NATO-Spitze besucht Führungsakademie

NATO-Spitze besucht Führungsakademie

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
4 MIN

Der Stellvertreter des NATO-Generalsekretärs, Botschafter Mircea Geoană, besuchte Ende Februar die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Vor den Teilnehmenden der Lehrgänge Generalstabs – und Admiralstabsdienst National und International sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der höchsten militärischen Ausbildungsstätte in Deutschland sprach der ehemalige Außenminister Rumäniens über aktuelle Themen der NATO. Er spannte einen breiten Bogen von den aktuellen Entwicklungen in Syrien und Afghanistan über die neuen militärischen Dimensionen Cyber und Weltraum bis hin zur Arktis und hybriden Bedrohungen. Danach stellte er sich den Fragen der jungen Offiziere.

Botschafter Geoana (Mitte), Vizeadmiral Rühle (rechts) und Brigadegeneral Holger Neumann

Der stellvertretende Generalsekretar der NATO,Botschafter Geoana (Mitte), der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Vizeadmiral Rühle (links) und Brigadegeneral Neumann , Direktor Ausbildung der Führungsakademie

Führungsakademie der Bundeswehr/Katharina Roggmann

Im Manfred-Wörner-Zentrum der Clausewitz-Kaserne wurde noch einen Tag vor der Veranstaltung NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erwartet. Er sollte vormittags die Führungsakademie besuchen und abends am traditionellen Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus teilnehmen. Doch dazu kam es nicht. Aufgrund der rasanten Entwicklungen in Syrien und der Tatsache, dass die Türkei den Artikel 4 des Nordatlantikvertrags, der Beratungen der NATO-Staaten vorsieht, eingefordert hatte, musste Stoltenberg in Brüssel bleiben.  Aus diesem Grundkam sein Stellvertreter, Botschafter Mircea Geoană. „Die Welt verändert sich schnell“, sagte er und sprach dann die Entwicklungen rund um die Türkei an, aber auch die rund um Afghanistan, wo zu diesem Zeitpunkt ein historisches Friedensabkommen zwischen den USA und den Taliban kurz bevorstand.

Begrüßung von Botschafter Mircea Goeana (links) im Manfred-Wörner-Zentrum in der Clausewitz-Kaserne

Botschafter Mircea Goeana (links) wird im Manfred-Wörner-Zentrum in der Clausewitz-Kaserne begrüßt

Führungsakademie der Bundeswehr/Katharina Roggmann

NATO – ein Friedensbündnis

Vor rund 500 Lehrgangsteilnehmenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Führungsakademie sagte Botschafter Geoană, dass das nordatlantische Bündnis in erster Linie ein Friedensbündnis sei. Gerade der Artikel 5 des Nordatlantikvertrags, die Bündnispflicht, sei ein starkes Bekenntnis zum Zusammenhalt. „Das gibt uns Sicherheit“, sagte er. Eine Milliarde Menschen leben dank der NATO in Sicherheit und können ihr Leben in Freiheit gestalten, so Geoană. Doch man dürfe die derzeitigen und künftigen Herausforderungen dabei nicht außer Acht lassen. Er nannte beispielsweise neue Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Hyperschallgleiter aber auch neue Operationsdimensionen wie den Weltraum und den Cyberraum. „Wir müssen agil bleiben und in alle Richtungen handlungsfähig sein“, so der stellvertretende Generalssekretär der NATO.

