Heer
Übung Swift Response

Überraschung aus der Luft: Die Luftlandeoperation (1)

Überraschung aus der Luft: Die Luftlandeoperation (1)

Datum:
Ort:
Rukla
Lesedauer:
4 MIN

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In einem militärischen Konflikt trägt derjenige einen Vorteil, der strategisch wichtiges Gelände kontrolliert. Wie gelingt es, schwer verteidigte Bodenziele, wie Flughäfen oder Schlüsselinfrastruktur einzunehmen und zu halten, bis Verstärkung eintrifft? Details über solche Unternehmen sind rar und werden selten gezeigt. Jetzt gibt die Division Schnelle Kräfte Einblick in den Ablauf einer Luftlandeoperation. Fallschirm gepackt?

Ein Soldat landet im Morgenlicht mit seinem Fallschirm auf einem Feld.

Übung Swift Response 22 in Litauen: Das erste Mal überhaupt trainieren multinationale Heereskräfte mit dem Airbus A400M eine komplette taktische Luftlandeoperation

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Auf Luftbildern ist eine riesige Landebahn aus grauem Beton zu erkennen. Was man nicht sieht: Im umliegenden Wald wimmelt es von feindlichen Soldaten. Aus getarnten Stellungen, teilweise mit Flugabwehrwaffen ausgestattet, können sie Gegner schnell aufklären und bekämpfen. Der Feind kontrolliert den Flugplatz. Nun soll er eingenommen werden. Er ist ein strategisch wichtiges Ziel. Für alle ist klar: Das Unterfangen wird riskant. Soll die Operation gelingen, sind gewisse Schritte, die aufeinander aufbauen, nötig.

Unbekannte Landezone in Litauen

Für diesen Auftrag sind sie genau die Richtigen – die Luftlandekräfte. Sie sind die Spezialisten für schnelle Anfangsoperationen. Das heißt, sie sind in der Lage, beliebige Ziele aus der Luft überraschend und blitzschnell einzunehmen und über einen bestimmten Zeitraum zu halten. Wie ist das möglich? Luftlandeoperationen werden bis ins kleinste Detail geplant. Sie sind immer Teil einer größeren militärischen Operation oder Übung. Die Luftlandetruppe wird punktuell eingesetzt, bei der multinationalen Luftlandeübung Swift Response 22, bei der im NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gastland Litauen auch deutsche und niederländische Soldaten beteiligt sind. Nur theoretisches Wissen über die Landezone, Zeitdruck und ein professioneller Übungsgegner: In Litauen erwartet die Luftlandetruppe daher eine Herausforderung.

Wer geht als Erstes ins Feindgebiet?

Ein Soldat steht in der Dämmerung in einer Flugzeughalle neben seiner Ausrüstung.

Die Soldaten des Fallschirmspezialzuges bereiten sich auf die Infiltration als erste Kräfte im Feindgebiet vor

Bundeswehr/Maximilian Schulz
Mehrere Soldaten laufen über ein Flugfeld zu einem großen grauen Flugzeug.

Nach intensiver Vorbereitung heißt es: „Aufsitzen und los!“

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Was der Feind noch nicht weiß: Im selben Moment bereiten sich die Soldaten der Fallschirmspezialzüge auf ihren Einsatz vor. Ihr Auftrag: Im sogenannten Freifallsprung werden sie aus großer Höhe abspringen, mit dem lenkbaren Fallschirm mehrere Kilometer in die Nähe des Operationsgebietes gleiten und dann per Fußmarsch die restlichen Kilometer zurücklegen. Leise und unentdeckt werden sie in absoluter Dunkelheit die spätere Landezone, das Zielobjekt und die Annäherungswege für die Hauptkräfte erkunden. Als erste Kräfte vor Ort sammeln sie wichtige Informationen über den Feind und das Gelände. Angesichts der Ausdehnung desselbigen und der Gefahr, die hinter jeder Ecke auf sie lauert, eine anspruchsvolle Aufgabe. Grundsätzlich gilt: Der Spezialzug muss unentdeckt bleiben, sonst ist der Erfolg der gesamten Operation in Gefahr.

In einem Flugzeughangar bereiten sich die Soldaten auf den fordernden Sprungeinsatz vor. Sie sammeln sich in den Trupps, in denen sie dann später aus der Maschine springen. Ihre umfängliche Ausrüstung, vom Sturmgewehr über Verpflegung bis hin zur Sprungausstattung, legen sie zur letzten Prüfung übersichtlich auf dem Hallenboden aus. Gemeinsam gehen sie noch einmal den Befehl und die Details für den Sprung durch. Dann öffnen sich die riesigen transparenten Hallentore. Jetzt kommt das Luftfahrzeug, ein Airbus A400M der Luftwaffe, auf dem Taxiway vorbeigerollt. Heckrampe auf, rein in die Maschine und los!

