Marine
Truppenbesuch

Der Kanzler und die Marine-Speerspitze der NATO

Der Kanzler und die Marine-Speerspitze der NATO

Datum:
Ort:
Rostock
Lesedauer:
4 MIN

Bundeskanzler Olaf Scholz ist am 5. Juni bei der Deutschen Marine gewesen. Zeitenwende und Sondervermögen haben für ihn auch eine klare maritime Dimension. Die Marine konnte dem Kanzler dafür die gesamte Bandbreite ihrer Einsatzbereiche darstellen: Dazu gehören Präsenzoperationen im Frieden genauso wie der Schutz Kritischer Infrastruktur oder die Landes- und Bündnisverteidigung Deutschlands und seiner Verbündeten.

Ein Mann in grauem Pulli steht hinter einem Mikrofon auf dem Deck eine Schiffes.

Pressestatement in See: Der Bundeskanzler war zugleich bei der Deutschen Marine und einem von vier NATO-Marineverbänden. Rechts der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, link der Verbandskommandeur, Flottillenadmiral Thorsten Marx

Bundeswehr/Leon Rodewald

„Der Blick auf die Meere ist mir als ehemaliger Hamburger Bürgermeister ja sehr vertraut“, sagte Scholz. „Deshalb weiß ich, wie wichtig es ist, dass wir die Marine stärken und dazu beitragen, dass sie ihre Aufgaben wahrnehmen kann. Und es sind ja noch viele neue dazugekommen.“ Beim maritimen Lagebild angefangen, über maritime Kritische Infrastrukturen hin zu abschreckender militärischer Präsenz in See – es sei nötig, alles dafür zu tun, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleisten zu können. 

Die Informationsreise des Regierungschefs zur Marine war zweigeteilt. Zu Beginn erhielt er im Marinekommando in der Rostocker Hanse-Kaserne ein ausführliches Briefing vom Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, und weiteren Flaggoffizieren. 

Vertrauliche Gespräche über die Zukunft der Seestreitkräfte

Dieses Gespräch drehte sich um drei Hauptthemen: erstens eine zukunftsfähige und demografiefeste zukünftige Aufstellung der Marine, die die Marine unlängst mit ihrem Zielbild 2035+ umrissen hat. Dabei sprach die Marineführung aktuelle Herausforderungen wie auch Lösungsansätze in Bezug auf Personal und Material an.

Zweitens der Beitrag, den die Flotte zum Schutz maritimer Kritischer Infrastruktur beitragen kann – eine Herausforderung, die seit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Erdgaspipelines im vergangenen Jahr auf der Agenda steht. Und drittens die Rolle des Marine-Führungsstabs DEU MARFORGerman Maritime Forces als regionales maritimes Hauptquartier für die NATO-Partner im gesamten Ostseeraum. Letzteres knüpfte eng an den jüngsten Besuch des Kanzlers im Baltikum vergangene Woche an.

Mehrere Menschen, darunter Marinesoldaten in dunkelblauer Uniform.

Im Rostocker Marinehauptquartier begrüßte auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig den aus Berlin angereisten Kanzler

Bundeswehr/Kristina Kolodin

Im Anschluss flogen Scholz und Kaack per Hubschrauber auf die „Mecklenburg-Vorpommern“, zehn Minuten von der deutschen Ostseeküste entfernt. Die Fregatte ist seit Januar Flaggschiff der Standing NATO Maritime Group 1 und damit Teil der Very High Readiness Joint Task Force, der sogenannten Speerspitze des Bündnisses. Das deutsche Kriegsschiff führt zurzeit unter der Flagge von Flottillenadmiral Thorsten Marx neun weitere verbündete Marineschiffe an.

Einzelvorstellungen maritimer Fähigkeiten für Kanzler und Presse

Begleitet wurde Olaf Scholz von rund 20 Journalistinnen und Journalisten hauptsächlich überregionaler deutscher Medien. Sowohl ihnen als auch dem Kanzler galten die einzelnen Vorführungen spezifischer Fähigkeiten des Marineverbandes. Dazu gehörten zum Beispiel U-Boot-Abwehr und Luftverteidigung. Portugiesische Marineinfanteristen demonstrierten das Boarding fremder Schiffe per Hubschrauber. Ein französischer Flottentanker und eine portugiesische Fregatte zeigten Treibstoffversorgung in See. Alles sind Fertigkeiten, die Besatzungen der multinationalen SNMGStanding NATO Maritime Group 1 als gemeinsamen Standard beherrschen.

