Luftwaffe

Das Fundament der Zukunft

Das Fundament der Zukunft

Datum:
Ort:
Bayern
Lesedauer:
6 MIN

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Die besonderen Beziehungen zwischen der deutschen und der israelischen Luftwaffe werden auf eine neue Ebene gehoben – es wird persönlich! Rund 60 Offiziere der israelischen Luftwaffe waren auf Einladung des Inspekteurs der Luftwaffe zu Gast in Deutschland.

Deutsch-israelischer Kragenanstecker an der Uniform eines Soldaten

Ein Symbol der multinationalen Freundschaft am Kragen der Uniform

Bundeswehr/Ralf Schmitt


Eine Mischung aus Anspannung und Vorfreude. So lässt sich die Stimmungslage aller Soldatinnen und Soldaten beschreiben, die lange an der Vorbereitung gearbeitet haben. Es wurden ganz besondere Gäste erwartet. Auf Einladung des Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, reisten rund 60 junge israelische Offiziere nach Deutschland.

Der Besuch der angehenden Kommandeure und Staffelkapitäne in Deutschland ist ein weiterer Schritt in die gemeinsame Zukunft der beiden Luftstreitkräfte. Denn im Gegensatz zu militärischen Hochwertübungen wie Blue Flag in der israelischen Negev-Wüste, an der sich die deutsche Luftwaffe im Oktober dieses Jahr erneut beteiligen wird, ist der Besuch der israelischen Offiziere in Deutschland eine persönliche  Begegnung. Das beschreibt auch Ingo Gerhartz, der Chef der deutschen Luftwaffe, bei seiner Ansprache während einer Abendveranstaltung in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen.

„Dass unsere Eurofighter gemeinsam mit den israelischen Kampfflugzeugen in der Negev-Wüste üben, ist wichtig für die Vernetzung von fliegenden Systemen. Aber bei unserer deutsch-israelischen Kooperation geht es um viel, viel mehr: Es geht um Menschen! Ich heiße Euch heute herzlich willkommen! Ich hoffe, dass so Freundschaften fürs Leben entstehen, denn darauf kommt es an. Ihr seid die Zukunft!“

  • Der Inspekteur der Luftwaffe steht hinter einem Mikrophon und hält eine Rede

    Generalleutnant Ingo Gerhartz bei seiner Ansprache bei einem Abendempfang. Zu Gast waren neben den israelischen und deutschen Offizieren auch Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft.

    Bundeswehr/Matthias Boehnke
  • Eine Gruppe von Personen lassen sich fotografieren

    Alexander Graf Lambsdorff, Abgeordneter des Deutschen Bundestages, repräsentierte als Vorsitzender die Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe. Die Gesichter der israelischen Offiziere müssen aus Sicherheitsgründen unkenntlich gemacht werden.

    Bundeswehr/Matthias Boehnke
  • Inspekteur der Luftwaffe mit 2 Vertretern

    Neben Uwe Becker (links), Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, begrüßte der Chef der Luftwaffe auch Zsolt Balla (rechts) – den ersten Militärrabbiner der Bundeswehr

    Bundeswehr/Matthias Boehnke

Begleitet werden die israelischen Freunde von rund 15 deutschen Offizieren, die in allen Bereichen der Luftwaffe eingesetzt sind. Und ohne etwas vorwegzunehmen, Generalleutnant Gerhartz sollte Recht behalten: Es sind Freundschaften unter den jungen Offizieren entstanden.

„Ich bin sprachlos“

Die Reise begann direkt mit einem Erlebnis, das sowohl die deutschen aber auch die israelischen Soldatinnen und Soldaten nicht so schnell vergessen werden. Mit dem brandneuen A350 „Kurt Schumacher“ der weißen Flotte der Flugbereitschaft ging es von Berlin nach Manching. Der Airbus, der erst vor wenigen Tagen die Abordnung um Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Israel und zurück nach Deutschland brachte, beeindruckte allein schon durch seine Größe und Ausstattung.
Dass aber wenige Minuten nach dem Start zwei Eurofighter am Fenster auftauchten und die deutsch- israelische Delegation begrüßten und per Ehreneskorte begleiteten, konnte sich selbst der ranghöchste israelische Gast nicht vorstellen.

Ein Eurofighter fliegt neben einer A350

Das Taktische Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg schickte sein Tafelsilber. Der „Bavarian Tiger“ begüßte die israelischen Gäste in dem A350 aus der Luft.

Bundeswehr


Der Oberst, dessen Namen aus Sicherheitsgründen öffentlich nicht genannt werden kann, schaute verblüfft aus dem Fenster und fotografierte das Schauspiel mit seinem Smartphone. „Ich bin sprachlos“, sagte er zum deutschen Delegationsleiter Oberst Manfred Jäger.

Ein israelischer Offizier filmt mit seinem Handy durch das Fenster des Flugzeuges

Der israelische Oberst und Delegationsleiter fotografierte staunend die Ehreneskorte durch die beiden deutschen Eurofighter

Bundeswehr/Stephan Jeglinski

Militärrabbiner beginnt seine Arbeit bei der Luftwaffe

Außerdem war ein weiterer ganz besonderer Gast mit an Bord des „Regierungsfliegers“. Zsolt Balla ist offiziell seit dem 21. Juni 2021 der erste Militärrabbiner in der Geschichte der Bundeswehr.
Es mag Zufall oder Schicksal sein, dass ihn sein erster „Auftrag“ zur Luftwaffe brachte, um jüdische, aber auch Soldaten anderen Glaubens auf dieser besonderen Reise zu begleiten. „Ich bin froh, dass ich mit meiner Arbeit jetzt beginnen kann und mit meiner ersten Amtshandlung die israelischen Luftwaffenoffiziere auf ihrer Reise begleiten darf. Ich möchte allen Soldaten der Bundeswehr den jüdischen Glauben näherbringen und so für Verständnis dafür werben“, erzählt Zsolt Balla während des Fluges, bevor auch er staunend aus dem Fenster auf die Eurofighter-Eskorte schaute.

Ein Rabbiner schaut durch das Flugzeugfenster

Das hat der 42-jährige Rabbiner bisher auch noch nicht erlebt: eine Ehreneskorte durch Neuburger Eurofighter

Bundeswehr/Stephan Jeglinski

Die Luftwaffe präsentiert sich ihren Gästen in Neuburg

Nach der Landung ging es für die gut 80-köpfige Abordnung weiter. Mit fünf Bussen besuchten die Soldaten das Taktische Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg. Hier stand das Militärische im Mittelpunkt. Zu sehen gab es unterschiedliche Flugzeugmuster der Luftwaffe. Darunter war natürlich der in Neuburg beheimatete Eurofighter, aber auch ein A400M, ein Tornado, ein CH53-Transporthubschrauber und ein H145M, die auf ihre israelischen Gäste warteten.

Oberst Gordon Schnitger, Kommodore des Geschwaders, begrüßte auch Militärrabbiner Balla und machte ihn gleich mit einer Tradition der Luftwaffe vertraut. Er überreichte ihm ein Patch (Aufnäher) – in dem Fall das Patch „60 Jahre Luftwaffengeschwader Neuburg“.

Zwei Personen halten ein Patch in die Kamera

Oberst und Kommodore Gordon Schnitger begrüßt Militärbundesrabbiner Zsolt Balla und überreicht ihm das Patch „60 Jahre Luftwaffengeschwader Neuburg“

Bundeswehr/Matthias Boehnke

Militärrabbiner Zsolt Balla hält Gebet in Dachau

Nach dem Besuch in Neuburg ging es weiter. Der nächste Programmpunkt sollte der emotionalste von allen werden. Gegen 15.30 Uhr durchfuhren die Reisebusse die Tore der KZ-Gedenkstätte Dachau. Der Ort, der zu Zeiten der Nazi-Gewaltherrschaft für so unvorstellbares Leid sorgte, verbindet die beiden Nationen untrennbar. Vor knapp einem Jahr schafften beide Länder im Rahmen der Luftwaffenübung „Blue Wings“ Historisches.

Im letzten Sommer flog eine Formation, bestehend aus deutschen und israelischen Kampfflugzeugen, am „Tal der Dunkelheit“ vorbei. Angeführt von den persönlich befreundeten Luftwaffenchefs Generalmajor Amikam Norkin und Generalleutnant Ingo Gerhartz zeigten beide Luftwaffen der Welt, dass Gräueltaten wie die der Nationalsozialisten nie wieder geschehen dürften und man Seite an Seite in die Zukunft fliege, ohne jemals die Vergangenheit zu vergessen.

Zwei Eurofighter und zwei Mehrzweck-Kampfflugzeuge fliegen an der Gedenkstätte Dachau vorbei.

Historischer Flug im Rahmen der Übung Blue Wings 2020: Eine deutsch-israelische Formation fliegt an der KZ-Gedenkstätte Dachau vorbei

Bundeswehr/Dr. Stefan Petersen


Die Freundschaft der beiden Luftwaffenchefs überträgt sich nun auch auf die jungen Offiziere. Gemeinsam begleiteten sie Führungen durch die Gedenkstätte. Sie stellten viele Fragen und es war ihnen anzumerken, dass dieser Ort eine besondere Wirkung auf sie ausübte.
Zum Abschluss hielten die Delegationsleiter und zwei israelische Soldaten kurze Reden vor  dem jüdischen Mahnmal. Militärbundesrabbiner Zsolt Balla hielt das Totengebet zu Gedenken der Opfer des Holocausts.

