Marine
Maritime Abhängigkeit

4. Schiffbau und Handelsflotte

Jedes Jahr ändert sich die Zusammensetzung der Handelsflotte durch Neubauten, verschrotten und Verkäufen weltweit.

Ein großes Baugerüst mit Schutzplane steht im Schwimmdock in einem Hafen

Werften für Schiffsneubauten, aber auch für die Instandsetzung von Schiffen sind ein strategischer Faktor – auch für Deutschland. Das geht über die reine technische Ausstattung dieser Standorte hinaus. Denn sie sind zugleich auch die Fokuspunkte des deutschen Schiffbauwissens. Auf dieser Basis gehört Deutschland zwar nicht zur Weltspitze im Handelsschiffbau, es gilt aber als führend im Spezial- und Marineschiffbau.

Zum Schiffbau in Deutschland gehören neben Werften für reine Neubauten sowie für Instandsetzung und Reparaturen auch viele Zulieferer von Komponenten und Systemen. In Deutschland vereint der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSMVerband für Schiffbau und Meerestechnik) die Interessen eines Großteils dieser Branche. Nach Krisen, zum Beispiel der globalen Finanzkrise 2008, hat sich der deutsche Schiffbau zunehmend auf den Bau von Spezialschiffen fokussiert, die komplexe technologische Anforderungen erfüllen müssen. Dazu gehören unter anderem Passagierschiffe, Yachten, Behörden- und Arbeitsschiffe, aber auch Kriegsschiffe. Letztere gibt nicht nur die Deutsche Marine beziehungsweise die Bundeswehr in Auftrag, sondern auch Streitkräfte anderer Länder. Frachtschiffe dagegen werden hauptsächlich in Asien gebaut. 

Ebenso gehören zur Schiffbauindustrie eine Vielzahl von spezialisierten Zulieferern, die Komponenten und Systeme für den Bau und die Ausrüstung von Schiffen liefern, zum Beispiel Antriebe, Navigation und Sicherheitstechnik. Sie haben sich beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer zu einem großen Teil in der Arbeitsgemeinschaft Marine Equipment and Systems zusammengetan.

Herausforderungen im Vergleich zum globalen Schiffbau

Die deutsche Schiffbauindustrie ist immer wieder konjunkturell großen Schwankungen ausgesetzt. Das war zuletzt während der Coronakrise spürbar. Hier hat vor allem der Kreuzfahrtmarkt stark gelitten. Das hat sich auch auf dem europäischen Schiffbaumarkt ausgewirkt, der sich ebenso größtenteils auf den Bau von Kreuzfahrtschiffen spezialisiert hatte.

Eine weitere Herausforderung ist, dass die Werften in anderen Ländern oft stärker subventioniert werden als in Deutschland. In der Folge haben nicht-deutsche Standorte oft einen Wettbewerbsvorteil.

Wonach unterscheidet man Handelsschiffe?

Die langfristige globale Nachfrage nach verschiedenen Gütern hat einen erheblichen Einfluss auf die Nachfrage nach bestimmten Schiffstypen in der maritimen Transportindustrie. Da die Schifffahrt der wichtigste Transportweg für den globalen Welthandel ist, müssen Schiffbauindustrie und Reedereien möglichst flexibel auf die Veränderungen in den Märkten für Rohstoffe, Industrieprodukte und Konsumgüter reagieren können.

Trotzdem kann es in der Anzahl weltweit verfügbarer Schiffstypen zu Engpässen kommen. Überkapazitäten sind wegen Unwirtschaftlichkeit in der Regel schnell abgebaut beziehungsweise abgewrackt. Handelsflottenreserven sind grundsätzlich nicht beabsichtigt.

Containerschiffe können zum Beispiel nur Waren laden, die in Containern gestaut oder auf Containerplattformen befestigt werden können. Diese Art Schiffe haben seit den 1960er Jahren größtenteils Stückgutschiffe abgelöst, die Güter noch in Rollen, Säcken, Kisten oder ähnlichem laden. Massengutfrachter wiederum nehmen lose Güter wie Erze oder Getreide direkt in ihrem Laderaum auf. Tanker transportieren Ladung in flüssiger oder gasförmiger Form. Ro-Ro-Schiffe werden für Waren genutzt, die selbständig an Bord fahren können oder mit Gabelstaplern statt Kränen an Bord gelangen – das Kurzwort RoRo steht für die Langform „Roll on – roll off“. 

Alle diese Schiffsarten unterscheiden sich auch in ihrer Größe, je nach Fahrtgebiet. Die Riesen unter ihnen tragen zehntausende Container über die Ozeane, kleine Frachter übernehmen die Verteilung in Randmeeren wie Nord- und Ostsee.

Speziell Tanker, Container- und RoRo-Schiffe können in einem militärischen Ernstfall zu einem strategischen Asset werden. Die USA verfügen mit dem Military Sealift Command zum Beispiel über eigene, riesige RoRo-Transportschiffe für Panzer und andere Armeefahrzeuge. Die Bundeswehr hat dagegen einen speziellen Chartervertrag mit einer zivilen Reederei, um deren Autofähren für das schwere rollende Gerät des Heeres bei Bedarf nutzen zu können. Die britische Royal Navy hatte zuletzt während des Falklandkriegs 1982 Schiffe aus der Handelsflotte für militärische Zwecke requiriert.

  • Ein Containerschiff mit gestapelten Containern an Deck. Im Hintergrund sind Kränen zu sehen.

    Dies ist ein Beispielbild für ein kleineres Containerschiff. Containerschiff zeichnen äußerlich sich damit aus, dass man die Ladung direkt an Deck gestapelt sehen kann.

