Ukrainische Sanitätskräfte trainieren in Süddeutschland
Ukrainische Sanitätskräfte trainieren in Süddeutschland
- Datum:
- Ort:
- Deutschland
- Lesedauer:
- 2 MIN
In Süddeutschland bereitet die Bundeswehr ukrainisches Sanitätspersonal auf medizinische Einsätze unter Vollschutz vor. Das Training kombiniert medizinische, taktische und technische Verfahren und ist Teil der europäischen Unterstützungsmission EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine.
Lagen, die bisher als selten und unwahrscheinlich galten, sind in der Ukraine bittere Realität geworden: Chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren (CBRNchemical, biological, radiological, nuclear) gehen nicht nur von Kampfstoffen, sondern auch von industriellen Freisetzungen sowie Umweltzerstörungen im Gefecht aus.
„Vor einigen Monaten wurden mehrere meiner Kameraden bei einem Einsatz von Reizgas durch Russen verletzt“, erzählt Julija*. Die Ukrainerin ist eine erfahrene Sanitäterin und diente bereits etliche Male an der Front. Sie ist Teilnehmerin einer Schulung, die als Teil der europäischen Unterstützungsmission EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine in Süddeutschland stattfindet. Ärztliches Fachpersonal, Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sowie Pflegekräfte trainieren dort eng an Einsatzrealitäten und unter Zeitdruck sowie mit der kompletten Schutzausrüstung. Allein schon das Tragen der Schutzmaske schränkt die Sinne ein, die Luft wird mühsam durch einen Filter eingeatmet. Ausbildungsfeldwebel Lisa S.* bestätigt, dass die Teilnehmenden regelmäßig an ihre Grenzen stoßen. „Das akkurate Arbeiten unter ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzbekleidung“ sowie „die frühsommerlichen Witterungsbedingungen“ würden das Training erschweren, sagt die Ausbilderin.
Trotz der physischen Belastung ist Julija froh, dass sie an den Übungsszenarien teilnehmen kann. Sie möchte so viel wie möglich lernen, um ihren „Kameraden besser helfen zu können“. Ob sie nach Rückkehr in ihre Heimat direkt im Frontbereich oder in rückwärtigen sanitätsdienstlichen Strukturen eingesetzt wird, weiß Julija nicht. In der Schulung trainiert sie das An- und Ablegen von Schutzausrüstung, die Durchführung einer Entseuchung (fachlich: Dekontamination), die notfallmedizinische Erstversorgung unter ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutz sowie die Priorisierung medizinischer Hilfeleistung – die sogenannte Triage. Zudem werden Lageeinschätzungen und Spürverfahren besprochen.

Ukrainische und deutsche Kräfte versorgen einen Dummy unter Vollschutz: Das Medical-CBRNchemical, biological, radiological, nuclear-Training verlangt höchste Konzentration – Maßnahmen wie Intubation, Infusion und Atemwegssicherung erfolgen unter erschwerten Bedingungen.
Bundeswehr
Ein Übungspatient wird in einer realitätsnahen Dekontaminationsstation abgespült
BundeswehrHeterogenes Team, hohe Motivation
Die Ausbildung wird unter deutscher Verantwortung durchgeführt. „Wir sind ein heterogenes Team aus dem Bereich des medizinischer ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzes. Es ist sowohl speziell geschultes medizinisches Fachpersonal wie Notärztinnen und Notärzte, Notfallsanitäterinnen und -sanitäter an der Ausbildung beteiligt, als auch Fachkräfte der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrtruppe mit großer Expertise in der Dekontamination“, erklärt Oberstabsarzt Lars K.* Er ist Ausbildungsleiter und organisiert gemeinsam mit seinen Kameradinnen und Kameraden die Trainingsszenarien. „Das Team ist durch jahrelange Zusammenarbeit sehr eingespielt und wir freuen uns sehr, unser Wissen an die ukrainischen Kameradinnen und Kameraden weiterzugeben. Jedes durch die Trainees erfolgreich absolvierte Szenar gibt uns einen weiteren Motivationsschub für unsere Arbeit“, fasst er zusammen. Neben dem Personal stellt die Bundeswehr für diese Ausbildung Gerät, Schutzausstattung und Ausbildungsräume zur Verfügung.
Ein zentrales Element der CBRNchemical, biological, radiological, nuclear-Ausbildung ist das sogenannte Spürverfahren, ein systematischer Ablauf zur Erkennung, Ortung und Bewertung von chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahrenstoffen im Einsatzraum. Für medizinisches Personal ist dieses Verfahren essenziell, um potenziell kontaminierte Bereiche zu identifizieren und medizinische Maßnahmen unter Schutzbedingungen gezielt durchführen zu können. Der Fokus liegt nicht nur auf taktischer Handlungssicherheit, sondern auf regulären lebensrettenden medizinischen Maßnahmen – bei gleichzeitiger Wahrung der Schutzmaßnahmen für das eingesetzte Personal. „Ich bin sehr dankbar für die professionelle Unterstützung durch die deutschen Soldaten. In der Ukraine haben wir momentan keine Möglichkeit, eine so umfassende CBRNchemical, biological, radiological, nuclear-Ausbildung zu erhalten“ sagt Julija.
*Name zum Schutz der Person abgekürzt/geändert.