Luftwaffen-Piloten werden in den USA Fluglehrer für die neue CH-47F
Ausbildung- Datum:
- Ort:
- USA
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Der erste der 60 bestellten Hubschrauber vom Typ CH-47F Chinook wird im Herbst 2027 in Deutschland erwartet. Darauf bereitet sich die Luftwaffe schon jetzt intensiv vor. Derzeit werden fünf Piloten im USUnited States-Bundesstaat Alabama zu Fluglehrern für die Chinook ausgebildet. Ihr Wissen werden sie erst in Fort Rucker und später in Holzdorf an den Pilotennachwuchs weitergeben.
Nichts könnte weniger an eine Fabrik erinnern als Fort Rucker. Grün, wohin das Auge sieht. Rasen, Wald, ein Golfplatz, Seen, flache Gebäude. Und dennoch ist dieser Stützpunkt mit dem U. S. Army Aviation Center of Excellence (AVCOE, früher USAACEU.S. Army Aviation Center of Excellence) die größte Ausbildungsstätte der U. S. Army für Hubschrauberpilotinnen und -piloten weltweit. Jährlich lernen hier mehr als 1.300 Soldatinnen und Soldaten das Fliegen mit den sogenannten Drehflüglern. Und weil es so viele sind, wird Fort Rucker, das zwischen 2023 und 2025 kurzzeitig den Namen Fort Novosel trug, eben auch „die Fabrik“ genannt.
Die Dimensionen von Fort Rucker sind riesig. Mit 255 Quadratkilometern Fläche ist es größer als die Stadt Frankfurt am Main. Das Übungsgebiet umfasst einen Bereich von fast 77.000 Quadratkilometern, da würde ganz Bayern hineinpassen. Fünf Heliports sind auf dem Gelände verteilt. Hier stehen über 500 Hubschrauber der Typen UH-72 Lakota, AH-64 Apache, UH-60 Black Hawk und CH-47 Chinook, die pro Jahr insgesamt 236.000 Flugstunden absolvieren. Außerhalb des Forts können die Pilotinnen und Piloten 68 Landeplätze nutzen. Das „Home of Army Aviation“ ist deshalb nicht nur für die USUnited States-Heeresflieger ein einzigartiges Übungsgelände.
Die U. S. Air Force schickt Hubschrauberpilotinnen und -piloten zur Ausbildung hierher und es kommen zahlreiche Flugschülerinnen und -schüler aus anderen Ländern: von Australien bis Singapur, von den Niederlanden bis Saudi-Arabien. Daher haben sieben Länder, darunter auch Deutschland, in Fort Rucker Verbindungsoffiziere stationiert.
Aus der fliegenden CH-47 betrachtet wirkt die hügelige Landschaft unten sehr „deutsch“: viel Wald, Rasenflächen, Felder. Doch es gibt deutliche Unterschiede, wie Neuankömmlinge in Fort Rucker schnell merken. Auf den Feldern wächst oft Baumwolle statt Weizen, in den Seen leben Alligatoren und Klappschildkröten, in den Gärten sieht man Kolibris statt Amseln. Und am Himmel: immer wieder Hubschrauber.
Fliegen für die Musterberechtigung: Um für die CH-47 zugelassen zu werden, benötigen Pilotinnen und Piloten knapp 90 Flugstunden während der etwa dreimonatigen Ausbildung. Einen Teil davon „fliegen“ sie im Simulator.
Bundeswehr/Michelle Kutz
Lebensraum Wasser: In fast allen Seen Alabamas leben Alligatoren, auch in denen in Fort Rucker. Sie gelten als eher scheu und ungefährlich. Das Schild rät zwar zur Vorsicht, aber es warnt weniger vor den Tieren als davor, diese zu stören.
Bundeswehr/Michelle KutzWährend im Boeing-Werk Philadelphia gerade die ersten Teile für die erste deutsche CH-47F Block II entstehen, lernen fünf deutsche Piloten in Alabama gerade, die markante Maschine mit den Tandemrotoren zu fliegen, um ihre Musterberechtigung zu erhalten. Darauf folgt die weitere Ausbildung zum Fluglehrer. Anschließend bleiben die Soldaten für drei Jahre in Fort Rucker, wo sie dann selbst junge Pilotinnen und Piloten ausbilden.
