Heer
Dienstaufsicht durch General Mais

Digital stützt analog: Infanterist der Zukunft im Häuserkampf

Digital stützt analog: Infanterist der Zukunft im Häuserkampf

Datum:
Ort:
Hammelburg
Lesedauer:
4 MIN

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Kämpfen ohne digitale Unterstützung für den modernen Heeressoldaten fast unmöglich. „Infanterist der Zukunft (IdZ)“ – diese Schlagworte werden im Ausbildungszentrum Infanterie in Hammelburg (Bayern) mit Leben erfüllt. Digital stützt analog. Davon überzeugte sich aktuell Alfons Mais, Inspekteur des Heeres.

Ein Soldat steht in einem alten Haus an der geöffneten Tür. Seine Waffe zeigt nach draußen.

Die Ausstattung des Infanteristen der Zukunft Erweitertes System ist exakt auf den Soldaten angepasst

Bundeswehr/Alena Schleicher

Der Kommandeur des Ausbildungszentrums Infanterie, Brigadegeneral Michael Matz, informiert den Generalleutnant. Bei verschiedenen Stationen zeigen unter anderem Nahkämpfer, was sie können. „Was mich besonders beeindruckt, ist die Modernität in der Ausbildung. Das bringt die Infanterie auf einen völlig neuen Weg“, so Mais.

Da knallt schon der Gefechtslärm in die Ohren. Künstlicher Nebel wabert. Soldatinnen und Soldaten stürmen keuchend von Haus zu Haus. Auf dem Gelände für den Orts- und Häuserkampf üben sie mit dem neuen, erweiterten System.

Lehrgangsteilnehmende werden im Umgang mit der modularen Kampfausstattung in den Phasen Angriff und Verteidigung geschult. „Die taktische Ausbildung steht hier nicht im Vordergrund, da alle bereits ausgebildete Gruppenführer und Zugführer der Jägertruppe sind. Wichtiger ist uns, dass die Übenden sich mit dem neuen System vertraut machen“, sagt Hörsaalleiter Oberleutnant Bartho Heurung.

Erfahrung kommt nur durch Praxis

Ein Soldat erläutert einem General die Ausrüstung eines Infanteristen, im Hintergrund Ausrüstung.

Der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, lässt sich von einem Soldaten die Kampfausstattung Infanterist der Zukunft erklären

Bundeswehr/Alena Schleicher

Das Fachwerkhaus an der Straße soll genommen werden. Die Soldaten rennen unter gegenseitiger Sicherung rein. Sie bewegen sich Stockwerk für Stockwerk auf den schmalen Holztreppen nach oben. Sichern nacheinander die einzelnen Räume. Immer im Mittelpunkt: Ich und meine Ausrüstung. „Man lernt bei diesem System vor allem dadurch, dass man es selbst bedient“, sagt Hauptfeldwebel Thomas, einsatzerfahrener Lehrgangsteilnehmer. „Zunächst war es ungewohnt. Aber dadurch, dass wir lange genug mit dem Gerät trainieren konnten, ging die Umstellung relativ schnell.“

Von außen betrachtet wirken die Soldaten während der Übung bereits routiniert. Keine Selbstverständlichkeit bei der Masse an Ausbildungsgegenständen. „Die ersten zwei Wochen waren inputmäßig stark. Zehn Geräte am Stück in kurzer Zeit, da war der Kopf schon relativ voll“, so Thomas. Besonderes Augenmerk wurde hierbei auf den sogenannten Elektronischen Rücken gelegt. Das Kernsystem wird per Klett auf den Rücken der Schutzweste angebracht. Es beinhaltet neben dem Funksystem und den Akkus auch einen GPSGlobal Positioning System-Sender. Damit kann jeder Kämpfer im Gelände genau positioniert werden. Besonders zweckmäßig beim Orts- und Häuserkampf. Der Gruppenführer kann so die eigenen Soldaten im städtischen Gelände lokalisieren.

Führung auf aktuellstem Stand

Ein Soldat hockt zwischen zwei Holzwänden in voller Ausrüstung und wartet.

Der Umgang mit dem eigenen Material steht beim Training der Jäger im Vordergrund

Bundeswehr/Alena Schleicher

Weitere Vorteile bietet das integrierte Helmdisplay, beziehungsweise der tragbare Führungsrechner für den Gruppenführer. Hiermit lassen sich zum Beispiel Karten, Positionen der Soldaten und Lageentwicklungen eintragen und direkt im Bildschirm anzeigen. Verbunden mit dem Fahrzeug der Jägertruppe, dem Gepanzerten Transportkraftfahrzeug Boxer, ist die höhere Ebene außerhalb der Lage ebenfalls auf dem aktuellsten Stand und kann die Ereignisse mitverfolgen. „Die Soldaten sind ständig im Bild und wir können einen viel höheren Informationsaustausch gewährleisten“, so Heurung. „Das erleichtert das Führen durch Kommunikation ungemein, wobei das ,kleine Kampfgespräch' natürlich nicht wegfallen soll.“

Der Lehrgangsteilnehmende erhält viele weitere Ausrüstungsgegenstände. Alle sind individuell angepasst. Dazu gehört zum Beispiel ein erweiterter Bekleidungssatz. Damit ist der Infanterist in nahezu allen Klimazonen einsetzbar. Zudem eine personalisierte Funkausstattung und eine Schutzweste Klasse 4.

