Marine

65 Jahre Bundeswehr: Von der „Emden“ zur „Emden“

65 Jahre Bundeswehr: Von der „Emden“ zur „Emden“

Datum:
Ort:
Wilhelmshaven
Lesedauer:
4 MIN

Ein Schiffsname steht wie kein zweiter für Tradition, technischen Fortschritt und militärische Entwicklung seit der Gründung einer Deutschen Marine.

Ein graues Kriegsschiff in See.

Die „Emden IV“: Ihre ersten großen Seefahrten führten das Schiff in den Nordatlantik und bis ins Mittelmeer, bis heute die wichtigsten Einsatzgebiete der Marine.

Holger Ellgaard/Wikimedia Commons/CC BY-SA 3.0

Am 21. März 1959 lief die „Emden“ vom Stapel. Sie gehörte zur Köln-Klasse, den ersten sechs Schiffen, die eigens für die junge Bundesmarine entworfen und gebaut wurden. Bis dahin fuhr die gerade erst drei Jahre zuvor gegründete Flotte Westdeutschlands ausgediente britische Fregatten und amerikanische Zerstörer.

Die „Emden“ war bereits das vierte deutsche Kriegsschiff mit dem Namen. Das erste fuhr noch zu Kaisers Zeiten. Aber im Unterschied zu damals war das neue Schiff kein Kreuzer mehr, sondern ein sogenanntes Geleitboot. Zu den Aufgaben der „Emden“ gehörte die Abwehr von U-Booten und Flugzeugen, insbesondere beim Schutz von Geleitzügen.

Bewaffnet waren die rund 110 Meter langen Schiffe, wie vergleichbare Typen am Ende des Zweiten Weltkriegs, noch mit Kanonen, Torpedos und Anti-U-Boot-Raketen. Doch die „Köln“ und ihre Schwestern standen auch für den Fortschritt: Sie waren die ersten Kriegsschiffe weltweit, die einen kombinierten Dieselmotor- und Gasturbinenantrieb besaßen.

Angekommen im Atlantikbündnis

Bei seiner ersten großen Depotinstandsetzung wurde das Geleitboot vom Typ 55 am 31. März 1965 formell außer Dienst gestellt und am 27. Oktober 1967 als Fregatte der Klasse 120 wieder in Dienst gestellt. Die neue Bezeichnung des Schiffstyps stand nicht nur für eine Umorganisation der Marine. Die westdeutsche Flotte passte sich damit auch den gebräuchlichen Typenbezeichnungen der NATO-Partner an.

Bis zu ihrer Außerdienststellung am 30. Juni 1983 unternahm die „Emden“ noch zahlreiche Auslandsfahrten, nahm mehrmals für ein halbes Jahr am 1968 gegründeten NATO-Marineverband STANAVFORLANT (Standing Naval Force Atlantic) teil sowie an vielen multinationalen Manövern der Partner. Die Karriere der „Emden“ machte deutlich: Seit ihrer Gründung war die Marine der Bundesrepublik zu einer Bündnismarine geworden – was sie deutlich von ihren Vorgängerorganisationen unterschied.

Nur etwas über drei Monate dauerte es und die „Emden IV“ wurde von der „Emden V“ abgelöst. Bereits am 7. Oktober 1983 stellte die Marine das fünfte Schiff mit dem Namen in Dienst. Die neue Fregatte der Klasse 122 hatte entsprechend der technologischen Entwicklungen neue Fähigkeiten.

Technikpremieren auf beiden Fregatten

Ihr Schwerpunkt – in der Hochphase des Kalten Krieges – blieb die U-Boot-Jagd. Dafür waren die neue „Emden“ und ihre sieben Schwestern als erste Schiffe der Marine mit Bordhubschraubern ausgestattet. Aber die modernen Kampfschiffe waren ebenso mit weitreichenden Lenkflugkörpern bewaffnet. Damit konnten sie andere Kriegsschiffe sowie Flugzeuge und Flugkörper abwehren.

Ein graues Kriegsschiff in See.

Die „Emden V“: Die Fregatte kehrt hier 2009 nach 166 Tagen Einsatz wieder in ihren Heimathafen Wilhelmshaven zurück.

Bundeswehr/Ann-Katrin Winges

Dennoch gab es Ähnlichkeiten zum Vorgängerschiff. Fregattenkapitän a. D.außer Dienst Eberhard Brumm erinnert sich: „Die Aufgabenstellung der beiden ‚Emden‘, auf denen ich gedient habe, ergab sich aus der Aufgabenstellung der Zerstörerflottille. Das waren Geleit, U-Jagd und Überwasserkampf. Im Kern waren die Aufgaben der ,Emden IV' und ,V' nicht wirklich unterschiedlich. Es ergaben sich nur Änderungen aus den technischen Entwicklungen. Stichwort Hubschrauber und Flugkörperabwehr.“

Das Ende des Kalten Krieges und die Deutsche Einheit verlagerte die Schwerpunkte der Aufgaben für die „Emden“. „Das Thema Geleitzug etwa ist in den Hintergrund gerückt. Von der Abschreckung ging es hin zur Interessendurchsetzung“, so Brumm.

