"Kompromisslose Klarheit in Wort und Tat"

"Kompromisslose Klarheit in Wort und Tat"

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
5 MIN

Ende einer wegweisenden Ausbildung – Startschuss für den nächsten Karriereschritt: Die Führungsakademie der Bundeswehr hat jetzt den Lehrgang General- und Admiralstabsdienst National 2019 verabschiedet. Die feierliche Übergabe der Teilnahmeurkunden nahm der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, persönlich vor.

Mit Maske und Abstand: Die Führungsakademie hat jetzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Lehrgangs verabschiedet.

Mit Maske, Abstand und Konzept: Der feierliche Abschluss des Lehrgangs General- und Admiralstabsdienst 2019 fand im Gneisenau-Saal der Führungsakademie statt

Führungsakademie der Bundeswehr/Katharina Roggmann

Den Festakt in der Clausewitz-Kaserne in Hamburg verfolgten Angehörige, Verteidigungsattachés und der Kommandeur der 10. Panzerdivision, Generalmajor Ruprecht von Butler. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Lehrgangs General- und Admiralstabsdienst (LGAN) 2019 wechseln nun in Verbände, Ämter oder Stäbe, in das Bundesministerium der Verteidigung oder internationale Verwendungen. Für die dortigen Aufgaben seien sie „top vorbereitet“, hob General Zorn hervor. „Ich schätze das sehr, wie Sie ausgebildet worden sind.“ Im Bereich digitales Lernen habe die Führungsakademie „Meilensteine gesetzt“. Den angehenden Spitzenkräften gab der Generalinspekteur mit auf den Weg: „Stellen Sie sich der Herausforderung, das Führen wie auch das militärische Handwerk zu beherrschen. Und vor allem: Bleiben Sie immer nah an der Truppe!“

Trotz coronabedingter Einschränkungen und Widrigkeiten: Die Ziele bei den beiden Ausbildungssäulen Methodenkompetenz und Persönlichkeitsentwicklung seien voll erreicht, betonte Generalmajor Oliver Kohl, Kommandeur der Führungsakademie. In puncto Systemverständnis, der dritten Säule, habe man zwar Abstriche machen müssen, da die Pandemie unter anderem zum Ausfall von Reisen geführt hatte. Das ändere jedoch nichts daran, dass die künftigen General- und Admiralstabsoffiziere gerüstet seien für das Kommende:

„Der Lehrgang hat exzellente Arbeit geleistet“,

sagte Generalmajor Kohl. Von den Absolventinnen und Absolventen des LGAN wünschte er sich „kompromisslose Klarheit in Wort und Tat“. Kritik zu üben und auszuhalten, zeichne einen militärischen Führer, Berater und Gestalter ebenso aus wie der Wille, auch unbequeme Entscheidung mitzutragen. Denn: Ohne Loyalität bleibe der Mut zum Diskurs fruchtlos.

Bekam eine Auszeichnung und Beifall: Korvettenkapitän Florian Vosgerau, der beste nationale Lehrgangsteilnehmer.

Ausgezeichnet: Korvettenkapitän Florian Vosgerau, bester nationaler Teilnehmer des LGAN 2019. Ihm überreichte der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, den General-Heusinger-Preis – in Würdigung von Haltung und Leistung.

Führungsakademie der Bundeswehr/Katharina Roggmann


Beifall bekamen die Preisträger des LGAN 2019. Den General-Heusinger-Preis für den besten nationalen Lehrgangsteilnehmer verlieh General Zorn an Korvettenkapitän Florian Vosgerau. Der angehende Admiralstabsoffizier, so die Laudatio, steche durch Haltung und Leistung hervor – und verkörpere zudem, was General Adolf Heusinger 1960 in einer Rede an der Führungsakademie eingefordert hatte: „Arbeit, Verstand und Kenntnis allein tun es nicht. Das Herz gehört dazu.“ Den Dr.-Manfred-Wörner-Preis für den besten internationalen Lehrgangsteilnehmer überreichte Generalmajor Kohl an Major Daniel Laurence Krause-Harder Calthorpe. Der Offizier aus Großbritannien habe engagiert, zupackend, führungsstark und immer hilfsbereit zum Erfolg des Lehrgangs beigetragen, hieß es in der Würdigung.

Den Zukunftspreis der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik übergab deren Vorsitzender, Generalmajor a.D. Wolfgang Döring, an Oberstleutnant Florian Scholz und Major Kim Dierks. Die beiden Luftwaffenoffiziere hatten mit ihrer Projektarbeit zu extrem schnell fliegenden Waffensystemen überzeugt, der Titel lautete „Paradigmenwechsel durch Hypersonic Weapon Systems? Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Kontext einer neuen Bedrohung“. Ebenfalls an Offiziere der Luftwaffe ging der General-von-Clausewitz-Preis. Ihn händigte Generalleutnant a.D. Carsten Jacobson, Präsident der Clausewitz-Gesellschaft, an die Majore Christian Hauck, Tom Nestler, Christoph Rumlow und Stephan Tzschoppe aus; sie hatten die Tagung „30 Jahre Armee der Einheit“ organisiert und dafür renommierte Wissenschaftler sowie hochkarätige Zeitzeugen gewonnen. „Politische Bildung at its best!“, lobte der Mentor dieser Projektarbeit, Oberst i.G. Professor Dr. Matthias Rogg, Vorstand des German Institute for Defence and Strategic Studies.

