Wie die Luftbetankung der Bundeswehr funktioniert
Tankflugzeuge der Bundeswehr erhöhen die Durchhaltefähigkeit von Flugzeugen. Wie Air Tanker der Bundeswehr Flugzeuge länger fliegen lassen.
Der Airbus A330 MRTTMulti Role Tanker Transport ist das Herzstück der europäischen Luftbetankung. An der Ostsee unterstützen die multinationalen Crews deutsche und alliierte Kampfjets. Präzision, Teamarbeit und Vertrauen sichern die Einsatzbereitschaft an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke.
Ein Eurofighter dockt über das Schlauch- und Trichterverfahren am A330 MRTTMulti Role Tanker Transport der MMUMultinational Multi Role Tanker Transport Unit zum Tanken an. Die Treibstoffübergabe erfolgt präzise und wird von Sylwester H. aus dem Cockpit heraus gesteuert. Er entscheidet, wie viel der Kampfjet tankt.
Bundeswehr/Christoph KassetteWenn Kampfflugzeuge im Einsatz sind, zählt jede Minute. Eine Landung wäre riskant und kostet wertvolle Zeit. In Krisen- und Konfliktgebieten bedeutet sie zudem: Verwundbarkeit. Die Lösung fliegt über ihnen: Als fliegende Tankstellen verlängern die Airbus A330 MRTTMulti Role Tanker Transport der Multinational Multirole Tanker Transport Unit, kurz MMUMultinational Multi Role Tanker Transport Unit, die Einsatzzeit der Kampfjets. Pilot Hauptmann Thomas S. und Luftbetanker Hauptfeldwebel Sylwester H. sind Teil des multinationalen Verbands. Seit Beginn der Zeitenwende im Jahr 2022 und dem Beginn des russischen Angriffskrieges sowie der dadurch gestiegenen Präsenz der NATONorth Atlantic Treaty Organization im mitteleuropäischen Osten betanken sie mit ihrem A330 MRTTMulti Role Tanker Transport vermehrt Flugzeuge über der Ostsee und im Baltikum.
Die Flugmission beginnt mit einem Briefing des fliegenden Personals. Pilot Thomas S. bespricht mit seinem Team den Ablauf und die Rahmenbedingungen des Einsatzes. Insbesondere mit Sylwester H., der als Air Refueling Operator (AROAir Refueling Operator) für die Betankung zuständig sein wird, und seinem belgischen Copiloten muss alles abgestimmt sein. Im Besprechungsraum herrscht konzentrierte Ruhe. Das Zielgebiet sei Laage im Hinterland der Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern, die zu unterstützende Übung Baltic Hunter, weist Thomas S. seine Kollegen ein. „Wir werden die ganze Woche dort eingesetzt sein. Rechnet damit, dass insbesondere am Anfang einer Übung noch kurzfristige Änderungen auf uns zukommen könnten.“
Der Wetterdaten seien stabil, ergänzt Thomas S. nach einem Blick auf sein Tablet. „Wir haben also beste Bedingungen, es sollte ein ruhiger Flug werden.“ Dann erläutert Sylwester H. die geplanten Höhen, Geschwindigkeiten und Betankungsfenster, die für die Luftbetankung nötig sind. „Für die Betankungsmission wurden 70 Tonnen Kraftstoff geplant, wir betanken mehrere niederländische F-35 und deutsche Eurofighter.“ Am Ende des Briefings heißt es „Clear to split“– das Signal für die Crew, ihren Einsatz in der Maschine vorzubereiten.
In den A330 MRTTs der MMUMultinational Multi Role Tanker Transport Unit arbeiten Menschen aus mehreren Nationen zusammen: deutsche, niederländische und belgische Pilotinnen und Piloten, technisches Personal aus Norwegen oder Tschechien. Das Team wechselt ständig, deswegen ist die Bordsprache Englisch – das spricht jeder.
Die Besatzung bei einer Mission besteht lediglich aus zwei Piloten und einem AROAir Refueling Operator. Dazu kommen noch Techniker am Boden und – im Falle von zusätzlichen Passagieren – eine Bordcrew. Damit ist die MMUMultinational Multi Role Tanker Transport Unit in der Lage, mit einem Mindestmaß an Personal mehrere unterschiedlichste Missionen zeitgleich zu fliegen. Dank eines Schichtsystems kann sie außerdem den Flugbetrieb rund um die Uhr aufrechterhalten. Der Dienst ist anspruchsvoll: viele Einsätze, wenige Dienstposten, oft lange Abwesenheiten. Doch die Motivation ist hoch. „Kein Tag ist wie der andere“, sagt Pilot Thomas S. „Und die Sonne sieht man fast immer.“
Knapp eine Stunde nach Ende des Briefings hebt der A330 MRTTMulti Role Tanker Transport von Thomas S. ab. Bereits eine halbe Stunde später kratzt es über die Lautsprecher im Innenraum des Flugzeugs: „Reached mission area“. Der Einsatzraum über Laage ist erreicht. Ab jetzt wird die Maschine in 7.000 Metern Höhe über der Ostsee für mehrere Stunden eine rautenförmige Route abfliegen. Das ist die effektivste Streckenform, um andere Flugzeuge zu betanken. Der Airbus fliegt dabei rund 600 Kilometer pro Stunde.
