Erprobung

Ein neuer Waldi für die Bundeswehr-Feuerwehr

Ein neuer Waldi für die Bundeswehr-Feuerwehr

Datum:
Ort:
Lehnin
Lesedauer:
4 MIN

Waldbrände finden in den trockenen Sommermonaten auch in Deutschland zuletzt häufiger statt. Um dieser Gefahr künftig noch besser begegnen zu können, testet das Zentrum Brandschutz der Bundeswehr zurzeit die neueste Generation eines Waldbrandlöschfahrzeuges. Besteht der Proband die harten Tests? Dann gehört er künftig wohl zur Truppe!

Ein geländegängiges Feuerwehr-Fahrzeug fährt einen Erdwall hinauf

Geländegängig? Der Kandidat hat bestanden!

Bundeswehr/Marius Vu


Es ist kalt, nass und matschig im März auf dem Truppenübungsplatz Lehnin (TrÜbPl) nahe Berlin. Erschwerte Bedingungen. Kein Problem für die acht Männer der Bundeswehr-Feuerwehr, die heute und an den nächsten Tagen ein ganz besonderes Fahrzeug auf Herz und Nieren prüfen werden. Denn die Feuerwehren des Zentrums Brandschutz der Bundeswehr (ZBrdSchBwZentrum Brandschutz der Bundeswehr) werden, wenn alles nach Plan läuft, noch in diesem Jahr beginnend insgesamt 71 neue sogenannte Waldbrandbekämpfungsfahrzeuge bekommen. Liebevoll wird der Typ von den Feuerwehrleuten „Waldi“ genannt. Die Auslieferung an den Organisationsbereich (OrgBerOrganisationsbereich) Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen (IUDInfrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen) soll dann bis Anfang 2024 abgeschlossen sein. Weitere fünf Fahrzeuge sind für den OrgBerOrganisationsbereich Streitkräftebasis (SKBStreitkräftebasis) vorgesehen.
Bevor der neue Waldi allerdings eingeführt wird, muss das Fahrzeug der Erprobung durch die Feuerwehr standhalten. Der Kandidat: Ein fast 400 PS starker Tatra 815-7 mit Allradantrieb. Knapp 18 Tonnen wiegt das Waldbrandbekämpfungsfahrzeug voll ausgerüstet und mit 4.850 Litern Löschwasser an Bord. Die Tests auf dem Truppenübungsplatz dienen dazu, letzte Fehler auszumerzen, bevor die Serienproduktion beginnt. Und um zu prüfen, ob der Tatra kann was er soll und den harten Bedingungen auf Truppenübungsplätzen gewachsen ist – denn hier soll er später vorrangig zum Einsatz kommen.

Viel hilft viel

Feuerwehrmänner stehen im Schneeregen vor einem Feuerwehrfahrzeug

Lagebesprechung im Schneeregen. Die Feuerwehrmänner sind sichtlich zufrieden mit Waldi.

Bundeswehr/Marius Vu


„Bei der Geländegängigkeit trennt sich die Spreu vom Weizen“, konstatiert Brandamtsrat Tobias B., der zum Testteam gehört. Der Tatra schlägt sich derweil bestens im Gelände. Umfangreich ausgestattet mit Geländeuntersetzung, Sperrdifferenzialen an allen Achsen, aktiver Luftfederung und einer Reifendruckregelanlage, mit der der Druck in den Reifen bei Bedarf erhöht oder abgesenkt werden kann, wühlt er sich schier problemlos durch den tiefen Dreck. Durch sein besonderes Fahrwerk kann das Löschfahrzeug bis zu 25 Zentimeter angehoben oder abgesenkt werden und erreicht somit eine maximale Bodenfreiheit von circa 50 Zentimetern. Zudem ist der Tatra in der Lage Steigungen bis ca. 51% zu bezwingen.

„Durch die Luftfederung gleitet das Fahrzeug fast schon entspannt durch das Gelände“,

wirft Rico H. ein, der Schirrmeister des Zentrums Brandschutz in Lehnin. Für ein Fahrzeug mit über 3 Metern Höhe, 7,40 Metern Gesamtlänge, noch dazu in dieser Gewichtsklasse eine starke Leistung. Auch eine Seilwinde mit einer Zugkraft von circa 5 Tonnen hat der Tatra an Bord, etwa um Bäume aus dem Weg zu räumen oder andere Fahrzeuge zu bergen.

Kernkompetenz Löschen

Ein Feuerwehrfahrzeug spritzt Wasser über einen Dach- und Frontmonitor

Von einer Dachluke aus und über einen Frontwerfer findet die Brandbekämpfung statt

Bundeswehr/Marius Vu


Last but not least muss das Fahrzeug natürlich auch in der Lage sein, Brände zu bekämpfen. Die Aufbauten hierfür stammen von der Firma Rosenbauer. Bis zu 4.500 Liter Löschwasser stehen im Gelände effektiv für die Waldbrandbekämpfung zur Verfügung. Weitere 300 Liter sind für den Eigenschutz des Fahrzeuges reserviert. Bei Waldbränden eine wichtige Lebensversicherung für die Technik, vor allem aber für die Feuerwehrleute bei ihren gefährlichen Einsätzen. Hierfür sind in den Radhäusern und über dem Fahrerhaus mehrere kleine Düsen, mit denen kritische Punkte vor besonders starker Hitze zusätzlich geschützt werden können. Außerdem kann das Löschfahrzeug ein sogenanntes Netzmittel mitführen. Durch diesen Zusatz kann die Oberflächenspannung des Löschwassers reduziert und die Löschwirkung erhöht werden.

