Ausbildung und Übung

Bewaffnete Soldaten stürmen aus ihrer Deckung hinter einer Hausecke vor

Ausbildung und Übung (3/7)

70 Jahre – 70 Fakten

  • Insgesamt umfassen die Truppenübungsplätze der Bundeswehr 1.536 Quadratkilometer. Das entspricht in etwa der doppelten Fläche Hamburgs.

  • Quadriga: 2024 beteiligte sich die Bundeswehr mit 12.000 Soldatinnen und Soldaten an der größten NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übung seit dem Kalten Krieg.

  • Jedes Jahr bietet die Bundeswehr etwa 1.300 zivile Ausbildungsplätze an. Neben den Soldatinnen und Soldaten arbeiten auch etwa 81.000 Zivilistinnen und Zivilisten bei der Bundeswehr.

Nur einsatzbereite Streitkräfte sind ein sinnvolles Werkzeug im außenpolitischen Werkzeugkasten Deutschlands. Einsatzbereitschaft setzt eine gute Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten voraus und kann nur durch ständiges Üben erhalten werden. „Was man nicht übt, kann man auch nicht“, beschreibt es eine simple Weisheit der Truppe treffend. Zahlreiche Schulen und Akademien vermitteln daher das militärische Handwerkszeug, das dann auf den 13 Truppenübungsplätzen sowie den zahlreichen Standortübungsplätzen der Bundeswehr zur Anwendung kommt.

Kaum ein Ausbildungsabschnitt verankert sich tiefer im Gedächtnis eines Soldaten oder einer Soldatin. Gemeint ist die Grundausbildung, bei der natürlich jeder und jede glaubt, das härteste Los gezogen zu haben. In diesen ersten drei Monaten kommt man als Rekrutin oder Rekrut das erste Mal in Kontakt mit dem Militärischen, lernt zu marschieren, zu schießen und korrekt zu salutieren. Wenig Schlaf, ständiges Lernen und Erschöpfung prägen diese ersten Monate der militärischen Karriere. Aber Kameradschaft, der Wille zum Durchhalten und das Eintauchen in eine besondere Welt tragen die Allermeisten durch diese Zeit. Den zeremoniellen Höhepunkt bildet das Feierliche Gelöbnis, an dem die Rekrutinnen und Rekruten geloben, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und sie tapfer zu verteidigen.

288 Quadratkilometer – so groß ist die Fläche des Übungsplatzes Bergen, dem größten der Bundeswehr. Mit 42 Quadratkilometern bildet Hammelburg das „Schlusslicht“ der deutschen Truppenübungsplätze, gemessen an ihrer Fläche. Im Schnitt üben jeden Tag etwa 7.000 Soldatinnen und Soldaten auf den Truppenübungsplätzen – in der Regel ab der Ebene der Kompanie und aufwärts. Von der Infanterie über die Artillerie bis hin zum Abwurf von Bomben durch Flugzeuge kommen hier die Waffensysteme der Bundeswehr scharf zum Einsatz. Für kleinere Übungen gibt es bundesweit zahllose Standortübungsplätze. Denn am Ende ist trotz aller Simulationsmöglichkeiten der echte Schuss für eine angemessene Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten nicht zu ersetzen.

Im Kalten Krieg gehörten verschiedene jährliche Großübungen zum Standard des Verteidigungsbündnisses, beispielsweise die Übungsserien REFORGER (Return of Forces to Germany, deutsch: Rückkehr von Streitkräften nach Deutschland) oder Autumn Forge (deutsch: Herbstschmiede). Zehntausende Soldaten – vor allem aus den USA – waren damals auf bundesdeutschem Boden unterwegs. Nicht nur halfen die Großübungen, einen hohen Ausbildungsstand zu gewährleisten, sondern sie trugen auch zur Abschreckung des Warschauer Paktes bei. Allein im Jahr 1982 fanden in der Bundesrepublik 85 große NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übungen  statt.

Seit den 1970er-Jahren ist das wissenschaftliche Studium fester Bestandteil der Offizierausbildung der Bundeswehr. Die künftigen militärischen Führungskräfte reißen ihr akademisches Programm in Trimestern ab und gelangen so schon nach vier Jahren zum Masterabschluss. Die Männer und Frauen studieren entweder an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg oder der Universität der Bundeswehr in München. Das Ziel: Wissenschaftliches Denken soll die künftigen Führungskräfte auf eine immer komplexere Welt vorbereiten. Zudem hat die Bundeswehr den Anspruch, dass ihre Offiziere und Offizierinnen selbstständig und kritisch denken, was durch ein Studium gefördert wird. Zusätzlich bietet ein akademischer Abschluss eine gute Grundlage für den Einstieg in den zivilen Arbeitsmarkt. Das ist wichtig, weil nur ein kleiner Teil des Offizierkorps bis zur Pension als Berufsoffizier in der Truppe bleiben darf. Die meisten sind Soldatinnen und Soldaten auf Zeit und scheiden meist nach 13 Jahren aus der Bundeswehr aus.

