Coronahilfe in der Lehre

Coronahilfe in der Lehre

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
1 MIN

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Er war der „Koordinator der Coronahilfe“. Oberst i.G. Armin Schaus leitete von Berlin aus die Koordinierungsstelle für die Amtshilfe der Bundeswehr. Alle Anträge rund um die Corona-Pandemie landeten auf seinem Tisch. Mal musste ein Behandlungszentrum aufgebaut, ein anderes Mal Soldaten zur Unterstützung in Altenheime geschickt werden. Aber eigentlich hat Oberst i.G. Schaus eine ganz andere Aufgabe. Er lehrt Grundsätze zu Einsätzen der Bundeswehr im Innern an der Führungsakademie in Hamburg. Die Erkenntnisse, die er aus der Krisenzeit gewonnen hat, lässt er nun in den Unterricht einfließen und lehrt die Spitzenführungskräfte von morgen, was in einer solchen Situation zu tun ist.

7 Fragen an Oberst i.G. Armin Schaus

Porträtfoto Oberst i.G. Armin Schaus
Führungsakademie der Bundeswehr/Lene Bartel

Herr Oberst Schaus, was genau lehren Sie an der Führungsakademie der Bundeswehr und warum ist es wichtig für eine Führungskraft?

Porträtfoto Oberst i.G. Armin Schaus

An der Führungsakademie der Bundeswehr bin ich Leitdozent für „Nationale Operationsführung“ und vertrete mit meinem Dozenten die Aufgaben des Nationalen Territorialen Befehlshabers sowie des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in der Lehre. Die Aufgaben der Bundeswehr im Innern sind in der Laufbahnausbildung zwar nicht im Fokus, allerdings werden Dienststellenleiter oder deren Vertreter schnell außerhalb der Dienstzeiten angefragt, um in einer Krise, einem Unglückfall, einem Unfall oder vergleichbar zu helfen und zu unterstützen. Dies hat immer mediale Auswirkungen und der Einsatz im Innern hat hohe rechtliche Hürden – insbesondere wenn es um die Übernahme von hoheitlichen Zwangs- und Eingriffsbefugnissen geht. Aus meiner Sicht ist es gut, wenn wir unser Personal in allen Lehrgängen der Führungsakademie auf diese besondere Situation vorbereiten.

Werden Sie die Erkenntnisse aus der Coronahilfe in die Lehre einfließen lassen?

Porträtfoto Oberst i.G. Armin Schaus

Die Coronahilfe ist ein gutes Beispiel dafür, welche Rolle die Bundeswehr bei der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge spielen kann. Für mich ist es wichtig, dass wir diese aktuellen Entwicklungen in die Lehre einbringen. Hier nehmen wir uns auch die Freiheit als Akademie, aktuelle Themen zu diskutieren, die vielleicht noch nicht in Vorschriften abgebildet sind. Beim Lehrgang Generalstabsdienst-/Admiralstabsdienst National (LGANLehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst National) 2019 konnte ich ein paar Eindrücke direkt aus der Operationszentrale des Kommandos Territoriale Aufgaben während eines Webinars vermitteln – das Ganze war dann mit den Lehrdeputaten des Inspekteurs der Streitkräftebasis als Nationaler Territorialer Befehlshaber sowie des Kommandeurs Kommando Territorialen Aufgaben der Bundeswehr verbunden. Dieser Einblick in die Pandemie wäre anders nicht zu erreichen gewesen.

In der Krisenzeit haben Sie mehr als 500 Amtshilfeanträge erreicht. Wie haben Sie die Herausforderung gemeistert?

Porträtfoto Oberst i.G. Armin Schaus

Der Chef des Stabes des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr fragte mich, ob ich mir aufgrund meiner Vorkenntnisse und der Lehrtätigkeit an der Führungsakademie der Bundeswehr die Einsatzleitung vorstellen könnte. Nachdem die Führungsakademie mich für die Unterstützung freigestellt hatte, bin ich unverzüglich ins Kommando Territorialen Aufgaben nach Berlin gefahren.

Dort war ich in der COVID-Zelle der Operationszentrale tätig. Da die anstehenden Unterstützungsleistungen nicht zu bewältigen waren und mir der Kommandeur freie Hand in der Gestaltung der Operationszentrale gegeben hatte, habe ich als erstes das Personal aufgestockt. Mit Länderlageteams konnten wird die Ereignisse in den einzelnen Bundesländern verfolgen und die Unterstützungsleistungen erbringen. Über ein „Lageteam Bund“ und mithilfe einer breiten Verbindungsorganisation konnten wir die einzelnen Meldungen dann zu einem Gesamtlagebild in Deutschland zusammenführen. Hierdurch hatten wir klare Strukturen, die sich in vergangenen Einsätzen bereits bewährt hatten.