Bereits kurze Zeit später erreicht der erste „Kunde“ die fliegende Tankstelle. Ein F-35-Kampfflugzeug der Niederländer nähert sich auf nur 25 Meter hinter dem linken Flügel und wartet darauf, betankt zu werden. Jetzt beginnt die heiße Phase für den AROAir Refueling Operator. Sylwester H. steuert den
Air Refueling Operator Sylwester H. koordiniert an seiner Konsole im Airbus A330 MRTTMulti Role Tanker Transport den gesamten Luftbetankungsvorgang. Über Kameras, Sensoren und Anzeigen steuert und überwacht er jede Phase der Treibstoffübergabe.
Bundeswehr/Christoph KassetteMittlerweile ist das Tankflugzeug schon drei Stunden in der Luft und der nächste Auftrag steht an: Vier deutsche Eurofighter sind jetzt dran. Sie nutzen die andere Betankungsart, die mit dem A330 MRTTMulti Role Tanker Transport möglich ist: das Schlauch- und Trichterverfahren. Dafür werden zwei Schläuche langsam abgerollt und dann hinter den Tragflächen des Tankers hergezogen. Die ersten beiden der vier Eurofighter können so gleichzeitig betankt werden. Der Vorgang ist heikel. Der Luftstrom zerrt am Schlauch, die Piloten und der AROAir Refueling Operator justieren ununterbrochen nach. Jeder Handgriff muss sitzen, jede Bewegung auf den Zentimeter passen. Im Vergleich zum Boom-Verfahren fließen hier nur 1.250 Kilogramm pro Minute. Aber nach knapp drei Minuten sind die ersten beiden Eurofighter vollgetankt. Die beiden anderen Jets übernehmen ihre Position. Im Cockpit des A330 MRTTMulti Role Tanker Transport kontrolliert Sylwester H. den Durchfluss, notiert Kennungen und Mengen. Sobald alle vier Eurofighter betankt sind, verschwinden sie in den Wolken. Dann kratzt es wieder über die Lautsprecher im Innenraum: „Next eurofighters expected in 40 minutes.“ Die nächsten Eurofighter werden in 40 Minuten erwartet.
Die MMUMultinational Multi Role Tanker Transport Unit ist mehr als ein multinationaler Verband – sie ist gelebte europäische Verteidigungsbereitschaft. Acht Nationen tragen das Projekt: die Niederlande und Luxemburg als Gründer, dazu Deutschland, Norwegen, Belgien, Tschechien, Schweden und Dänemark. Statt dass jedes Land eigene Tankflugzeuge betreibt, bündeln die Partner ihre Ressourcen. Von Eindhoven und Köln-Wahn aus unterstützen sie Einsätze, Übungen und Missionen.
Interoperabilität wird dabei nicht nur trainiert, sondern deren Vorteile werden auch täglich bewiesen: niederländische F-35, deutsche Eurofighter, belgische F-16 – sie alle können vom gleichen Tanker versorgt werden. Diese Fähigkeit erhöht die Reaktionsgeschwindigkeit und Durchhaltefähigkeit der Allianz. Damit leistet die MMUMultinational Multi Role Tanker Transport Unit mit ihren A330 MRTTMulti Role Tanker Transport einen Anteil zur integrierten NATONorth Atlantic Treaty Organization-Luftverteidigung an der Ostflanke. „Das ist unser Beitrag zur Sicherheit Europas“, sagt Thomas S.
Ein Flugzeug seiner Einheit sei dauerhaft für das Jahr 2025 in die Einsatzplanung eingebunden, so der Pilot. Dies stelle sicher, dass Kampfjets der Allianz, darunter deutsche Eurofighter, während der Luftraumüberwachung über Polen und dem Baltikum in der Luft bleiben können. Der A330 MRTTMulti Role Tanker Transport stehe dabei sinnbildlich für eine neue Phase europäischer Zusammenarbeit. „Denn Luftbetankung ist kein Prestigeprojekt, sie ist eine Voraussetzung für Sicherheit“, so der Offizier. Und das stünde heute mehr denn je im Fokus kollektiver Verteidigung.
Während des Flugs spricht sich Pilot Thomas S. die ganze Zeit mit seinem belgischen Copiloten ab, denn sie fliegen das Flugzeug abwechselnd und im Team. Die orangenen Blenden schützen sie dabei vor der Sonne, die über den Wolken fast immer scheint.
Bundeswehr/Christoph KassetteNachdem die letzten Eurofighter betankt sind, endet die heiße Phase für Sylwester H. Sobald er die Schläuche eingefahren hat, kann Pilot Thomas S. den Heimatkurs einschlagen. Währenddessen bereitet die Besatzung alles für die Landung vor. Nach einer Dreiviertelstunde setzt die Maschine sanft auf dem Flughafen Köln-Bonn auf, bevor sie zu ihrer Parkposition im militärischen Teil des Geländes rollt. Jetzt steht nur noch die abschließende Besprechung an.
In diesem sogenannten Debriefing gibt es viel Lob. „Wir sind eine Stunde eher als geplant fertig geworden“, sagt Thomas S. stolz. Und Sylwester H. ergänzt: „Die Kommunikation war stark.“ Damit endet ein gewöhnlicher Tag für die Crew des A330 MRTTMulti Role Tanker Transport, deren Job alles andere als gewöhnlich ist.
von Arthur Galbraith