Der Militärbundesrabbiner Zsolt Balla steht am Mikrophon und spricht das Totengebet vor dem jüdischen Mahnmal

Militärbundesrabbiner Zsolt Balla spricht das Totengebet vor dem jüdischen Mahnmal. Mit seiner ersten Amtshandlung berührt er deutsche und israelische Soldaten zugleich.

Bundeswehr/Ralf Schmitt
Zwei Offiziere legen in der KZ-Gedenkstätte zwei Kränze nieder

Oberst Manfred Jäger (links) und der Oberst und Leiter der israelischen Abordnung legten im jüdischen Mahnmal in der KZ- Gedenkstätte Dachau zwei Kränze nieder

Bundeswehr/Ralf Schmitt


Mit der Kranzniederlegung der beiden Obersten und Delegationsleiter endete der Tag, der sowohl deutsche als auch die israelischen Kameraden tief bewegte und die besondere Freundschaft beider Luftwaffen noch weiter festigte.
Der neue Militärbundesrabbiner war durch den Tag zutiefst ergriffen. „Die Erfahrung war noch größer, als man erwarten konnte. Die Kameradschaft, Zusammenarbeit und Freundschaft der beiden Luftwaffen zu sehen. Den respektvollen Umgang mit der Vergangenheit, aber auch die fortschrittlichen Bewegungen in Richtung Zukunft. Das ist ein Privileg, dieses historische Ereignis aus erster Hand miterleben zu dürfen“, sagte Zsolt Balla kurz vor der Abreise.

So entstehen Freundschaften

Zwei Personen umarmen sich herzlich

Hauptmann Robert H. (rechts) bei der Verabschiedung eines neu gewonnenen israelischen Freundes

Bundeswehr


Generalleutnant Gerhartz hatte es während seiner Ansprache am ersten gemeinsamen Abend angekündigt. Es werden Freundschaften entstehen. Hauptmann Robert H. war einer der deutschen Offiziere, der die Woche mit den israelischen Gästen begleiten durfte. Für den Eurofighterpiloten war das Zusammenkommen mit den israelischen Kameraden sehr wertvoll. Aber hören Sie selbst:
 

Das Interview führte Oberstleutnant Thomas Meissner

Kein „Leb wohl“, sondern ein „Bis bald“

Weitere Programmpunkte für die deutsch-israelische Reisegruppe waren die Bayerische Staatskanzlei, die BMW-Welt in München und Airbus in Manching. Rechtzeitig vor dem heiligen Sabbat reisten die israelischen Offiziere am Donnerstag zurück in ihre Heimat Israel. Der israelische Oberst verabschiedete sich bei Oberst Manfred Jäger.

„Eins meiner Ziele war, dass unsere jungen Offiziere etwas fürs Leben lernen. Ganz gleich, ob Sie weiter Karriere beim Militär machen werden oder in zivilen Berufen ihren Weg finden. Wir können von der deutschen Luftwaffe sehr viel lernen. Denn wir sind verschieden. Wir haben verschiedene Kulturen und wir haben auch auf militärischer Ebene unterschiedliche Verfahren. Und das ist gut, denn wenn alle gleich sind, kann man nicht voneinander lernen. Aber trotzdem teilen wir die gleichen Werte“.

Zwei Personen reichen sich herzlich die Hand

Der israelische Delegationsleiter (rechts) verabschiedet sich von Oberst Manfred Jäger und überreicht ihm ein Bild, das den Überflug von F-16 Kampfflugzeugen über Jerusalem zeigt

Bundeswehr


Dass 76 Jahre nach der Shoa, dem Holocaust, eine so enge Bindung entstehen konnte, hat für den israelischen Oberst eine einfache Begründung: „Wie die deutsche Bevölkerung mit der Geschichte umgeht und die Verantwortung übernommen hat und noch übernimmt, ist unglaublich beeindruckend. Nur so können wir heute hier zusammen stehen“.

Es geht jetzt erst richtig los

Es ist nicht das Ende, sondern der Anfang einer gemeinsamen Reise. Weitere Projekte zwischen der israelischen und der deutschen Luftwaffe sind bereits geplant. Deutsche Soldaten werden in nächster Zeit gemeinsam mit ihren Familien nach Israel reisen und dort von ihren Freunden der israelischen Luftwaffe empfangen werden. Im nächsten Jahr wird es außerdem einen offiziellen Empfang an der Unteroffizierschule der Luftwaffe geben, an dem das dortige Lehrgebäude nach Karl Laabs benannt wird. Karl Laabs war Feldwebel der Wehrmacht und rettete 1943 Hunderten Juden das Leben. Dafür werden israelische Unteroffiziere zu Gast in Deutschland sein. Aber als nächstes steht Blue Flag an, eine multinationale Luftwaffenübung im Oktober 2021 in der israelischen Negev-Wüste.

Was die beiden Luftwaffenchefs letztes Jahr bei Blue Wings als Fundament begonnen haben, führen die jungen Offiziere nun weiter. Denn sie sind die Zukunft!

von Stephan Jeglinski

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