Luftwaffe
Landes- und Bündnisverteidigung

Baltic Tiger 22 – Eindringlinge im Hafen und der Airbase

Baltic Tiger 22 – Eindringlinge im Hafen und der Airbase

Datum:
Ort:
Estland
Lesedauer:
4 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Alarm! Die estnischen Wachen melden einen Eindringling auf der Airbase Ämari. Eine noch unbekannte Anzahl an Personen überwandte den Zaun und versucht nun, auf das Rollfeld und die Abstellplätze der Eurofighter vorzudringen. Die Wache nimmt sofort den Kampf auf und kann die Aggressoren in einem Waldstück abriegeln. Kurze Zeit später rollen deutsche Soldaten auf Gefechtsfahrzeugen heran, formieren sich und nehmen ebenfalls den Kampf auf.

Drei Soldaten knien zueinander.

Der Zugführer, ein Hauptbootsmann (links) lässt sich von einem estnischen Wachposten in die Lage einweisen

Bundeswehr/Nico Theska

Objektschützer der Luftwaffe und Marineinfanteristen des Seebataillons trainierten zusammen bei Baltic Tiger. In ihrem Lastenheft standen unter anderem die Sicherung eines Hafens oder einer Luftwaffenbasis. Zu den herausforderndsten Aufgaben zählten aber andere Dinge: Saboteure und bewaffnete Kräfte zu stellen und zu bekämpfen. Dieses Verfahren übten die spezialisierten Kräfte beider Teilstreitkräfte gemeinsam.

Die Airbase Ämari ist einer der zwei Stationierungsorte des Verstärkung Air Policing Baltikum (VAPB). Bei dieser NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mission wird der Luftraum der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen überwacht und gesichert. Ämari erwies sich als einsatznahes Trainingsgelände für ein speziell von den Sicherungskräften der Luftwaffe angewandtes Verfahren: Counter-Intruder.

Ein auf einem Armeeauto aufgesessener MG-Schütze sichert eine Straße.

Ein auf einem Mungo aufgesessener MG-Schütze sichert den Verbindungsweg. Das Fahrzeug bleibt immer auf Höhe der Schützentrupps und unterstützt mit seiner schweren Waffe.

Bundeswehr/Nico Theska

Angriffspunkt: kritische Infrastruktur

Dieses Mal übten zum ersten Mal gemeinsam Marine- und Luftwaffenkräfte die Abwehr und das Ausschalten von Eindringlingen in einer Luftwaffenbasis. Eine Situation, die, wie es von Seiten der Luftwaffe heißt, eintreten kann. Beispielsweise in kriegerischen Handlungen, etwa durch Spezialtruppen des Gegners, wie verdeckt kämpfende Truppen, oder durch Kommandokräfte. Mit Bezug auf die asymmetrische Kriegsführung, bei der mit nadelstichartig geführten Angriffen die gegnerischen Truppen sowie die kritische Infrastruktur geschädigt werden sollen, sind Intruder-Vorstöße zu erwarten.

Der Führer der deutschen Sicherungskräfte hat sich von der estnischen Wache der Airbase einweisen lassen. Das Gefechtsverfahren für die Soldaten wird durch das Gelände festgelegt – in diesem Fall Waldkampf. Dies gilt als eine der schwierigsten Einsatzarten der Infanterie schlechthin, ist doch hier der Angegriffene im Vorteil, schon aufgrund der Tarnmöglichkeiten. Dazu kommt, dass die Sicht- und Wirkweiten von Waffen und Aufklärungsmitteln, auch aus der Luft, je nach Dichte des Waldes stark begrenzt sind. Zudem wird mangels markanter Punkte das Orientieren erschwert.

Ein Soldat kniet im Wald.