„Es ist wichtig, dass wir wissen, was für ein anstrengender Dienst auf den Schiffen geleistet wird“, sagte Scholz. „Und mein Besuch hier dient ja nicht nur dazu, dass ich informiert werde, über die Tätigkeiten und die Herausforderungen, sondern ist ja auch gedacht als Anerkennung für die wertvolle Arbeit hier.“ Die „Mecklenburg-Vorpommern“ und ihre Besatzung von über 200 Soldatinnen und Soldaten sind bereits seit Januar mit dem NATO-Marineverband im Nordatlantik einschließlich Ostsee im Einsatz. Mitte Juli erst wird sie von der Fregatte „Hessen“ abgelöst.

Per Speedboot auf das deutsche Minenjagdboot „Bad Bevensen“ gefahren, erfuhr der Bundeskanzler Scholz mehr über die Fähigkeiten, die die Marine speziell unter Wasser einsetzen kann, um dort Anlagen wie zum Beispiel Pipelines, Seekabel und Hafeneinrichtungen bessern sichern zu können. „Der Schutz der Kritischen Infrastruktur ist eine Aufgabe, die mit neuer Präzision und mit neuer Anstrengung gewährleistet werden muss“, sagte Scholz speziell darüber. „Wir haben dazu eine ganze Reihe von Entscheidungen getroffen. Gerade die Deutsche Marine leistet hier ganz Besonderes, was die Herstellung eines Lagebildes betrifft.“ Das beziehe sich ebenso auf die Zusammenarbeit zwischen weiteren staatlichen und privaten Akteuren, die für die Kritische Infrastruktur oft auch wirtschaftliche Verantwortung tragen.

Ein besseres maritimes Lagebild bietet ein Mehr an Sicherheit

Mehr Klarheit über alles Geschehen speziell in der Ostsee und der umgebenden Region, sei ein Zuwachs an Sicherheit, meinte der Bundeskanzler. Das sei mit Anstrengungen verbunden. „Wir sind schon sehr viel weitergekommen, als das noch vor einiger Zeit der Fall war“, urteilte Scholz. „Aber wir werden nicht halt machen, sondern das weiter ausbauen.“

Links steht ein Mann hinter einem Mikrofon, rechts Menschen mit Videokameras und Fotoapparaten.

Olaf Scholz beim Pressestatement kurz vor Ende des Truppenbesuchs

Bundeswehr/Marcus Mohr

Sein Informationsbesuch bei den Seestreitkräften finde in sehr ernsten Zeiten statt. Scholz führte noch einmal aus: „Wir wissen, dass sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Sicherheitslage Europas, ja, für die ganze Welt verändert hat – mit dramatischen Konsequenzen. Ich habe das eine Zeitenwende genannt.“

Für den Kanzler gibt es somit viele Gründe, alles dafür zu tun, nicht nur die Bundeswehr insgesamt, sondern auch die Marine speziell gut auszustatten. „Wir haben dazu die Voraussetzungen geschaffen, indem wir das Sondervermögen etabliert haben“, so Scholz. Ziel sei, die Landes- und Bündnisverteidigung gut zu organisieren und wieder zu einem Schwerpunkt der Arbeit zu machen. „Wir haben uns vorgenommen, das dauerhaft zu tun, denn es wird ja die Zeit kommen, wo die 100 Milliarden ausgegeben sind. Dann werden wir das Zwei-Prozent-NATO-Ziel in Deutschland aus dem normalen Haushalt erwirtschaften müssen. Das ist auch unser Wille, das ist der Wille der von mir geführten Bundesregierung.“

Neben ernster Sicherheitspolitik und militärischen Vorführungen hatte Scholz allerdings auf der „Mecklenburg-Vorpommern“ und der „Bad Bevensen“ Zeit, sich auch direkt mit den jungen Soldatinnen und Soldaten der Besatzungen auszutauschen. Das betonte auch Inspekteur Kaack noch einmal: „Ich freue mich, wie unsere Männer und Frauen auf den beteiligten Schiffen und Booten und auch unserer Hubschrauber dem Bundeskanzler das Bild einer engagierten Deutschen Marine mit einzigartigen Fähigkeiten vermitteln konnten. Die persönlichen Gespräche sind dabei immer ein besonderer Höhepunkt solcher Besuche.“

von Marcus Mohr  E-Mail schreiben

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