Der beste internationale Lehrgangsteilnehmer (rechts): Major Daniel Laurence Krause-Harder Calthorpe aus Großbritannien

Well done: Major Daniel Laurence Krause-Harder Calthorpe aus Großbritannien erhielt als bester internationaler Lehrgangsteilnehmer den Dr.-Manfred-Wörner-Preis. Die Übergabe nahm Generalmajor Oliver Kohl vor.

Führungsakademie der Bundeswehr/Katharina Roggmann

Den LGAN 2019 haben 107 Berufsoffiziere aus 13 Nationen und eine zivile Führungskraft durchlaufen, gegliedert in sechs Hörsäle. Um sie auszubilden, haben die Dozenten insgesamt 53000 Stunden aufgewendet. Ziel des anspruchsvollsten Lehrgangs der Führungsakademie: der breit gebildete militärische Führer und Berater auf taktischer, operativer und strategischer Ebene. Nach Abschluss des zwei Jahre dauernden Lehrgangs folgen Verwendungen in den Streitkräften, im politischen Umfeld, in EUEuropäische Union, NATO oder UNUnited Nations. Zum Beispiel wechselt Oberstleutnant Matthias Weimer, Vertrauensperson des LGAN 2019, zum Joint Support and Enabling Command, einem NATO-Kommando in Ulm. An der Akademie hat ihn besonders geprägt, „in nicht planbaren Situationen flexibel zu reagieren und Lösungen zu erarbeiten“. Jetzt gehe es an die Umsetzung in der Praxis.

Nach dem Festakt im Gneisenau-Saal verabschiedete sich der Lehrgang bei Sekt und Orangensaft. Am Rande dieses Empfangs nahm sich Korvettenkapitän Boris Melching (LGAN 2019) Zeit für ein Kurzinterview mit unserer Redaktion.

Jeder Offizier des LGAN 2019, hier Korvettenkapitän Boris Melching, erhielt zur Erinnerung eine Urkunde

Bleibende Erinnerung: Jeder Offizier des LGAN 2019, hier Korvettenkapitän Boris Melching, erhielt aus den Händen des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, seine Teilnahmeurkunde

Führungsakademie der Bundeswehr/Katharina Roggmann

Ihre Kameradinnen und Kameraden sagen sich Lebewohl, die letzten Minuten des Lehrgangs laufen. Wie fühlen Sie sich?

Den heutigen Tag sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich freue mich auf meine neue Verwendung und die Möglichkeit, das Gelernte anzuwenden. Andererseits fällt der Abschied von den Kameradinnen und Kameraden nicht leicht. Aber wir bleiben in Kontakt. Dieses Netzwerk, davon haben uns viele Ehemalige berichtet, trägt ein Leben lang, unterstützt mit Rat und Tat. Das ist auch ein Grund, warum ich vor der anstehenden Aufgabe keine Angst habe. Daneben hilft sicherlich, dass unser Lehrgang in Sachen Persönlichkeitsentwicklung viel gelernt hat. Auch coronabedingt. So mussten wir uns während des Aufwuchses der digitalen Ausbildungsakademie stärker selbst organisieren und mehr mitgestalten als andere Lehrgänge.

Hinter Ihnen liegen zwei Jahre fordernder Ausbildung. Welcher Inhalt, welche Methode oder Übung hat Sie besonders beeindruckt?

Da lässt sich kein einzelner Punkt herausstellen. Unser Lehrgang hat zwei Jahre gedauert, gut 730 Tage. Das sind 730 Puzzleteile. Jedes für sich ist einzigartig; nur zusammen ergeben Sie ein Gesamtbild. Wenn ich aber unbedingt etwas nennen müsste – es wäre die Expertise meiner Lehrgangskameradinnen und -kameraden. Bei der Erarbeitung von Lösungen waren sie meine schärfsten Widersacher und besten Berater zugleich. Von den Offizieren aus anderen NATO- und EUEuropäische Union-Staaten durfte ich etwa lernen, wie unterschiedlich unsere Sicht der Dinge sein kann. Man muss den Globus nur ein wenig drehen, schon stellt sich vieles ganz anders dar.

Wohin gehen Sie nun?

Zum Seebataillon, als stellvertretender Kommandeur und S3-Stabsoffizier in Eckernförde. Weil dieser Verband ein breites Spektrum militärischer Fähigkeiten abdeckt, ist er so etwas wie das Multitool der Marine. Dort Verantwortung übernehmen zu dürfen, ist eine Traum- und meine Wunschverwendung. Auch, weil ich morgens am Strand entlang zum Dienst fahren kann (lacht). Aber im Ernst, für mich als Minentaucher passt alles zusammen: Zum Bataillon gehört die Minentaucherkompanie der Bundeswehr, sodass ich meinen Fähigkeitserhalt besser als anderswo sicherstellen kann. Und tauchfähig zu bleiben, ist für mich ein Ansporn – schließlich will ich meinen Soldaten nichts abverlangen, was ich selbst nicht leisten kann.

Was haben Sie sich als erste Amtshandlung vorgenommen?

Zuhören.

von Mario Assmann  E-Mail schreiben

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