Gebaut für den Kalten Krieg, eingesetzt gegen Terroristen und Piraten

In den Jahren direkt nach der Wende wurde die „Emden“ Anfang 1991 während des Zweiten Golfkriegs ins Mittelmeer entsandt, wo sie mit anderen NATO-Schiffen den Seeraum zwischen Italien und Libyen gegen eine befürchtete Verminung durch die Flotte des libyschen Diktators Gaddafis schützen sollten. 1996 fuhr die Fregatte in die Adria zur Operation Sharp Guard: Sie sollte das UNUnited Nations-Waffenembargo gegen Jugoslawien überwachen.

Nach dem 11. September 2001 nahm die Fregatte an Einsätzen gegen den internationalen Terrorismus und Piraterie teil: an den Operationen Enduring Freedom, Actice Endeavour und Atalanta. In der Zeit gehörte sie auch noch zweimal zum NATO-Marineverband SNMGStanding NATO Maritime Group 1, dem Nachfolger von STANAVFORLANT.

Nach etwas über 30 Jahren im aktiven Dienst wurde die Fregatte „Emden“ am 29. November 2013 außer Dienst gestellt. Doch der Name wird weiterbestehen.

Auf dem Weg zur sechsten „Emden“

Gut sechs Jahre später, am 30. Januar 2020, fand auf der Peene-Werft in Wolgast die Kiellegung der Korvette „Emden“ statt. Das sechste Marineschiff des Namens ist Teil des zweiten Loses der Korvetten vom Typ 130. Insgesamt zehn Schwestern wird die Braunschweig-Klasse in wenigen Jahren haben.

Zwei Arbeiter in Blaumann und mit gelben Schutzhelmen schlagen mit großen Hämmern auf eine Holzblock.

Kiellegung der Korvette „Emden“ in der Peene-Weft

Bundeswehr/Klaus Jordan

Die Aufgaben der beiden Vorgängerinnen ähnelten sich stark und die Fregatten unterschieden sich lediglich in Gewichtung und Fähigkeiten ihrer Waffen. Die Korvetten aber, als Nachfolger der Schnellboote der alten Bundesmarine in der Ostsee, sind mit einem ganz anderen Kernauftrag betraut.

Zu ihrem Aufgabenprofil gehört, große Seegebiete und Küstenzonen zu überwachen und ein umfassendes Lagebild zu erstellen. Mit ihren schweren Marschflugkörpern können sie nötigenfalls Ziele sowohl in See als auch an Land bekämpfen. Dabei sind sie für den Einsatz in Randmeeren, wie etwa der Nordsee oder Ostsee, und in Küstengewässern vorgesehen.

Ihre Fähigkeiten haben die ersten fünf Schiffe der Braunschweig-Klasse nicht nur in multinationalen Manövern, sonders bereits in Einsätzen zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung unter Beweis gestellt. Gleichzeitig sind sie mit ihren Fähigkeiten, aber auch für die Landes- und Bündnisverteidigung vorgesehen. Die „Emden VI“ wird in wenigen Jahren dazugehören.

von Dennis Keßler  E-Mail schreiben

Hintergrund

Ein Kriegsschiff mit dem Namen „Emden“ gab es bereits in der Kaiserlichen Marine. Der Kleine Kreuzer, 1909 in Dienst gestellt und seit 1913 in Ostasien stationiert, war zu Beginn des Ersten Weltkriegs äußerst erfolgreich im Handelskrieg im Indischen Ozean. Im November 1914 setzte ein Kreuzer der australischen Marine das deutsche Schiff außer Gefecht, aber alle Gegner zollten dem ehrenvollen Verhalten des Kommandanten der „Emden“ und seiner Crew ihren Respekt. Die Londoner Times schrieb: „We are pleased that the cruiser Emden was finally destroyed but we acknowledge Commander Von Muller as a valiant and chivalrous adversary.”

Ein graues Kriegsschiff in See, dicht vor einer Küste; ein hoher Schornstein ist nach vorne gekippt.

Schiffskutter der australischen HMAS „Sydney“ steuern die zerstörte „Emden“ an, kurz nachdem das deutsche Schiff den Kampf aufgegeben hat. Zeitgenössische handkolorierte Fotografie

State Library of New South Wales


Kaiser Wilhelm II. verfügte, dass ein neues Kriegsschiff seiner Marine den Namen wieder tragen sollte – und das Eiserne Kreuz als Bugzier und Erinnerung an die Taten der Vorgängerin. Eine Tradition war entstanden. Die „Emden III“ der Reichsmarine der Weimarer Republik trug sie weiter, die „Emden IV“ der Bundesmarine begründete sie neu.

Mehr zum Thema