Militärische Kräfte können nur dann wirksam eingesetzt werden, wenn sie bei einem Konflikt zeitgerecht, voll ausgerüstet und kampffähig bereitstehen. Die schnelle strategische Verlegung ist daher ein Kernpunkt der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verteidigungsplanung. Jeder Bündnispartner verantwortet dabei den Aufmarsch seiner nationalen Truppen. Für die Bundeswehr übernimmt das Operative Führungskommando der Bundeswehr die Aufmarschführung.
Übungen und Einsätze der Bundeswehr im Ausland erfordern immer strategische Verlegungen ins jeweilige Einsatzgebiet. Der Aufmarsch militärischer Kräfte fungiert dabei als Bindeglied zwischen der Bereitstellung und dem Einsatz militärischer Fähigkeiten. Er geht der strategischen Verlegung in einen Einsatzraum voran und ist zugleich Voraussetzung für diese. Denn im Aufmarsch werden die nationalen Truppen an die Sammel- und Startpunkte der strategischen Verlegung, die sogenannten Aufkommensorte, geführt.
Dies können Bahnhöfe, See- oder Binnenhäfen, Flughäfen oder – bei Straßenmärschen – auch Truppenübungsplätze und militärische Liegenschaften sein. Von dort aus beginnt der Transport in den Einsatzraum – auf dem Luft- oder Seeweg, per Bahn oder auf der Straße.
Wichtig ist, die Transporte dabei so zu koordinieren, dass die Soldatinnen und Soldaten und ihre Ausrüstung, Ausstattung und Waffensysteme zeitgleich im Zielgebiet ankommen und von dort nahtlos in ihr Operationsgebiet weiterverlegen können. Denn nur dann können sie effektiv und ohne Zeitverzug ihren Rückversicherungs- oder Kampfauftrag erfüllen.
Kollektive Verteidigung bedeutet parallele Verlegungen
Doch nicht nur die eigenen Kräfte, auch Truppen und Material alliierter Nationen müssen im Krisenfall koordiniert in einen Einsatzraum verlegt werden. Deutschland ist in ein System der kollektiven Verteidigung eingebunden. Das bedeutet, die Bundesrepublik handelt immer gemeinsam mit ihren Bündnispartnern in NATONorth Atlantic Treaty Organization und Europäischer Union. Die deutschen Streitkräfte sind daher nie allein im Einsatz. Sind Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr unterwegs, gilt das auch für Truppen anderer Nationen.
Das heißt: Obwohl Transport und Versorgung der eigenen Kräfte eine nationale Aufgabe sind und in nationaler Verantwortung erfolgen, erfordern sie aufgrund der Vielzahl zeitgleich laufender Verlegungen verschiedener Nationen eine sorgfältige Planung und komplexe Abstimmungsprozesse auf multinationaler Ebene.
Im Bündnisfall ist Deutschland als Drehscheibe und Unterstützungsnetzwerk gefordert. Innerhalb von 180 Tagen müssen dann bis zu 800.000 Soldatinnen und Soldaten der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Streitkräfte mit ihren Waffensystemen und ihrem Material so schnell wie möglich durch Deutschland an die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Außengrenzen transportiert beziehungsweise bei ihrem Aufenthalt in Deutschland versorgt werden - eine Aufgabe, die auch im Operationsplan Deutschland zur Gesamtverteidigung Deutschlands abgebildet ist.
Priorisierung nach NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verteidigungsplanung
Insbesondere bei Verlegungen nach, in und durch Europa – beispielsweise an die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke – fungiert Deutschland als Drehscheibe für alliierte Kräfte. Hier ist das Operatives Führungskommando der Bundeswehr als aufmarschführendes Kommando gefordert.
Es verantwortet nicht nur die deutschen Truppenbewegungen im Inland und die daran anschließende strategische Verlegung ins Einsatzgebiet. Darüber hinaus hat das OpFüKdoBwOperatives Führungskommando der Bundeswehr die Aufgabe, die Truppenbewegungen aller verlegenden Nationen auf deutschem Boden in einem Lagebild zusammenzuführen und so aufeinander abzustimmen, dass beispielsweise sich überschneidende Transportrouten vermieden und Verkehrsnetze nicht überlastet werden.
Zugleich muss das Kommando sicherstellen, dass die für den jeweiligen Einsatz benötigten militärischen Fähigkeiten zeitgerecht im Einsatzraum bereitstehen. Wollen mehrere Nationen gleichzeitig dieselbe Route nutzen, wird nach militärischen Erfordernissen entschieden. Die Entscheidungsgrundlage bildet hierbei die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verteidigungsplanung.
Unterstützung für deutsche und alliierte Kräfte
Außerdem koordiniert das OpFüKdoBwOperatives Führungskommando der Bundeswehr die Unterstützungsleistungen für Truppen auf dem Marsch und im Transit. Das gilt ebenso für die Bundeswehr wie für Streitkräfte anderer Nationen im Host Nation Support. Dazu zählen unter anderem Übernachtungsmöglichkeiten, Verpflegung und, wenn erforderlich, medizinische Versorgung ebenso wie Betankung und Möglichkeiten zur Instandhaltung und Reparatur sowie Transportplanung, -begleitung, Schutz- und Sicherungsmaßnahmen.
Aufmarsch: Immer Mensch und Material
Ein Aufmarsch umfasst dabei immer Mensch und Material. Waffen- und Munitionstransporte allein zählen nicht als Aufmarsch. Das bedeutet jedoch nicht, dass Truppen, Waffensysteme, Munition und Versorgungsgüter auf demselben Weg und zur gleichen Zeit transportiert werden.
Während Soldatinnen und Soldaten oft im Flugzeug in einen Einsatzraum verlegt werden, werden Kampf- und Schützenpanzer, Führungs- und Transportfahrzeuge, anderes Gerät sowie Materialcontainer meist per Schiff oder Schiene transportiert. Denn Straßenmärsche über weite Entfernungen fordern Mensch und Material in erheblichem Maße.
Mit der Ankunft im vorgegebenen Raum endet der Aufmarsch. Die Aufnahme im Einsatzraum (Reception), die Zusammenführung von Mensch und Material (Staging), die Weiterverlegung ins Operationsgebiet (Onward Movement) und gegebenenfalls die Integration der militärischen Kräfte in einen multinationalen NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verband (Integration) – kurz RSOMReception, Staging, Onward Movement+I – sind nicht mehr Bestandteil der Aufmarsches.
Was sind Aufmarsch, was bedeutet aufmarschführendes Kommando und welche Rolle spielen eigentlich die Landeskommandos? Antworten auf diese und andere Fragen finden Sie hier: