Was ist für Sie das Besondere an der Rehabilitation am ZSportMedBw?
Das Reha-Konzept war und ist für die Einschränkungen, die ich habe, ein absoluter Gamechanger. In Warendorf hat sich so viel für mich verändert. So habe ich etwa dauerhaft Physiotherapie und Sport in meinen Alltag integriert. Das hatte ich vorher gar nicht. Ich dachte auch, dass dies nicht erforderlich wäre. Aber jetzt merke ich, dass das Älterwerden und auch die Grunderkrankung an sich Folgeschäden bedingen können. Mit diesen Schäden hat man als körperlich Beeinträchtigte nochmal mehr zu tun als normalerweise. Auch deshalb war diese Intensiv-Reha ein großer Gewinn für mich.
Wie haben Sie die erste Reha beim ZSportMedBw empfunden?
Die Reha am ZSportMedBw ist mit der Rehabilitierung im zivilen Bereich überhaupt nicht zu vergleichen. Das war für mich persönlich eine totale Bereicherung. In Warendorf gibt es eine persönliche physiotherapeutische Betreuung. Und die Therapeutinnen und Therapeuten sind im Umgang mit amputierten Patientinnen und Patienten geschult. Jeder wird individuell betrachtet, um herauszufinden, wo die persönlichen Defizite liegen, woran gearbeitet werden muss. Das kannte ich aus der zivilen Reha nicht, wo unheimlich viel im Gruppenrahmen gemacht wird. Was mir auch sehr gutgetan hat, war die intensive sportliche Betätigung in Warendorf. In meinem Alltag kommt das leider etwas zu kurz. Auch im kognitiven Bereich, wie etwa bei der Achtsamkeit, der Zeit für Selbstreflexion und der Änderung von Gewohnheiten, konnte ich von der Reha in Warendorf sehr profitieren.
Wie kam der Kontakt zum Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr zustande?
Dadurch, dass die Verletzung 2009 medizinisch durch die Berufsgenossenschaft versichert war, hatte ich erst relativ spät Kontakt zum Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr (ZSportMedBw). 2018 war ich erstmals auf dem Lehrgang „Soldat und Behinderung“, wo durch diverse Institutionen wie Sozialdienst, Rechtsberater und Schwerbehindertenvertretung die Rechte, Pflichten und auch Möglichkeiten zur Rehabilitation von schwerbehinderten Soldatinnen und Soldaten aufgezeigt wurden. Dort wurden auch das ZSportMedBw und die Sporttherapie vorgestellt. Da ich ja schon wieder voll im Leben stand, konnte ich mir eine Reha in Warendorf zu diesem Zeitpunkt nicht richtig vorstellen. Dennoch entschied ich mich für diesen Schritt und ließ mich dorthin überweisen.
Welche Unterstützung haben Sie auf Ihrem Weg erfahren?
Zuallererst durch meine Familie! Mein Mann hat mir von Anfang an gesagt, dass es wieder ein normales Leben geben und möglich sein wird. Er ist selbst Unfallchirurg und Orthopäde. Was das für uns alle bedeutet, das hat er, glaube ich, auch nicht gewusst, aber er hat mir immer versichert, dass es wieder gut werden wird. Auch meine Mutter hat uns unterstützt, obwohl sie ziemlich weit weg wohnt. Ganz oft, wenn wir sie brauchten, ist sie gekommen und hat uns geholfen.
Empfinden Sie sich mit Ihrer Einschränkung familiär oder beruflich manchmal als das schwache Glied in der Kette?
Ja, so habe ich mich gefühlt und im Prinzip ist das auch immer noch so. Ich weiß ganz genau, dass ich gewisse Dinge nicht mehr kann und nie wieder machen werde. Das ist aber ein Prozess, den man durchleben muss, ein Gedanke, auf den man irgendwann kommt: Es kann nicht das Ziel sein, wieder so zu werden wie vorher. Diese Tür ist geschlossen. Man muss die neue Tür durchschreiten und das auch wirklich wollen. Natürlich bin ich, wenn ich mich mit anderen Menschen vergleiche, körperlich nicht mehr so fähig wie vor dem Unfall.
Die wichtigen Dinge aber, wie das Kümmern um meine Kinder, waren körperlich kein Problem. Ich kann halt andere Dinge und dabei hilft mir auch mein Beruf. Schon früh war glücklicherweise klar, dass ich auch nach der Amputation meiner beruflichen Tätigkeit weiter nachgehen kann. Als Augenärztin muss ich viele spezielle Dinge können, für die aber meine körperlichen Defizite keine Rolle spielen. Das ist enorm wichtig für meine persönliche Wahrnehmung. So erfahre ich auch, dass ich eine gewisse Selbstwirksamkeit habe. Es gibt eben auch einige Dinge, die nur ich kann.