Bei der Verteidigung Deutschlands und seiner Verbündeten kommen besondere Herausforderungen auf das Land zu – auch im Gesundheitssektor. Seine zentrale Lage in Europa würde Deutschland bei einem Angriff auf die Verbündeten in Osteuropa zur Drehscheibe werden lassen: Einerseits würden Truppen und Versorgungsgüter von West nach Ost durchs Land verlegt werden. Umgekehrt kämen verwundete Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und alliierter Streitkräfte nach Deutschland. Die Szenarien der Bundeswehr gehen von 300 bis 1.000 Patientinnen und Patienten aus – davon ein Drittel intensivpflichtig – die pro Tag von Osten nach Deutschland kommen könnten. Sie müssten in deutschen Krankenhäusern behandelt werden, da die medizinische Versorgung im unmittelbaren Konfliktgebiet stark eingeschränkt wäre.
Mehr Bedarf aber sinkende medizinische Kapazitäten
Der Bündnisfall würde also bedeuten, dass eine große Anzahl an Personen dringend medizinische Hilfe in Deutschland benötigt. Diese Aufgabe kann der Sanitätsdienst der Bundeswehr, bezogen auf die militärischen Verwundeten, nicht ohne die Unterstützung ziviler Träger aus dem Gesundheitssektor stemmen. Dies gilt umso mehr, weil gleichzeitig ein großer Teil des Personals des Sanitätsdienstes in einem solchen Szenario in Frontnähe auf dem Staatsgebiet der Verbündeten eingesetzt würde. Denn dort gälte es, Verwundete best- und schnellstmöglich zu versorgen, um Leben zu retten und Kampfkraft zu erhalten.
Das bedeutet auch, dass die Versorgungsleistungen durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr hierzulande eingeschränkt wären. Betroffen wären zum Beispiel die fünf Bundeswehrkrankenhäuser, die derzeit fest in die medizinische Versorgung vor Ort eingebunden sind. Ihre Leistungen würden Bürgerinnen und Bürgern in geringerem Maße zur Verfügung stehen als bisher. Aber auch die Zahl der Truppenärztinnen- und ärzte, quasi der Hausarztpraxen für Soldatinnen und Soldaten, die in Deutschland tätig sind, würde sinken. Das bedeutet, dass die Truppe auch bei regulären Erkrankungen stärker auf das zivile Gesundheitswesen angewiesen wäre.