Einsatzausbildung: Flexibilität dank Training in der Heimat
Ausbildung- Datum:
- Ort:
- Wilhelmshaven
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- 4 MIN
Die Fregatte „Brandenburg“ hat vom 2. Juni bis 2. Juli ihr German Operational Sea Training absolviert. Bereits zum zweiten Mal lief das Training unter ausschließlich deutscher Leitung.
Die „Brandenburg“ in der Nordsee
Bundeswehr/Florian WestphalDas Besondere dieses Jahr: Die Ausbildung fand nicht wie sonst in Plymouth beim Fleet Operational Sea Training der Royal Navy statt, sondern wurde nur von deutschen Ausbildern und Prüfern begleitet. Das britische „German Operational Sea Training“, kurz GOST, dient der Einsatzzertifizierung einer Besatzung der Deutschen Marine nach einem Werftaufenthalt ihres Schiffes.
Neben dieser Ausbildung in Südengland und im Ärmelkanal hatte die Gruppe Einsatzausbildung der Einsatzflottille 2 eine Alternative entwickelt, um auch unabhängig von Terminen bei der britischen Ausbildungseinrichtung deutsche Schiffe und Boote samt ihren Crews ausreichend auf ihre kommenden Missionen vorbereiten zu können. Mit dem Konzept „German Operational Sea Training German Authorities“ haben seither die deutschen Marinesoldatinnen und -soldaten die Möglichkeit, in der Deutschen Bucht ihr GOST zu absolvieren.
Die Deutsche Marine entsendet normalerweise ihre Schiffe zur Einsatzausbildung GOST nach Südengland. Abgestützt auf den britischen Marinestützpunkt Devonport in Plymouth dauern Training und Zertifizierung hier bis zu sechs Wochen. Die Begleitung durch die Ausbilder ist sehr personalintensiv, weil sie fast jedes Crewmitglied der hier übenden Schiffe teils individuell beraten.
Mittelfristig hat die Royal Navy einen größeren Eigenbedarf an diesem gefragten Training als sonst, weil die Ausbildungseinrichtung ihren Schwerpunkt auf die Einsatzzertifizierung der beiden neuen britischen Flugzeugträger legt. Beide Schiffe haben einschließlich Flugpersonals jeweils über 1.000 Personen starke Besatzungen. Termine für Partner-Nationen sind daher schwerer als sonst zu finden.
Der sogenannte Leiter am Einsatzort weist einen Brandabwehrtrupp in die Lage bei einem simulierten Feuer an Bord ein.
Bundeswehr/Kim CoulingDas Training durch die britische Marine gilt unter allen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Schiffsbesatzungen als besonders fordernd und realitätsnah. Die Szenarien der Ausbildung reichen von modernen Seekriegstaktiken, über Brand- und Leckabwehr, Erste-Hilfe-Maßnahmen bis hin zur Bekämpfung von sogenannten asymmetrischen Bedrohungen. Für die deutsche Variante war es daher wichtig, den hohen Standard der Royal Navy es auch außerhalb von Plymouth beizubehalten.
Der Leiter der Gruppe Einsatzausbildung, Fregattenkapitän Hendrik Hülsmann, ist überzeugt, dieses Bestreben erfüllt zu haben. „Die Ausbildung der Fregatte ‚Brandenburg‘ erfolgte anhand der Ausbildungsrichtlinien und der Bewertungskriterien des Fleet Operational Sea Training“, erläutert er. Diese detaillierten Leitlinien wendete seine Gruppe ohnehin bei allen Ausbildungen an. „Insofern ist das GOST German Authorities für meine Ausbilder keine Umstellung, sondern normal.“
Ungewohnt im Vergleich zu Übungen, die deutsche Marineschiffe in der Regel einzeln in Nord- und Ostsee fahren, war allerdings der Maßstab. „Ein forderndes Szenario in der Nordsee zu schaffen, konnte durch eine sehr gute Zusammenarbeit verschiedener Dienststellen innerhalb der Marine – etwa mit der Einsatzflottille 1 in Kiel und dem Marinefliegerkommando – erzielt werden“, berichtet Hüslmann. „Darüber hinaus haben wir mit einer niederländischen Task Group, die aus vier Schiffen bestand, und der SNMGStanding NATO Maritime Group 1, mit drei Schiffen, gemeinsam geübt.“
Das Ausbilderteam setzte sich aus Personal der Gruppe Einsatzausbildung zusammen, unterstützt durch einzelne Experten des Marineunterstützungskommandos und des Einsatzausbildungszentrums Schadensabwehr Marine sowie einige erfahrene Soldaten der Einsatzflottille 2. Hülsmanns Team hatte auch die Leitung des gesamten Übungs- und Zertifizierungsvorhabens. Insgesamt haben 33 Ausbilder die fast 200-köpfige Stammcrew der „Brandenburg“ wie beim originalen GOST intensiv begleitet.