Ein Feuerfahrzeug in einen dünnen Wassernebel gehüllt

Zum Eigenschutz kann der Tatra neuralgische Punkte in einen Nebel aus Wasser hüllen

Bundeswehr/Marius Vu


Vom Innenraum aus kann das Wasser über einen ferngesteuerten Löschmonitor, dem Frontwerfer, mit einer Wurfweite von bis zu 40 Metern abgegeben werden. Über eine Dachluke kann ein Feuer außerdem mit einem handgeführten Strahlrohr bekämpft werden.

Weitere Tests geplant

Die Tests in Lehnin, ob im Gelände, beim Bremsen oder beim Abschleppen meisterte der Tatra mit Bravour. Klingt vielversprechend. Das Fahrzeug wird noch auf anderen Truppenübungsplätzen erprobt, jeder mit anderen spezifischen Besonderheiten. Die Männer vom Testteam sind vom Fahrzeug bislang positiv beeindruckt. „Nahe am Non-Plus-Ultra!“ heißt es aus der Runde.  Verlaufen die weiteren Tests ebenfalls positiv, sollen nach Beginn der Serienproduktion bei der Firma Rosenbauer die Fahrzeuge den Brandschutzkräften bereitgestellt werden.

Ein Unimog-Feuerwehrfahrzeug von außen

Ein Unimog als Waldbrandbekämpfungsfahrzeug. Diese sollen durch den Tatra mittelfristig ersetzt werden.

Bundeswehr/Marius Vu


Das bisherige Waldbrandbekämpfungsfahrzeug auf Basis des Unimog soll dann Stück für Stück ersetzt werden. Es erreicht so langsam das Ende seines Nutzungszyklus. 

Projektteam beschreitet neue Wege

Für das Projekt verantwortlich ist Stabshauptmann Rene K. vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr). Er ist dort in der Abteilung Komplexe Dienstleistungen / Einkauf der Projektmanager. Mit der späteren Bereitstellung beauftragt ist die BwFuhrparkService (BwFPSBundeswehrFuhrparkService) GmbHGesellschaft mit beschränkter Haftung. Ein Novum, denn derartig komplexe Fahrzeuge wurden bisher nicht auf diesem Weg bereitgestellt. Die Umsetzung des Projekts ist nur durch die enge Zusammenarbeit verschiedener Stellen innerhalb und außerhalb der Bundeswehr in dieser Form möglich. „Das musste und muss auch noch weiterhin bei allen Beteiligten zu einem Lernprozess führen, den sich aus unserer Sicht auch alle Beteiligten erfolgreich gestellt haben“, verrät Stabshauptmann Rene K. Eine weitere Premiere: Tatra stellt mit diesem Projekt erstmalig Neufahrzeuge für die Bundeswehr bereit.
Das neue Löschfahrzeug ist nicht nur für die Bundeswehr und ihre Einsatzbereitschaft wichtig – nur mit einer einsatzbereiten Feuerwehr ist sichergestellt, dass sich die Soldaten und Soldatinnen auf den Übungsplätzen optimal auf ihre Einsätze vorbereiten können. Auch der zivile Brandschutz profitiert indirekt von den neuen Fahrzeugen, denn Bundeswehr-Feuerwehren rücken regelmäßig zu einzelnen Einsätzen mit aus, oder unterstützen im Rahmen der Amtshilfe bei Katastrophenfällen. Und sollte es in einem heißen und trockenen Sommer wieder zu Waldbränden kommen, hat man mit dem neuen Tatra 815-7 dann vielleicht ein Ass im Ärmel. 

Eindrücke der Erprobung

  • Ein Feuerwehrfahrzeug mit geöffneten Laderäumen und voller Ausrüstung

    Der Tatra mit kompletter feuerwehrtechnischer Beladung. Eine beeindruckende Maschine.

    Bundeswehr/Marius Vu
  • Ein Fahrerhaus eines Lkw von Innen. Ein Feuerwehrmann am Steuer.

    Eine Fahrt durch den Morast. Das muss Waldi abkönnen.

    Bundeswehr/Marius Vu
  • Ein Feuerwehrfahrzeug mit Abschleppgeschirr

    Nur ein Test: Lässt sich der Tatra im Falle eines Falles auch abschleppen?

    Bundeswehr/Marius Vu
  • Ein Feuerwehrfahrzeug im Schneetreiben und offenem Gelände

    Ein Tatra im Schneetreiben

    Bundeswehr/Marius Vu
  • 2 Feuerwehrfahrzeuge unterschiedlicher Generationen hintereinander

    Neu und alt im direkten Vergleich

    Bundeswehr/Marius Vu
  • Ein Feuerwehrfahrzeug mit großer Bodenfreiheit

    Das Fahrwerk lässt sich in der Höhe variabel einstellen

    Bundeswehr/Marius Vu
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