Das war für Sie nicht der erste Einsatz im Innern. Inwiefern hat sich die Coronahilfe von den anderen Einsätzen unterschieden?

Porträtfoto Oberst i.G. Armin Schaus

Das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, die dazugehörigen Landeskommandos und die territoriale Verbindungsorganisation haben eine breiten Erfahrungshorizont. Bei den Einsätzen im Innern ging es bisher im Schwerpunkt um Naturereignisse wie Waldbrände, Hochwasser oder Schneelagen. Deiche mussten geschützt oder Hubschrauber, die Lasten transportieren, koordiniert werden. Die Strukturen, die hierzu benötigt werden, sind fest etabliert.

Während Corona sahen die Anforderungen anders aus: So wurde zu Beginn medizinisches Fachpersonal, persönliche Schutzausstattung oder später Infrastruktur zum Einlagern von Material nachgefragt. Nachdem die erste Welle abgeebbt ist, ging es schwerpunktmäßig darum, Personal für die Gesundheitsämter bereitzustellen, um Infektionsketten nachverfolgen zu können. Damit hatten wir ganz andere Ansprechpartner sowohl in der Bundeswehr als auch bei zivilen Behörden, die um Amtshilfe ersucht haben. Rund 15.000 Soldatinnen und Soldaten und zivile Angehörige der Bundeswehr standen dem Nationalen Territorialen Befehlshaber und damit auch dem Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr zur Unterstützung unmittelbar bereit. Es wurden vier Regionale Führungsstäbe aus Heer, Luftwaffe und Marine eingerichtet. Somit konnten die Aufgaben untereinander geteilt und das Personal in der Operationszentrale reduziert werden.

Gleichgeblieben ist hingegen die sehr enge und kameradschaftliche Zusammenarbeit mit Ansprechpartnern im Verteidigungsministerium, im Kommando Streitkräftebasis, beim Sanitätsdienst oder den Regionalen Führungsstäben.

Was haben Sie persönlich aus dieser Krise gelernt?

Porträtfoto Oberst i.G. Armin Schaus

Ich habe aus der Krise gelernt, dass wir die gesamtstaatliche Sicherheitsvorsorge in allen Belangen ernsthaft diskutieren und weiter mit Leben füllen müssen. Die Grundlagen sind im Dokument „Konzeption Zivile Verteidigung“, das im Jahr 2016 herausgegeben wurde, gelegt.

In meiner Rolle als Führungsgehilfe habe ich die offene und auch kritische Beratung unseres Führungspersonals sehr geschätzt. Ich habe mich viel mit dem Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr ausgetauscht. Im Kommando wurden die neuen Aufgaben und Herausforderungen diskutiert und dabei Problemstellungen aus mehreren Perspektiven erörtert. Zuletzt hat der Kommandeur entschieden und wir haben die Entscheidung umgesetzt. Zudem habe ich gesehen, wie leistungsfähig unser Personal in einer Krise ist. Ich war beeindruckt, wie schnell und nachhaltig sich die Angehörigen der Operationszentrale, insbesondere auch das Verstärkungspersonal, persönlich mit der Aufgabe identifiziert und eingebracht haben. Wichtig dabei ist, dass dieses Personal geführt wird – das war dann auch meine wesentliche Leistung.

Was bedeutet für Sie Führen in der Krise?

Porträtfoto Oberst i.G. Armin Schaus

Führen in der Krise heißt für mich Initiative ergreifen, Verantwortung übernehmen – jeder auf seiner oder ihrer Ebene und sich um unser Personal kümmern. Wenn man sich dann noch an bewährte Verfahren und Strukturen hält, ist die Aufgabenerfüllung auch in der Krise machbar. Die Beratenden sollten offen und ehrlich informieren und so ihre Fachexpertise einbringen, um dem verantwortlichen Führungspersonal zielgerichtete Entscheidungen ermöglichen zu können.

Im Falle einer erneuten Krise - was würden Sie den zukünftigen Führungskräften an der Führungsakademie der Bundeswehr raten?

Porträtfoto Oberst i.G. Armin Schaus

Für mich steht im Vordergrund, dass wir das anwenden, was wir gelernt haben – sowohl fachlich als auch als militärische Führungskraft. Als Grundlage dient eine gute Vorbereitung, um den Auftrag zielgerichtet erfüllen zu können. Hektik und unüberlegtes Handeln sind in der Krise keine guten Begleiter – hier sollten die Führungskräfte den Druck herausnehmen und unser Personal ihre Arbeit machen lassen.


 

von Irina Henrich  E-Mail schreiben

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