550 Gebäude, 16 Kilometer Straßen, sogar eine Kanalisation, aber keine Einwohner. Das ist Schnöggersburg, eine Übungsstadt auf dem Truppenübungsplatz Altmark und Teil des Gefechtsübungszentrums des Heeres. Die Bundeswehr hat das Areal eigens für das Üben des Orts- und Häuserkampfs bauen lassen. Damit möglichst viele Soldatinnen und Soldaten hier ausgebildet werden können, wird in Schnöggersburg nicht scharf geschossen, sondern ein laserbasierter Duellsimulator genutzt. Die Einheiten werden mit Sendern und Empfängern ausgestattet. So treten sie gegeneinander an und lernen, die Stadt einzunehmen oder zu verteidigen. Die simulierten Kämpfe werden aus der Zentrale des Gefechtsübungszentrums digital verfolgt und ausgewertet.

Expertise, militärisches Können und die anhaltende Weiterentwicklung der Ausbildung an die Gegebenheiten der Realität – das stellt das Netzwerk der Schulen, Akademien und Ausbildungszentren der Bundeswehr sicher. So betreibt beispielsweise das Heer elf Einrichtungen, um die Soldatinnen und Soldaten der Landstreitkräfte auf das Gefecht vorzubereiten, darunter die Infanterieschule, die Panzertruppenschule sowie die Offizier- und die Unteroffizierschule des Heeres. Auch Marine, Luftwaffe, CIRCyber- und Informationsraum und Unterstützungsbereich können sich auf ihre Ausbildungseinrichtungen verlassen, die die Soldatinnen und Soldaten auf den Dienst in den jeweiligen Fachbereichen vorbereiten.

Nicht nur Soldatinnen und Soldaten werden im Ausbildungssystem der Bundeswehr auf ihren Dienst vorbereitet. Jedes Jahr werden auch über 1.300 zivile Ausbildungsplätze in über 50 Berufen angeboten. Diese umfassen beispielsweise technische, medizinische oder handwerkliche Bereiche. Denn neben den Uniformierten leisten auch etwa 81.000 Zivilistinnen und Zivilisten ihren Dienst in der Bundeswehr. Vor allem in der Bundeswehrverwaltung entlasten sie die Truppe durch das Übernehmen von bürokratischen Tätigkeiten oder treiben Beschaffungsvorhaben voran. Ihre Ausbildung findet an 430 Ausbildungseinrichtungen in ganz Deutschland statt.

Was in den vergangenen Jahrzehnten zur Seltenheit wurde, wird nun wieder gängige Praxis: freilaufende Übungen, also Übungen, die nicht auf einem Truppenübungsplatz stattfinden, sondern im freien Gelände. Hierbei wird natürlich nicht scharf geschossen, teilweise aber mit Platzpatronen. Dem ein oder anderen Vielfahrer fällt zudem auf, dass immer mehr militärische Konvois auf den Autobahnen der Republik unterwegs sind. Der Grund für diese vermehrten militärischen Aktivitäten im öffentlichen Raum ist die Bedrohung der europäischen Sicherheit durch Russland. Damit ist die Notwendigkeit verbunden, wieder für die Landes- und Bündnisverteidigung zu üben – so wie es bereits im Kalten Krieg der Fall war.

Dichtbesiedelt und viel Verkehr vor der eigenen Küste: Was einerseits Deutschland zu wirtschaftlicher Stärke verhilft, schränkt andererseits so manches Waffensystem der Bundeswehr in seiner vollen Entfaltung ein – auch mit Blick auf die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb führt die Luftwaffe einen großen Teil der fliegerischen Ausbildung ihrer Pilotinnen und Piloten in den USA durch oder nutzt einen Übungsplatz auf Kreta, um das Flugabwehrschießen mit dem System PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target zu trainieren. Die Marine verschlägt es regelmäßig in skandinavische Gewässer, um dort ihre Besatzungen zum scharfen Schuss kommen zu lassen, und das Heer nutzt das österreichische Hochgebirge zum Schießen oder verlegt seine Artillerie in die Weiten Schwedens.

Steadfast Defender 2024 – zu Deutsch: Standhafter Verteidiger – war die größte NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übung seit Ende des Kalten Krieges. 90.000 Soldatinnen und Soldaten aus den Mitgliedstaaten des Bündnisses übten dabei die Verteidigung Europas. Die Bundeswehr beteiligte sich mit der Übungsreihe Quadriga am Mega-Manöver. 12.000 Soldatinnen und Soldaten, 3.000 Fahrzeuge und 30 Luftfahrzeuge waren in Steadfast Defender eingebunden, was die Übung auch zum größten Manöver der Bundeswehr seit dem Kalten Krieg gemacht hat. Die Übungsserie Quadriga wird jährlich mit wechselnden Schwerpunkten fortgeschrieben. 2025 stehen der baltische Raum und die Ostsee im Fokus.

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