Ein bewaffneter Soldat steht neben Militärfahrzeugen während einer Patrouille in Mali

Einsätze und Missionen (2/7)

70 Jahre – 70 Fakten

  • Seit 1999 beteiligt sich die Bundeswehr an der KFORKosovo Force-Mission. Damit ist sie der längste Auslandseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr.

  • Beim ersten Kampfeinsatz in der Geschichte der Bundeswehr verschossen die deutschen Kampfjets 236 Lenkflugkörper vom Typ HARM.

  • Am 28. April 2025 befanden sich 945 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz.

Nicht erst nach dem Ende des Kalten Krieges hat sich Deutschland mit der Bundeswehr an Einsätzen im Ausland beteiligt. Den ersten Einsatz hatte sie keine fünf Jahre nach ihrer Gründung. Was sich allerdings änderte, war die Intensität der Einsätze. Während sie bis in die 90er-Jahre vor allem humanitäre Hilfe umfassten, kam es 1999 zum ersten Kampfeinsatz. Damit brach eine neue Ära für die Bundeswehr an, die sich anschließend vollständig auf das internationale Krisenmanagement einstellte. Mit der russischen Bedrohung für Europa endete diese Phase spätestens im Jahr 2022.

In der Nacht vom 29. Februar 1960 erschütterte ein Erdbeben die marokkanische Stadt Agadir. Tausende starben unter den Trümmern, jeder dritte Einwohner wurde verletzt. Die 3. Kompanie des Sanitätsbataillon 5 wurde alarmiert, um einen Verbandplatz aufzubauen. Am 3. März trafen die ersten Sanitäter der Bundeswehr ein. Bis zum Ende des Einsatzes am 5. April behandelten die 102 deutschen Soldaten über 1.000 Verletzte. Das Verteidigungsministerium klassifizierte den humanitären Einsatz damals als Übung, da ein militärischer Einsatz im Sinne der Verfassung die Ausrufung des Verteidigungsfalls erfordert hätte.

Anfang der 90er-Jahre stritten die Parteien im deutschen Bundestag, ob die Beteiligung deutscher Soldatinnen und Soldaten an bewaffneten UNUnited Nations-Einsätzen allein auf Basis eines Beschlusses der Bundesregierung erfolgen könne. Daraufhin wurde das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit der Klärung der Frage betraut. Das höchste Gericht entschied im Juli 1994, dass sich die Bundeswehr an bewaffneten Einsätzen der NATONorth Atlantic Treaty Organization, der EUEuropäische Union und der Vereinten Nationen beteiligen dürfe – allerdings nur mit Zustimmung des Bundestages. Nur bei Gefahr im Verzug, beispielsweise im Falle einer eiligen militärischen Evakuierung deutscher Staatsbürger aus einem Krisengebiet, kann die Zustimmung des Parlaments im Nachhinein eingeholt werden.

Am 24. März 1999 begann die NATONorth Atlantic Treaty Organization nach erfolglosen Verhandlungen ihre Luftoperation Allied Force gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. An den Luftschlägen waren 14 Tornados der Luftwaffe beteiligt. Durch ihre Fähigkeit zum elektronischen Kampf waren die deutschen Piloten oft die ersten im Einsatzraum. Sie hatten die Aufgabe, die gegnerischen Luftverteidigungsstellungen zunächst elektronisch zu stören und anschließend zu bekämpfen. Insgesamt verschossen sie dabei 236 Lenkflugkörper. Die Operation Allied Force dauerte 79 Tage, erreichte den Abzug jugoslawischer Truppen aus dem Kosovo und machte den Weg für die Stabilisierungsmission KFORKosovo Force frei. Diese sorgt bis heute für ein sichereres Umfeld.

Seit 1999 beteiligt sich Deutschland mit der Bundeswehr an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Sicherheitstruppe Kosovo Force, besser bekannt als KFORKosovo Force. Auf Basis eines Beschlusses der Vereinten Nationen sollte die KFORKosovo Force zunächst den Abzug der jugoslawischen Truppen und die Entmilitarisierung des Kosovo überwachen. Heute tragen die Soldatinnen und Soldaten zu einem sichereren Umfeld im Kosovo bei, um den Aufbau einer zivilen Friedensordnung zu schaffen und zu erhalten. Zudem leistet die KFORKosovo Force humanitäre Hilfe in Notsituationen, fördert die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen und unterstützt internationale Hilfsorganisationen in ihrer Arbeit.