    Bundeswehr
  • Ein Frachtschiff fährt auf hoher See. Aus einem Hubschrauber seilen sich Soldaten auf das Deck ab.

    Ein Mehrzweck-Frachtschiff mit eigenen Ladenkränen und großen Ladelucken.

    Bundeswehr/PAO Irini
  • Ein großes Schiff liegt im Hafen und öffnet seine Rampe

    Das DFDS Roro-Schiff Arc Germania bei der Übung Noble Jump 2023. Roro-Schiffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie hohe Aufbauten mit herunterfahrbaren Rampen haben.

    Bundeswehr/Susanne Hähnel
  • Ein Tanker und ein Schiff fahren auf hoher See

    Ein Tanker zeichnet sich durch niedrige Aufbauten und ein offenes Deck. Auch hier sind die Aufbauten hinten auf dem Schiff.

    Bundeswehr
  • Ein Kreuzfahrtschiff und ein Schiff der Marine fahren parallel auf hoher See

    Hier ist ein Kreuzfahrtschiff neben einer Fregatte. Kreuzfahrtschiffe zeichnen sich mit einem hohen Aufbau und mit einer Brücke vorne.

    Bundeswehr

Auch Menschen werden per Schiff transportiert. Passagierschiffe umfassen Fähren in vielen unterschiedlichen Größen, Kreuzfahrtschiffe oder Ausflugsschiffe. Ozeanriesen, die dem Passagierverkehr dienen, gibt es hingegen nicht mehr.

Zusätzlich können einige Schiffe eine Kombination aus Ladungen transportieren, wie zum Beispiel RoRo-Fähren, die sowohl Lkws wie auch Passagiere aufnehmen. Oder sie sind spezialisiert sind auf eine ganz bestimmte Ladung wie Flüssiggastanker.

Wie die Lage je nach Schiffstyp ist, wie groß die einzelnen Flottenumfänge sind, untersucht in Deutschland unter anderem das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISLInstitut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik). Aus globaler Sicht bietet die United Nations Conference on Trade and Development (UNCTADUnited Nations Conference on Trade and Development) Daten.

Was ist eine Handelsflotte?

Die Handelsflotte eines Landes besteht formell aus den Schiffen, die in dem Flaggenregister dieses eingetragen sind. Für Deutschland führt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSHBundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie) dieses Register. Es veröffentlicht jeden Monat, gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium und der Berufsgenossenschaft Verkehr, aktualisierte Listen zum Bestand der deutschen Handelsflotte auf der Website der deutschen Flaggenstaatsverwaltung.

Diese offizielle Statistik berücksichtigt Schiffe ab einer Größe beziehungsweise einer Bruttoraumzahl von 100. Die Daten sind in drei Kategorien eingeteilt und die deutsche Handelsflotte lässt sich somit unterschiedlich definieren.

Erstens gibt es die Schiffe, die rein unter deutscher Flagge fahren. Das ist der simpelste Fall.

Zweitens deutsche Schiffe, die befristet unter fremder Flagge fahren. In Deutschland kann ein Eigner sein Schiff befristet ausflaggen  und es bleibt dennoch im deutschen Schiffsregister. Ist dies der Fall, untersteht das Schiff dem Flaggenstaat und dessen Gesetzen. 

Drittens Schiffe, die zusätzlich zum Eintrag ins deutsche Flaggenregister auch im deutschen Internationalen Schifffahrtsregister (ISRInternationales Seeschifffahrtsregister) eingetragen sind. Das erlaubt die Bezahlung der Besatzung nach ihrem Herkunftsland. 

Die Handelsflotte eines Landes kann sich aus unterschiedlichen Gründen verändern. Schiffe kommen durch Ankauf oder Auslieferung eines Neubaus oder Wiedereinflaggung hinzu. Oder sie werden durch Ausflaggung, Verkauf, Unfälle bis hin zu Totalverlusten oder Verschrottung aus dem Schiffsregister des Landes entfernt.

Entwicklung der Handelsflotten

Deutsches und nicht-deutsches seemännisches Personal

Die Knappschaft Bahn und See (KBSKnappschaft Bahn und See) ist ein Verbund von Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung mit einem eigenen medizinischen Netz und einer Minijob-Zentrale für Seefahrerinnen und Seefahrer auf deutschen Schiffen.

Die KBSKnappschaft Bahn und See unterteil das seemännische Personal von sogenannten Kauffahrteischiffen, im Unterschied zur Fischerei, in die Berufsgruppen: Kapitäne und Offiziere, Deckspersonal, Maschinenpersonal, Gesamtschiffsbetriebspersonal, Wirtschaftspersonal in Küchen und als Bedienung sowie sonstiges Personal.

Deutsche Arbeitgeber müssen ihre Angestellten, die als seemännisches Personal gelten, bei der KBSKnappschaft Bahn und See melden. Diese Angaben füttern Statistiken zum seemännischen Personal. Sie geben zum Beispiel an, wie viel ausländisches und wie viel deutsches Personal auf deutschen Schiffen angestellt ist.

Autor: Marineschifffahrtleitung | E-Mail schreiben

Veröffentlicht am: 12.11.2024, zuletzt aktualisiert am: 17.06.2025
Ort: Hamburg
Lesedauer: 6 Minuten

Maritime Abhängigkeit

5. Gefahren auf See: Sicherer Seehandel

Die Sicherheit auf See ist nicht nur für die Schiffe und ihre Besatzungen essenziell, sondern auch für die Ladung und die Umwelt.

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