Frank H. ist einer von ihnen. Der 49-jährige Hauptmann ist in seiner Luftwaffenlaufbahn schon sechs verschiedene Hubschraubertypen geflogen, die Chinook ist sein siebter. Eigentlich kann ihn so schnell nichts beeindrucken, aber: „Der Erstflug auf unserer CH-47 hier war wirklich ein außergewöhnliches Erlebnis. Grundsätzlich ist Fliegen zwar Fliegen, egal mit welchem Modell, aber das hier war schon was Besonderes, einfach, weil sie so riesig ist. Die Chinook ist ein mächtiges Luftfahrzeug und definitiv das größte, das ich in meinem Leben fliegen durfte. Das macht mich schon stolz.“
Fort Rucker kennt Frank H. schon seit seiner Grundausbildung für Hubschrauber, die er hier 1999 durchlaufen hat. „Danach wollte ich immer zurückkommen, um als Fluglehrer hier zu arbeiten“, sagt er. Nach rund 5.700 Flugstunden auf anderen Hubschraubern wird sein Traum mit der CH-47 nun wahr. Frank H. und seine vier Kameraden, die jetzt in Alabama ausgebildet werden, sind aber nicht die ersten deutschen CH-47-Fluglehrer in Fort Rucker. Die beiden ersten Piloten der Luftwaffe bilden bereits seit Februar 2025 Schülerinnen und Schüler aus den USA und mehreren anderen Ländern auf diesem Hubschrauber aus.
Deutsche in Fort Rucker sind nichts Neues. Schon seit über 50 Jahren kommen Flugschülerinnen und Flugschüler von Heer, Marine und Luftwaffe hierher, um entweder ihre ersten Hubschrauberrunden zu drehen, die Musterausbildung auf einem Helikopter zu machen oder um als Instructor Pilot, also als Fluglehrerin oder Fluglehrer, für einige Jahre hier zu arbeiten. So erinnert sich Colonel Douglas Holt vom U. S. Army Aviation Center of Excellence daran, dass er selbst als junger Leutnant hier von einem deutschen Fluglehrer das Fliegen mit dem Nachtsichtsystem gelernt hat.
Die USUnited States-Ausbilder in Fort Rucker sind mit ihren aktuellen deutschen Schützlingen mehr als zufrieden. „Die deutschen Piloten sind sehr interessiert am Warum und sie haben eine andere Art des Fliegens“, sagt beispielsweise Chief Warrant Officer 3 Joseph Chadwick, Kursleiter für den CH-47-Fluglehrerkurs. „Das bringt uns dazu, darüber nachzudenken, warum wir den Hubschrauber so einsetzen, wie wir es tun, und nicht so, wie es die Deutschen oder andere Nationalitäten tun. Es ist also eine Lernerfahrung, von der alle profitieren.“
Während die deutschen Ladungsmeister, die in Pennsylvania für die CH-47 ausgebildet werden, viele Unterschiede zur CH-53 feststellen, haben es die Piloten trotz der Größe des Helikopters leichter. „Insgesamt ist es viel einfacher, einen Hubschrauber mit Tandemrotor zu fliegen als einen Hubschrauber wie die CH-53 mit Heckrotor“, sagt Kursleiter Chadwick. „Er ist stabiler und wir müssen nicht so viel mit den Pedalen arbeiten.“
Überhaupt sind die USUnited States-Ausbilder begeistert von „ihrer“ Chinook. Chadwick betont besonders ihre Vielseitigkeit: „Sie ist mit Abstand der leistungsstärkste Hubschrauber im Bestand der USUnited States-Armee. Die CH-47 kann weiter fliegen als alle anderen Hubschrauber und ist dabei schneller und kann mehr transportieren.“ Ein anderer betont: „Ich habe noch keinen Chinook-Piloten getroffen, der diesen Hubschrauber nicht mag.“