Soldatinnen und Soldaten im Einsatz gegen das Vergessen
Soldatinnen und Soldaten im Einsatz gegen das Vergessen
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
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Sie graben Wurzeln aus, fällen kleinere Bäume und befreien Gräber von Bewuchs: Insgesamt 30 Soldatinnen und Soldaten von der Führungsakademie der Bundeswehr und dem Bundeswehrkrankenhaus Hamburg unterstützen einen Vormittag lang den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Ihr Einsatzort ist der Jüdische Friedhof Ilandkoppel in Hamburg.
Die vielen Grabsteine und Stelen mit schier langen Namenslisten zeugen unter anderem von unendlichem Leid des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Genau an jenem Ort sind die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. „Ich finde es wichtig, den verstorbenen Personen den nötigen Respekt zu zollen“, sagt Bootsmann Erik W. Der 24-Jährige hat sich freiwillig für den Pflegeeinsatz auf dem Friedhof gemeldet. Genauso wie Leutnant Victoria K. Es ist nicht ihr erster Arbeitseinsatz für die Kriegsgräberfürsorge. Denn bereits im vergangenen Jahr unterstützte sie 14 Tage lang auf dem holländischen Soldatenfriedhof in Ysselsteyn.
„Für mich stand nach dem Einsatz fest, dass das definitiv nicht der letzte sein wird. Die Eindrücke haben mich teils sehr nachdenklich gestimmt und auch das Bewusstsein geweckt, wie wichtig es ist, dass diese freiwilligen Einsätze von Soldaten durchgeführt werden“, sagt sie.
Erster Kontakt mit dem Judentum
Das fanden auch die Jüdische Gemeinde Hamburg, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge aus Hamburg und das Landeskommando Hamburg als sie sich im November 2020 auf eine Kooperation verständigten. Das Ziel: Soldatinnen und Soldaten aus der Hansestadt pflegen das Areal und lernen gleichzeitig bei einer Politischen Bildung mehr über die Zeit des Nationalsozialismus oder des Judentums. Mit dem Hamburger Antisemitismus-Beauftragten Stefan Hensel sprachen die Soldaten zudem über Antisemitismus im Alltag.
Acht Pflegeeinsätze wurden im vergangenen Jahr durchgeführt. „Für viele der jungen Militärangehörigen war es der erste direkte Kontakt mit dem Judentum. Es kam zu vielen guten Gesprächen, an denen sich auch Rabbiner der jüdischen Gemeinde beteiligten“, heißt es vom Volksbund.
Pflegeinsatz und Politische Bildung
Auch für Leutnant Victoria K. trifft dies zu: „Mir sind die Religion und einige Bräuche und Traditionen bekannt, da mein Vater früher viel in der Welt unterwegs war und ihm wichtig war, dass ich grundlegende Kenntnisse habe. Aber ich würde diesen Einsatz auf dem Friedhof tatsächlich als ersten Kontakt mit dem Judentum bezeichnen“, so Leutnant Victoria K. Bootsmann Erik W. hatte in der Schule einen jüdischen Klassenkameraden. „Der hat uns etwas über deren Kultur erzählt. Sonst hatte ich bis jetzt kaum Berührungspunkte mit dem Judentum“, sagt er. Das ändert sich nach dem Pflegeinsatz: Denn dann erfahren die Helferinnen und Helfer mehr über die Historie des Jüdischen Friedhofs, der bereits im Jahr 1883 eröffnet worden war, und stärken sich bei israelischen Speisen.
„Es ist ein Projekt, nicht nur für den Moment, sondern auf Jahre ausgelegt“, resümiert der Volksbund und blickt bereits dem nächsten Pflegeeinsatz entgegen – einem erneuten Einsatz gegen das Vergessen.