Er zeigte sich diesbezüglich aber auch zuversichtlich: Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim habe die NATO ihre schnelle Reaktionsfähigkeit massiv ausgebaut und zwei neue Kommandozentralen in Ulm als Unterstützungs- und Nachschubkommando und Norfolk für effiziente Truppentransporte über den Atlantik aufgebaut. Die Bestrebungen Europas, eine gemeinsame Verteidigungspolitik zu entwickeln, sah Geoană positiv. Wichtig sei es, dass Europa und NATO gemeinsam an Stabilität und Sicherheit in den NATO-Bündnisstaaten und innerhalb Europas arbeiten. Es dürfe zu keinem Wettbewerb kommen. Europa könne einen sehr wichtigen ergänzenden Beitrag leisten, indem es seine eigenen Fähigkeiten ausbaut und bündelt. Das USUnited States-Engagement in Europa bleibe weiterhin groß, wie die gerade laufende Übung Defender 2020 zeige. Nichtsdestotrotz müsse sich Europa noch mehr verpflichten. „Wir müssen in Europa noch mehr tun. Wir müssen das für unsere eigene Sicherheit tun“, sagte er. In diesem Zusammenhang begrüßte Botschafter Geoană das deutsche Engagement in der NATO, Deutschland sei schließlich in Afghanistan der zweitgrößte Truppensteller. Er sprach sich aber auch dafür aus, die Kostenlast gerechter zu verteilen.

Beim Pressestatement: stellvertretende Generalsekretär der NATO, Botschafter Mircea Geoana, und Vizeadmiral Joachim Rühle

Der stellvertretende Generalsekretär der NATO, Botschafter Mircea Geoana, und Vizeadmiral Joachim Rühle beim Pressestatement

Führungsakademie der Bundeswehr/Katharina Roggmann

Zusammenhalt für Frieden und Sicherheit

Die Teilnehmenden der Generalstabsdienstlehrgänge National und International hatten schließlich noch die Möglichkeit, dem stellvertretenden NATO-Generalsekretär Fragen zu stellen. Beispielsweise nach dem möglichen Friedensabkommen in Afghanistan zwischen den USA und den Taliban. Geoană sagte, dass Afghanistan in einigen Bereichen auf einem guten Weg zu mehr Stabilität sei. Das Friedensabkommen sei die beste Chance, die man bisher hatte, um das Land in die eigene Verantwortung zu überführen. Auch die Problematik rund um die Türkei interessierte die jungen Offiziere. Geoană betonte hier, dass die Türkei ein wichtiger Verbündeter sei. Unter Alliierten gebe es natürlich auch unterschiedliche Ansätze und Meinungen, das erfordere dann einen offenen Austausch – wie er genau zu diesem Zeitpunkt dann auch in Brüssel stattfand. Der Botschafter sagte auch, dass Generalsekretär Stoltenberg den Angriff auf die türkischen Soldaten verurteilt habe und um Deeskalation bemüht sei. Der Fall der Türkei, der zu dem Zeitpunkt in Brüssel bereits diskutiert wurde, sei hochkomplex. Die geopolitische Lage der Türkei, das sagte Botschafter Geoană sehr deutlich, ist für das Bündnis sehr wichtig.

Es  folgten Fragen zum Verhältnis zu China und auch zur Arktis. Geoană betonte, dass die NATO China nicht als Feind ansieht. Der NATO seien die Chancen durch eine engere Kooperation mit China durchaus bewusst, aber auch die Risiken. Zum Thema Arktis sagte er, dass die NATO an sich in der arktischen Region nicht aktiv sei. Allerdings seien einige Alliierte Mitglieder im Arktischen Rat. Es sei eine geopolitisch wichtige Region und die NATO beobachte die zunehmende Militarisierung am Nordpol genau. Auch der Cyberraum wurde zum Thema: Es sei durchaus denkbar, dass eine massive Cyberattacke den Bündnisfall nach Artikel 5 auslösen könne. Auch der Weltraum sei eine neue Dimension und die hybride Kriegsführung eine beachtliche Bedrohung. Darauf müsse man sich vorbereiten. „Die beste Investition in Frieden, Stabilität und Sicherheit ist eine glaubwürdige Verteidigung“, sagte der stellvertretende Generalsekretär der NATO. Die Soldaten hier und in der NATO setzten sich für den globalen Frieden ein, damit investiere man – so Geoană – in den Frieden der 29 bald 30 Mitgliedstaaten NATO.

von Victoria Eicker  E-Mail schreiben