Variable Zusammensetzung

Ein Soldat schaut auf ein kleines Display, das an seiner Schutzweste auf Bauchhöhe angebracht ist.

Der Ausbilder behält auf dem tragbaren Führungsrechner die Lage und seine Soldaten im Blick. Zusätzlich speichert er die aktuellen Informationen ein.

Bundeswehr/Alena Schleicher

Auch bei der Zusatzausstattung ist das System variabel modifizierbar. Je nach Auftrag können weitere Geräte wie beispielsweise Wärmebildkameras, Nachtsichtgeräte oder verschiedene Waffen kombiniert werden.

„Auf einen Spähtrupp nehme ich andere Optiken mit, als wenn ich in der Verteidigung eingesetzt bin. Daher muss ich jedes Mal dem Auftrag entsprechend bewerten, was ich zusätzlich mitnehme“, sagt der Hörsaalleiter. „Wichtig ist jedoch, das System immer als Ganzes zu sehen, also Kleidung, Waffen, Optiken, Optroniken, die Führungsmittel mit dem Elektronischen Rücken. Das sollte immer miteinander komplett verwendet werden, weil ich nur dann alle Vorteile habe“, erläutert Heurung.

Austausch mit Amt für Heeresentwicklung

Zwei Soldaten laufen aus einem alten Landhaus. Beide tragen Schutzweste, Waffen und Helme.

Die Soldaten des Ausbildungshörsaales Infanterist der Zukunft üben beim Orts- und Häuserkampf

Bundeswehr/Alena Schleicher

Nach 90 Minuten ist die Übung zu Ende. Alle versammeln sich. Nicht nur das taktische Vorgehen wird mit den Trainierenden besprochen, sondern vor allem die zweckmäßige Nutzung des Systems. Wie wende ich es an? In welcher Phase nutze ich es und welche Vorteile bietet es mir? Ebenfalls erwünscht sind Verbesserungsvorschläge. Die Ausbilder stehen in engem Austausch mit dem Amt für Heeresentwicklung, um das System IdZ stetig weiterzuentwickeln.

Die Soldaten befinden sich unmittelbar vor Ende des Lehrganges im abschließenden Gruppengefechtsschießen. Selbstverständlich wurden auch in Hammelburg wegen der Corona-Pandemie die Abläufe kreativ geändert. Der eigentliche Bediener- und Ausbilderlehrgang in einem kombinierten Sieben-Wochen-Lehrgang zusammengefasst.

Mehr als nur Handwaffe und Lochkoppel

Ein Soldat läuft über einen Innenhof, im Hintergrund Nebel.

Die modulare Kampfausstattung ist im Orts- und Häuserkampf vielseitig einsetzbar

Bundeswehr/Alena Schleicher

Davon liegen nun bereits sechs Ausbildungswochen hinter den Teilnehmern. Straff durchgetaktet. Von der ersten Woche E-Learning zu Hause, über die Waffen- und Geräteausbildung zu Lehrgangsbeginn bis hin zur ersten Erprobung im Gelände. Hierbei wird sichergestellt, dass alle Soldaten umfassend ausgebildet werden und als Gruppenführer oder Zugführer mit der neuen Technik üben. „Das Material ist sehr umfangreich. Es ist nicht mehr wie früher, wo ein Soldat seine Handwaffe und seine Lochkoppel bekommt und dann loslegen kann, sondern ich brauche Ausbildungszeit. Die ist es am Ende aber definitiv wert“, sagt Oberleutnant Heurung über den Ausbildungsaufwand.

Ziel ist die Ausbildung zum Ausbilder. Das heißt, nach bestandenem Lehrgang kehren viele Teilnehmer in ihr jeweiliges Jägerbataillon zurück, um dort weitere Soldaten am System IdZ auszubilden. Ungefähr die Hälfte der Lehrgangsteilnehmer verbleibt jedoch in Hammelburg am Ausbildungszentrum Infanterie. Sie werden in der lehrgangsgebundenen Ausbildung eingesetzt. Dies sei wichtig, um die eigenen Soldaten am Standort weiterzubilden, auf neuesten Stand zu halten und später als Ausbilder einsetzen zu können, betont der Hörsaalleiter.

von Lisa Petersen

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