Die „Brandenburg“ muss tanken: Ihr Decksdienstoffizier beaufsichtigt das Seeversorgungsmanöver, das das Schiff dafür fährt.
Bundeswehr/Kim CoulingHülsmann erklärt, dass der deutsche Lehrplan sich am britischen Training orientiere: „Bei der Leck-und Brandabwehr konnte die ‚Brandenburg‘ nahezu alle Übungen absolvieren, die auch in einem GOST gefordert werden – diese Ausbildung war identisch.“
Für die Gefechtsszenarien des Trainings sei das GOST German Authorities der „Brandenburg“ sogar im Vergleich anspruchsvoller gewesen. „Die Anzahl der Teilübungen und der Übungspartner ist wesentlich größer gewesen“, so Hülsmann. Insgesamt waren über die Dauer ihrer Ausbildung und Zertifizierung 14 Schiffe und Boote aus vier verschiedenen Nationen Sparringspartner der deutschen U-Jagd-Fregatte gewesen. Hinzu waren noch U-Boote, Bord- beziehungsweise U-Jagd-Hubschrauber, Seefernaufklärer sowie diverse weitere Flugzeuge gekommen.
Vor dem Schiff des 2. Fregattengeschwaders hatte bereits die „Lübeck“ des 4. Fregattengeschwaders Ende 2019 ein GOST German Authorities abgeleistet. Das war noch auf die britische Marinebasis in Südengland abgestützt gewesen. Bedingt durch die COVID-19Coronavirus Disease 2019-Pandemie war die Gruppe Einsatzausbildung für einen zweiten Durchgang des deutschen GOST auf den Stützpunkt Wilhelmshaven und die Deutsche Bucht ausgewichen.
Nach dem Bestehen der Ausbildung hat die Besatzung der Fregatte „Brandenburg“ jetzt einen „Combat Ready“-Status und darf offiziell wieder an Einsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen teilnehmen. Dies ist für den 25. August geplant: Dann wird sich die Fregatte für mehrere Monate dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Marineverband SNMGStanding NATO Maritime Group 2 anschließen.
von Oleg Dietzmann, Marcus Mohr E-Mail schreiben
Eine Seewachoffizierin auf der Brücke der „Brandenburg“, sie fährt das Schiff, teilt sich diese Aufgabe mit weiteren Wachoffizieren. Wie alle Crewmitglieder trägt sie während des Gefechtsdienstes eine Flammschutzhaube.
Bundeswehr/Kim Couling
Neben der Crew der Fregatte haben auch andere Marinesoldaten ihr Handwerk geübt. Infanteristen des Seebataillons haben die Bordwaffengruppe der„Brandenburg“ unterstützt. Ihr Job: kleine, wendige Speedboote abwehren, die zu nahe kommen.
Bundeswehr/Kim Couling
Einer der wichtigsten Sensoren eines Kriegsschiffs: Trotz Radar und Sonar haben die Ausgucks bei Gefechtsübungen eine wichtige Aufgabe. Oft entdecken erst sie kleinste Ziele und Gefahren auf dem Wasser.
Bundeswehr/Kim Couling
Kein GOST ohne diese Dauergefahr: Ein unbewaffnetes Flugzeug vom Typ Alpha Jet einer zivilen Firma simuliert einen Luftangriff auf die Fregatte. Schnelle, tief fliegende Jagdbomber wären in jedem Ernstfall eine große Bedrohung.
Bundeswehr/Kim Couling
Unterstützung durch eine Schwester: Die „Bayern“ gehörte auch zu den Übungspartnern der „Brandenburg“. Obwohl ihre Crew kein GOST abzuleisten hatte, war auch sie den simulierten Luftangriffen ausgesetzt.
Bundeswehr/Kim Couling
Das GOST verlangt allen alles ab – auch den Smuts. Sie müssen unter Gefechtsbedingungen eine einfache heiße Mahlzeit für die Crew kochen und gruppenweise ausgeben. Für den falschen Nudeltyp beim „Action messing“ gibt es Abzüge in der B-Note.
Bundeswehr/Kim Couling