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Ende des Tornados – Warum der Kampfjet sein Pensionsalter erreicht hat

Ende des Tornados – Warum der Kampfjet sein Pensionsalter erreicht hat

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
3 MIN

Noch fliegt er, der Tornado. Aber 40 Jahre ist eine lange Zeit – für ein Kampfflugzeug sogar eine sehr lange Zeit. Kampfjets sind Hochtechnologieträger. Nur wenn man dem Gegner technisch überlegen ist, hat man im Ernstfall die besseren Karten.

Ein Soldat weist einen Tornadopiloten ein

Fast 50 Jahre nach seiner Einführung 1981 wird der Tornado 2030 in den wohlverdienten Ruhestand gehen

Bundeswehr/Falk Bärwald

Der Tornado war der technologische Spitzenreiter seiner Zeit. Ursprünglich war die Lebensdauer der neuen Jets auf 20 Jahre und 4.000 Flugstunden ausgelegt und begrenzt. Noch in den 1990er Jahren haben die europäischen Nutzernationen ein Entwicklungsprogramm gestartet, um die Zulassung auf 8.000 Flugstunden zu erweitern. Da sich aber nunmehr auch die doppelte Anzahl an Stunden dem Ende zu neigen, werden alle europäischen Tornados bis 2030 stillgelegt. 

Vor 40 Jahren hieß es: Willkommen Tornado

Der Erstflug des Tornados fand am 14. August 1974 in Manching statt. Sechs Jahre später wurde der erste dieser Kampfjets an das Tri-National Tornado Training Establishment (TTTE) in Cottesmore, Großbritannien, für die Ausbildung der Luftfahrzeugbesatzungen ausgeliefert. Die ersten deutschen Tornados bekam 1981 zunächst die Marine. 1992 endete die Beschaffung mit der Auslieferung der letzten Electronic Combat and Reconnaissance-Version (ECRElectronic Combat Reconnaissance) an die Luftwaffe. Immer wieder wurde er in der Rolle des Elektronischen Kampfes, der Aufklärung sowie im Kampf gegen bodengebundene Flugabwehrsysteme im Auslandseinsatz geflogen.

Sechs Tornados stehen in einer Reihe und werden auf den Start vorbereitet.

Vor genau 40 Jahren wurden die ersten Tornados an die Bundeswehr ausgeliefert – seither sind sie unzählige Einsätze geflogen: zum Beispiel im Luftraum über dem Kosovo 1995.

Bundeswehr/Dietmar Modes
Ein Portrait eines Tornadopiloten während des Fluges.

40 Jahre enorme Leistungsfähigkeit zollt ihren Tribut – Ersatzteile werden dringend benötigt, aber die Hersteller fehlen

Bundeswehr/Marcus Rott

Auf der Zielgeraden der Lebensdauer

Der letzte Einsatz des Tornados bei Counter DAESH hat außerdem deutlich werden lassen, dass der Tornado trotz seiner in der Vergangenheit immer wieder unter Beweis gestellten Leistungsfähigkeit, auf der Zielgeraden seiner Lebensdauer angekommen ist. Absehbar stößt das Flugzeug hinsichtlich der Auftragserfüllung, Einsatzfähigkeit, Einsatzbereitschaft und Wirtschaftlichkeit an Grenzen.

Trotz einzelner Modernisierungen handelt es sich im Kern um Luftfahrzeuge eines vergangenen Technikzeitalters. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Bordcomputer und der Elektronik, für die einige Teile schlichtweg nicht mehr verfügbar sind. Fast 30 Jahre nach Abschluss der Auslieferungen haben sich viele der ursprünglichen Herstellerfirmen längst aus dem Tornado-Programm zurückgezogen und stellen demnach auch keine Ersatzteile mehr her.

Tornado als Träger deutscher NATO Verpflichtungen

Die Welt befindet sich in stetem Wandel. Sich ändernde sicherheitspolitische Lagen sorgen dafür, dass sich Streitkräfte weiterentwickeln und an die geänderten politischen Anforderungen anpassen müssen – das betrifft nicht nur Einsatzverfahren und Personal, sondern ganz besonders die Ausrüstung.

