Heer
Ausbildungswoche

Rückwärts in die Müritz und ab in die Tiefe

Rückwärts in die Müritz und ab in die Tiefe

Datum:
Ort:
Havelberg
Lesedauer:
4 MIN

Drei schwarze Gummiboote sind über zwei Stunden auf der Müritz und werden die ganze Zeit ordentlich von Wind und Wellen durchgeschaukelt. Zwischen den Schaumkronen taucht etwas Schwarzes auf. Es sind vier Pioniertaucher aus Havelberg, die diese Boote als mobile Basis auf dem See und als Transportmittel zum Einsatzort nutzen.

Aus einem schwarzen Schlauchboot lassen sich zwei Taucher rückwärts in einen See fallen.

Klarmeldung zum Tauchen ist erfolgt und dann geht es rückwärts in die Müritz: Havelberger Pioniertaucher nutzen eine Woche lang die vielfältigen Möglichkeiten des größten Sees Deutschlands für ihre Ausbildungsvorhaben.

Bundeswehr/Marco Dorow

Nach dem Auftauchen fahren die schlanken, 5,50 Meter langen und 2 Meter breiten Gummiboote der Bundeswehr zurück ans Ufer. Der Tauchgang war erfolgreich und muss nun im Basislager nachbereitet werden. Oberfähnrich Martin S., Zugführer des Tauchzuges der 5. Kompanie des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130, spricht bereits auf dem Rückweg im Boot erste Punkte für die spätere Auswertung des Tauchganges mit seinen Soldaten durch – dabei stört es nicht, dass die Boote teilweise hart auf der Wasseroberfläche aufkommen und die Männer viel Spritzwasser abbekommen.

Nach circa 20 Minuten Bootstransfer erreichen alle den Yachthafen von Rechlin und gehen gegenüber dem Luftfahrttechnischen Museum an Land. Dort warten bereits die restlichen Soldaten des Tauchzuges und gemäß dem Motto „Viele Hände, schnelles Ende“ sind Tauchausrüstung und Einsatzgeräte innerhalb kürzester Zeit auf dem bereitstehenden Lkw verladen. Dann folgt für den kompletten Zug und vor einer Karte, auf der hauptsächlich die Müritz zu sehen ist, die Einsatznachbesprechung. Anschließend werden auch die restlichen Sachen marschbereit verpackt, denn nach zwei Tagen wechseln die Pioniertaucher das Tauchrevier und setzen im Bereich von Waren (an der Müritz) ihre Ausbildungswoche fort.

Einsatzszenarien wie im Gelände

Ein Soldat in Flecktarnuniform steht vor einer Karte.

Oberfähnrich Martin S., Zugführer des Tauchzuges, bei der Befehlsausgabe für einen Tauchgang seiner Soldaten

Bundeswehr/Marco Dorow

Das Ausbildungsvorhaben unterscheidet sich prinzipiell nicht von einem Aufenthalt auf einem Übungsplatz. Auch hier werden an verschiedenen Tagen unterschiedliche Einsatzszenarien geübt. Die Müritz, größter Binnensee Deutschlands, bietet den Bundeswehrtauchern dabei optimale Voraussetzungen: „Es geht in dieser Woche um das In-Übung-halten. Zusätzlich werden wir nach dem Gewöhnungstauchen auch das Tauchen in großen Tiefen durchführen. Und am Mittwoch ist sicherlich das Nachttauchen ein besonderes Highlight“, fasst der Oberfähnrich die Ausbildungsziele zusammen.
Ein weiteres Ziel ist es, interessierten Soldaten das Arbeitsfeld des Pioniertauchers realistisch zu zeigen. In den letzten Jahren hat es sich als sehr zweckmäßig und zielführend erwiesen, dass man Interessenten als Praktikanten zu Ausbildungsvorhaben mitnimmt und sie so temporär Teil des Teams sind. Gleich dem Grundsatz „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ lernen sich beide Seiten kennen. Zudem sieht der Praktikant, auf was es ankommt, welche Anforderungen bestehen und wie der Pioniertauchzug als Team Aufgaben gemeinsam meistert

Was zeichnet einen Pioniertaucher aus?

Zwei Taucher halten sich im Wasser an einem schwarzen Gummiboot fest.

Wind und Wellengang stören die Pioniertaucher nicht bei der Ausbildung. Bei 7 Grad Wasser- und 4 Grad Lufttemperatur ist ein warmer sowie wasserfester Anzug gerade für das Begleitpersonal auf den Booten notwendig.

Bundeswehr/Marco Dorow

Was sind nun Voraussetzungen, die ein Pioniertauchanwärter mitbringen sollte? Zunächst muss der betreffende Soldat eine medizinische Untersuchung am Schifffahrtmedizinischen Institut der Marine durchlaufen und eine positive TUKV (Taucher-, Ubootfahrer- und Kampfschwimmerverwendungsfähigkeit) erhalten. Ist die körperliche Fitness gegeben, absolviert der Anwärter, in Abhängigkeit der angestrebten Laufbahn und der späteren Verwendung, über etwa zwei Jahre mehrere Lehrgänge und praktische Ausbildungen.

Fragt man Oberfähnrich Martin S., wie denn für ihn der ideale Pioniertaucher aussieht, so lautet die Antwort: „Er muss ehrgeizig und strapazierfähig sein. Aber gleichzeitig muss er in der Lage sein, ständig neue Erkenntnisse aufzunehmen und sie gut verinnerlichen können.“ Und was ist die besondere Herausforderung an einen Pioniertaucher? „Herausforderungen gibt es nicht … bei uns gibt es nur Lösungen“, lautet die Antwort des erfahrenen Pioniertauchers und dabei grinst er breit. Mit ernstem Blick fügt er dann aber hinzu: „Letztendlich muss ein Pioniertaucher seine kompletten Erfahrungen in Ausnahmesituationen anwenden können.“

Nachwuchs gesucht und Praktikanten willkommen

Fünf Soldaten in Flecktarn sitzen in einem schwarzen Gummiboot und fahren auf einem See mit Wellen.

