa 15 Minuten. Sie besteht aus zwei Rampenabschnitten und drei Innenabschnitten sowie zwei Motorbooten 3 und der Beleuchtungsausstattung.

    Bundeswehr/Carl Schulze
  • Lkw mit einem Kran rollt auf eine am Ufer liegende Fähre.

    Am westlichen Rheinufer wird eine 5-fach-Fähre mit einem Fahrzeugkran Mittel beladen. Die Fähre besteht aus zwei Rampenabschnitten, drei Innenabschnitten und zwei Motorbooten vom Typ 3. Die Fahrbahn der Fähre ist 6,75 Meter breit.

    Bundeswehr/Carl Schulze
  • Ein Bootsbediener steht am Steuerstand eines Motorboots und schaut zum Fährenführer.

    Zu den Spezialisten unter den Soldaten der 5. Kompanie des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 gehören die Fährenführer und Bootsbediener

    Bundeswehr/Carl Schulze
  • Eine Fähre hat angelegt. Ein Soldat weist einen Kran beim Herunterfahren von der Fähre ein.

    Mit einer 5-fach-Fähre setzen die Pioniere des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 Fahrzeuge vom Ost- auf das Westufer des Rheins über. Nach dem Anlegen wird die Fähre sofort entladen.

    Bundeswehr/Carl Schulze
von Carl Schulze

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