Der Nahsicherungstrupp bewegt sich vor den Hauptkräften und versucht, den Eindringling aufzuspüren

Bundeswehr/Nico Theska

Gleiches Verfahren, andere Herangehensweise

Die Lage startet. Der Alarm greift, die Maßnahmen laufen an, deutsche Kräfte treffen ein. Der Zugführer nimmt mit den Esten Verbindung auf. Die Einweisung in die Lage erfolgt auf Englisch. Für den Zugführer und seine gemischte Sicherungstruppe aus Infanteristen der Luftwaffe und Marine sind die Handlungsabläufe und die jetzt aufgenommene Kampfart „Waldkampf“ nichts Neues. „Es ist das, was wir auch als Marineinfanteristen immer wieder regelmäßig trainieren“, sagt ein Gruppenführer, ein Bootsmann aus der Küsteneinsatzkompanie.

Für die Objektschützer aus Schortens gehört der Kampf im Wald oder im urbanen Gelände zu den Fähigkeiten, die einfach sitzen. Und doch gibt es zwischen den Verfahren in den beiden Teilstreitkräften Unterschiede. Dringt ein Feind in einen Hafen, würde diesem ein Hagel aus Stahl und Sprengstoff entgegenschlagen, die Infrastruktur dort ist robust und auch nicht zwingend notwendig, um Schiffe zu entladen oder zu versorgen. Dementsprechend lösen die Infanteristen die Lage, indem sie mit der gesamten ihnen zur Verfügung stehenden Feuerkraft auf den Intruder wirken.

Auf einer Airbase kann so nicht vorgegangen werden. Hier hat jeder Schuss, jeder Splitter das Potential, Flugzeuge, Radare wie auch Flugsicherungstechnik zu beschädigen oder gar zu zerstören. Dadurch könnte der Flugbetrieb be- oder sogar verhindert werden. Also heißt es hier, selektiv vorzugehen. Der Eindringling muss davon abgehalten werden, an die Start- und Landebahn, die Hallen sowie an die Munitions- und Tanklager zu gelangen. Darum stellen sich die Alarmkräfte zwischen den Intruder und den zu schützenden Objekten. Der Feuerkampf wird weg von der kritischen Infrastruktur geführt.

Objektschutz und Marineinfanterie können es

„Das wurde in den Ausbildungen der letzten Wochen immer wieder trainiert und die Objektschützer haben uns dafür sensibilisiert“, erklärt der Bootsmann. Jetzt rollen weitere Mungos, kleine offene Mannschaftstransporter, an, besetzt mit Luftwaffen- und Marineinfanteristen. Sie steigen von den Fahrzeugen ab und bilden Schützenketten. Der Zugführer schickt Nahsicherungstrupps voraus, sie sollen den Feind identifizieren. Kommt es zum Kontakt, kann er mit den übrigen Schützentrupps und der Reserve Schwerpunkte bilden und Waffen- wie Feuerüberlegenheit herstellen.

Unterstützt werden sie darin von den Mungos mit aufgesessenen MG-Schützen. Jetzt werden die Eindringlinge entdeckt. Der Schusswechsel ist kurz aber heftig. Die estnischen Wachen meldeten drei Eindringlinge. Alle drei konnten entdeckt und bekämpft werden. Allerdings nicht ohne eigene Verwundete zu beklagen. Zum Glück nur eine Lage bei Baltic Tiger. Aber genau dafür ist diese Übung da, möglichst realitätsnah trainieren. Gilt doch der Kampf im Wald als eine der gefährlichsten wie intensivsten Kampfarten, in die Infanteristen verwickelt werden können.

Was diese Übung auszeichnete? Erstmalig führte ein Hauptbootsmann die gemischte Sicherungstruppe aus Luftwaffe und Marine in einem Counter-Intruder-Fall auf einer Airbase. Mit Erfolg, wie sich herausstellt. Sein Fazit: „Wir sind alle Infanteristen, egal ob wir die Schwinge oder einen goldenen Dienstgrad tragen“, so der Zugführer, während er seine Ausrüstung auf dem Mungo verstaut. „Und wir können und sollten voneinander lernen. Hoffentlich wird das auch für die Zukunft beibehalten.“

von Thomas Skiba

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.