Die Fallschirmjäger verlassen die Heckrampe

Ein Soldat steht im dunklen Inneren eines Transportflugzeuges.

Während des Fluges wird die komplexe Ausrüstung schrittweise angelegt. Jetzt sind die Springer hochkonzentriert.

Bundeswehr/Maximilian Schulz
Mehrere Soldaten springen nacheinander aus dem dunklen Inneren eines Flugzeuges.

In Reihe stehen die Springer an der Kante der Heckrampe des A400M. Einer nach dem anderen wagt den Sprung.

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Was wird die Springer in Litauen erwarten? Zunächst erwartet sie eine komplett fremde Landezone in einem anderen Land. Keiner von ihnen war bereits dort. Sie haben die Landezone bisher nur auf der Karte gesehen. Viele Übungsplätze kennen die erfahrenen Fallschirmjäger aus dem Effeff. Hier ist alles neu. Auch die Vorgesetzten haben keinerlei Vorerfahrung in diesem Gelände. Und deshalb wird der Sprung ganz individuell und ausführlich im Team durchgeplant. „Dort darf man sich keine Fehler erlauben“, erklärt Scotty, einer von ihnen. „Alle müssen hellwach sein und bereits während der intensiven Vorbereitungsphase mitdenken.“

Im Flieger wird die Zeit mit Handzeichen runtergezählt, bis der Absetzer die letzten Signale zum Sprung auf der offenen Heckrampe gibt. Die komplexe Ausrüstung ist angelegt. Beeindruckend ist die absolute Ruhe. Man spürt, die Männer sind hochkonzentriert. In wenigen Augenblicken werden die Springer des Vorauskommandos das Luftfahrzeug aus mehreren Tausend Meter Höhe verlassen. Wie ist es möglich, in dieser Situation cool zu bleiben? Die Klappe geht auf und die kalte Luft bringt Gänsehaut. Dann springt einer nach dem anderen auf Signal in die bläuliche Dämmerung. Zwischen den dünnen Wolken gehen alle Schirme sauber auf, verrät ein gezielter Blick von der Rampe. Daumen hoch.

Der Pfad in den Kampf

Zahlreiche Fallschirme schweben am grauen Horizont.

Die lenkbaren Fallschirme öffnen sich. Mit ihnen gelingt das kilometerlange Gleiten in feindliches Gebiet.

Bundeswehr/Maximilian Schulz
Zwei litauische Soldaten stehen mit ihren Waffen im Anschlag im Wald.

Bei der Übung Swift Response verteidigen litauische Soldaten ein Flugfeld. Sie kämpfen hartnäckig und machen es den Deutschen und Niederländern nicht leicht.

Bundeswehr/Maximilian Schulz

Interessant ist: Die ersten Springer werden auch Pathfinder, Pfadfinder, genannt. Warum? Weil sie die Ersten im Operationsgebiet sind und die Truppe auf vorerkundeten Pfaden zum Angriffsziel in den Kampf bringen. Sie kennen im besten Fall die Gefahren, aber auch die Schleichwege, um ein Zielobjekt Schritt für Schritt einzunehmen.

Nach dem Gleitflug sind die Soldaten am Boden direkt im Einsatzgebiet. Leise und unauffällig bergen sie ihre Schirme, bringen diese in ein Versteck, vergraben alles, was nicht mehr gebraucht wird. Jetzt geht die reine Infiltration los. Die vorgeplante Route wird aufgenommen. Jeder von ihnen hat 40 Kilogramm Gepäck auf dem Rücken. Sie marschieren in der Nacht zu ihrem Einsatzgebiet, melden erste Aufklärungs- und Erkundungsergebnisse. In der zweiten Nacht prüfen sie die Nutzbarkeit des Absetzplatzes und verschaffen so dem Kommandeur ein Lagebild. Sie erkunden die Aufnahmepunkte für die Kampfkompanien. Bei Nacht wird gearbeitet, tagsüber wird beobachtet und abwechselnd geruht. Einige von ihnen sind so nah am Feind, dass sie Blickkontakt haben – Eyes on Target. Mehrere Tage halten sie in ihren Erdlöchern unter Tarnung aus – diszipliniert und wach zu jedem Zeitpunkt, trotz Schlafmangels, Hungers und nerviger Insekten – bis die Hauptkräfte kommen.

Wie der nächste Schritt der Luftlandeoperation abläuft und welchen Auftrag die Hauptkräfte haben, lesen Sie in Teil 2.

von Peter Müller

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