Deutschland hat als NATO-Mitglied Verpflichtungen und Fähigkeiten vertraglich zugesichert, die auch die Tornados betreffen. Dabei geht es im Kern um die nukleare Teilhabe Deutschlands. Eben diese Fähigkeiten aufrechtzuerhalten, gestaltet sich Jahr für Jahr schwieriger, wenn zusätzlich die Ressourcen zur Instandsetzung schwinden.

Das Material ermüdet – nach 30 Jahren wird es schwach

Ungeachtet der festgelegten Aussonderung des Tornados in etwa neun Jahren sind bereits jetzt zahlreiche Maßnahmen an den Flugzeugen fällig. Die Störanfälligkeit und der Instandhaltungsaufwand steigen mit zunehmendem Alter enorm. So treten nach einer so langen Nutzungszeit und den hohen Belastungen inzwischen Materialermüdungen auf. Es entstehen beispielsweise Risse im Rumpf des Jets, die nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand behoben werden könnten. Hier geht es um die Sicherheit und die lässt keine Kompromisse zu.

  • Ein Tornado steht mit aufgeklappten Türen in einem Museum

    Bis 2030 werden alle derzeit noch fliegenden Tornados in Europa ausgesondert – auf einige von ihnen wartet ein neues Leben als Exponat

    Bundeswehr/Jonas Weber
  • Ein Tornado von der Seite beim Abwurf gebremster Bomben.

    Nicht nur die Instandsetzung wird schwieriger – auch die Anforderungen der NATO an ein Kampfflugzeug seiner Bündnispartner höher

    Bundeswehr/Marcus Rott
  • Ein Techniker schaut sich ein Kabel in einem Tornado an

    Die Reparaturen die aufgrund der langen Nutzungsdauer des Tornados anfallen sind mittlerweile unverhältnismäßig hoch

    Bundeswehr/Falk Bärwald
  • Eine Luft zu Luft-Aufnahme aus dem Cockpit eines Tornados auf den A400M während des Betankungsvorgangs

    Die lange Nutzungsdauer des Kampfjets verlängert mittlerweile auch die Dauer seiner notwenigen Inspektionen. Eine davon kann bis zu eineinhalb Jahren dauern – viel zu lang für eine effiziente Nutzung.

    Bundeswehr/PAO Counter Daesh

Weitere Risse sind beispielsweise immer wieder im Luftbetankungsausleger (LBA) aufgefallen. Von über 50 untersuchten Auslegern, waren weniger als 15 nutzbar.

Eine Inspektion – ein Ausfall von bis zu eineinhalb Jahren

Auch die Dauer der Inspektionen und Reparaturen hat sich in den letzten Jahren deutlich verlängert: eine größere Inspektion dauert heute bis zu eineinhalb Jahre. Während dieser Zeit fehlen die Tornados für den Flugbetrieb und für Einsätze. In der Nutzungsrate, also der Anzahl der Flugstunden eines Tornados pro Jahr, zeigt sich das Fehlen der Flugzeuge drastisch.

Besonders kritisch wird die Lage ab etwa 2025, wenn Deutschland nach Außerdienststellung des Tornados in Italien und Saudi-Arabien alleiniger Nutzer sein wird. Dann ist mit einer erheblichen Verschärfung beim „Supplier Sustainment“ zu rechnen – also den Lebenserhaltungsmaßnahmen für das Flugzeug. Von Lieferengpässen bis hin zu möglicherweise nicht mehr zu kompensierenden Ausfällen von Herstellern und Wartungspersonal. Daher haben alle anderen Nationen ihre Tornado-Flotten bereits außer Dienst gestellt oder aber längst über eine Nachfolge entschieden.

Ein Tornado betankt einen Eurofighter während eines Fluges

Auch, wenn der Tornado über viele Fähigkeiten verfügt, kann er sich gegenüber seiner jüngeren und moderneren Konkurrenz nicht mehr durchsetzen

Bundeswehr/Stefan Petersen

Der Tornado macht Platz für die jüngere Generation

Selbst wenn man mit viel Geld versuchen würde, alle Teile auszuwechseln, die das Leben des Tornados über 2030 hinaus verlängern könnten, würde dies an dem veralteten Technologiestand des Jets nichts ändern. Nach über 40 Jahren erfolgreichem Einsatz ist eine weitere Nutzung weder wirtschaftlich, noch kann sich der Tornado gegenüber seiner jüngeren Konkurrenz durchsetzen.

von Presse und Informationszentrum der Luftwaffe

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