Aktuell dienen hunderte deutsche Soldatinnen und Soldaten in der Luft, auf See und an Land entlang der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke, also außerhalb Deutschlands. Dennoch handelt es sich um keine Auslandseinsätze, die der Zustimmung des Bundestages bedürfen. Es steht in der alleinigen Verantwortung der Bundesregierung, Soldatinnen und Soldaten in diese „anerkannten Missionen“ zum Schutz des Bündnisgebiets der NATONorth Atlantic Treaty Organization zu entsenden. Derzeit führt die Bundeswehr innerhalb dieses Rahmens die Multinational Battlegroup in Litauen, beteiligt sich regelmäßig an der Sicherung des Luftraums der baltischen Staaten und ist Teil der ständigen Marine-Einsatzverbände der NATONorth Atlantic Treaty Organization

Jedes Mal, wenn Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr Sandsäcke an Deichen stapeln, Dächer von Schneelasten befreien oder bei der Rettung von Menschen und Aufräumarbeiten nach Naturkatastrophen helfen, handelt es sich um einen Einsatz im Inneren, bei dem die Männer und Frauen der Bundeswehr allerdings keine hoheitlichen Befugnisse haben. Das Grundgesetz (GGGrundgesetz) regelt ganz genau, wann Streitkräfte innerhalb des Bundesgebiets zum „Einsatz“ kommen dürfen. Hier gibt es den Fall der Amtshilfe (Artikel 35 Absatz 1 GGGrundgesetz), des Katastrophennotstandes (Artikel 35 Absatz 2 und 3 GGGrundgesetz) und des inneren Notstandes (Artikel 87a Absatz 4 GGGrundgesetz).

Soldatinnen und Soldaten, die geplant in einen Auslandseinsatz gehen, bekommen zuvor eine umfassende Einsatzvorausbildung. Neben grundlegenden Inhalten wie einem intensivem Schießtraining und einer Auffrischung der Erste-Hilfe-Kenntnisse, wird die Vorausbildung spezifisch auf die Aufgabe des jeweiligen Soldaten beziehungsweise der jeweiligen Soldatin im Einsatzland zugeschnitten. Zudem begleiten verschiedene Stellen in der Bundeswehr die Angehörigen der Streitkräfte dabei, alles Notwendige für ihr privates Leben zu regeln. Hierzu gehört auch das Thema Verwundung und Tod. Der Sozialdienst und die Familienbetreuung unterstützen hier sowohl die Soldatinnen und Soldaten als auch die Familien.

20 Jahre Einsatz in Afghanistan: Circa 93.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten dienten insgesamt im Land am Hindukusch. Diese Zeit hat die Bundeswehr stark geprägt. Zeitweise waren über 5.000 Soldatinnen und Soldaten – allein aus Deutschland – dort stationiert. Die Herstellung eines sicheren Umfelds für die Zivilbevölkerung sowie die Hilfestellung beim Aufbau eines funktionierenden Staates waren das Ziel. Doch Afghanistan steht auch für Kampf. Hier hatte die Bundeswehr ihre bisher heftigsten Gefechte. Töten, aber auch verwundet und getötet werden, waren hier so präsent wie in keinem anderen Einsatz. Insgesamt verloren 60 deutsche Soldaten ihr Leben, 35 von ihnen fielen im Kampf. Nicht wenige kehrten traumatisiert aus dem Einsatz zurück. 2021 verließ die Bundeswehr Afghanistan.

Das Ende des Kalten Kriegs bedeutete tiefgreifende Veränderungen für die Bundeswehr. Sie wandelte sich von der Verteidigungs- und Abschreckungsarmee zur Einsatzarmee. Internationale Friedenssicherung, Konfliktbewältigung und Krisenvorsorge wurden zu ihren wichtigsten Aufträgen. Zugleich schrumpfte die Bundeswehr massiv. Personal wurde abgebaut, große Mengen an Material ausgemustert. Durch die russische Bedrohung für Europa muss dieser Prozess aber wieder rückgängig gemacht werden. Verteidigung und Abschreckung werden wieder zum Kernauftrag. Hierfür stellt sich die Bundeswehr gegenwärtig neu auf.

Aktuell ist die Bundeswehr noch an neun Auslandseinsätzen beteiligt. In diesen setzen sich 945 Soldatinnen und Soldaten (Stand 28. April 2025) für die Interessen Deutschlands in der Welt ein. Der kleinste aktuelle Einsatz ist MINURSOMission des Nations Unies pour l'organisation d'en Referendum au Sahara Occidental in der Westsahara. Hier dienen derzeit vier Offiziere der Bundeswehr. Die größten Einsätze sind momentan KFORKosovo Force (Kosovo Force) im Kosovo mit 286 Soldatinnen und Soldaten und CDCounter Daesh/CBICapacity Building Iraq (Counter Daesh /Capacity Building Iraq) in Jordanien und im Irak mit 282 Soldatinnen und Soldaten. 

Mehr zum Thema