Zum Ausbildungsort geht es mit dem Schlauchboot. Es ist 5,50 Meter lang und 2 Meter breit und verfügt über einen 40 PS starken Motor. Da bleibt es nicht aus, dass alle im Boot bei starkem Wellengang auch einmal nass werden.

Bundeswehr/Marco Dorow

Pioniertaucher im Heer sind auf drei Standorte verteilt. Es gibt zwei Tauchzüge in Minden (Nordrhein-Westfalen) und einen Tauchzug in Havelberg (Sachsen-Anhalt). Zudem ist das Taucherausbildungszentrum am Starnberger See in Bayern beheimatet. Jährlich sind durch jeden Pioniertaucher 30 Pflichttauchstunden zu erbringen. Darin enthalten sind auch vier Tieftauchgänge. Die teilen sich wiederum in zwei über 30 Meter und zwei weitere über 40 Meter Tiefe; dabei muss aber auch eine maximale Einsatztiefe von 50 Metern erreicht werden. Weiterhin müssen Rettungsmodule absolviert werden. Ebenso besteht für den Pioniertaucher die Auflage, das Rettungsschwimmerabzeichen in Silber zu bestehen; ein Kampfmittelabwehrtaucher muss sogar Rettungsschwimmer der Stufe Gold sein.
Eine Altersbegrenzung nach oben gibt es prinzipiell nicht, Voraussetzung ist jedoch eine regelmäßige und positive TUKV. Ist dies gegeben, kann man auch bis zum Dienstzeitende tauchen.
In einem Pioniertaucherzug gibt es übrigens etwas mehr als 30 Dienstposten. Bei Oberfähnrich Martin S. in Havelberg sind derzeit mehrere Stellen unbesetzt: „Wer Interesse an einem Praktikum hat, kann gern vorbeikommen. Und alles Weitere sieht man dann.“

Pioniertaucher der Bundeswehr üben in der Müritz

  • An einem Steg: Soldaten in schwarzen Tauchanzügen sitzen auf zwei Gummibooten im Wasser.

    Eine starke Truppe: der Tauchzug der 5. Kompanie des Deutsch/Britischen Pionierbrückenbataillons 130 aus Havelberg, verstärkt durch Praktikanten

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Ein schwarzes Gummiboot liegt auf einer Wiese.

    Vor der Ausbildung werden die Schlauchboote startklar gemacht. Diese leichten, 5,50 langen und 2 Meter breiten Gummiboote bringen die Pioniertaucher vom Ufer zum Einsatzort.

    Bundeswehr/Ralf Heberer
  • Drei Soldaten in Flecktarnuniform tragen einen Motor über eine Wiese.

    Nur gemeinsam können die Männer vom Pioniertaucherzug ihren Auftrag erfüllen. Das fängt bereits bei der Vorbereitung für einen Tauchgang an, hier tragen drei Soldaten den 40-PS-Motor zum Schlauchboot.

    Bundeswehr/Ralf Heberer
  • Zwei Männer in schwarzen Tauchanzügen stehen halb angelehnt an einen Tisch.

    Nach dem Anziehen und vor dem Tauchgang: Da die Ausrüstung über 40 Kilogramm wiegt, nutzen die Taucher immer auch die Möglichkeit, ihre Rücken zu entlasten

    Bundeswehr/Ralf Heberer
  • Mehrere Soldaten in Flecktarn sitzen in einem schwarzen Gummiboot und fahren auf einem Gewässer.

    Nach der Befehlsausgabe durch den Zugführer geht es mit dem Schlauchboot vom Rechliner Yachthafen auf die offene Müritz

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Zwei Männer in schwarzen Tauchanzügen sitzen einem schwarzen Gummiboot.

    Trotz der anspruchsvollen Aufgaben sind die Taucher nach dem Tauchgang sehr zufrieden und bereiten sich schon zu diesem Zeitpunkt auf den nächsten Ausbildungsabschnitt vor

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Zwei schwarze Gummiboote fahren über einen See.

    Am dritten Ausbildungstag können sich auch die Praktikanten „probieren“: Mit Tauchanzug und Schnorchel geht es per Schlauchboot zum Einsatzort.

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Zwei Männer in schwarzen Tauchanzügen, mit Schnorchel und Tauchmaske in einem schwarzen Gummiboot

    Ein Ziel des Praktikums ist das Kennenlernen der verschiedenen Ausrüstungen. Dazu gehört auch ein Tauchgang nur mit Schnorchel und Flossen.

    Bundeswehr/Marco Dorow
  • Drei Männer, zwei davon mit schwarzen Tauchanzügen, sitzen und schauen dabei auf einen Kompass.

    Am dritten Tag der Ausbildungswoche dann die Königsdisziplin: Tauchen bei Nacht mit Marschkompasszahl. Kurz vor dem Tauchgang werden hier nochmals der Kompass und die Umgebung kontrolliert.

    Bundeswehr/Ralf Heberer
  • Ein Taucher mit Tauchgerät bei Nacht in einem See, im Hintergrund eine rote Boje

    Nach dem Eintauchen: Ein Taucher orientiert sich vor dem Tauchgang und wird dann mit dem Unterwasserscooter starten. Auf dem Scooter ist der Kompass mit einem Knicklicht angebracht, um mit der Marschkompasszahl das Ziel anzusteuern.

    Bundeswehr/Marco Dorow
von Ralf Heberer

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