„Ich schwöre treu zu dienen“

„Ich schwöre treu zu dienen“

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„Ich schwöre treu zu dienen“
Eid und Schwur bei der Bundeswehr
Von Michael Franke.

Donnerstag 08. Juli 2003. „Der Panzerschütze Eckert, schließt noch seinen Jackenknopf. Panzerschütze Schneider, ihren Langbinder noch einmal richten.“ Der Leutnant geht an uns vorbei, mustert uns. Zu zehnt stehen wir Offizieranwärter auf dem Gang vor dem Büro unseres Kommandeurs. Der Leutnant klopft an.

Im Kopf bin ich bei dem Satz, den ich gleich sagen soll, nein will. „Ich schwöre der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen, und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.“ Paragraf 9 Absatz 1 im Soldatengesetz. Der Eid, den wir Zeit- und Berufssoldaten ablegen müssen. Wir schwören, während die Wehrdienstleistenden „nur„ geloben. Unser Tag dafür ist heute. Kein Appell auf dem Sportplatz, keine Eltern die zuschauen, keine Offiziellen und keine Reden, nur das Radio aus dem Büro der Vorzimmerdame dudelt, alter Kaffeedunst vom Vortag kommt uns entgegen, als die Tür aufgeht.  

Angespannte Stille. Wir waren alle ganz ruhig heute früh, als wir zum Stabsgebäude marschierten. Kein heiteres Frotzeln wie sonst, kein Murren von mir, auch wenn der Friedrich mir natürlich wieder in die Hacken gelatscht ist. Was bedeutet das für mich? Die Fragen, die mich bewegen, seit ich mich für die Bewerbung bei der Bundeswehr entschieden habe, steigen in mir auf.

Der Eid soll uns an die Normen und Werte des Grundgesetzes binden, unser Selbstverständnis für den Verteidigungsauftrag stärken: Deutschland zu verteidigen! Was das heißen sollte, ist mir besonders klargeworden, als Mitte Juni 2003 vier deutsche Soldaten bei einem Sprengstoffattentat in Afghanistan fielen.
Es sind die ersten Toten, die die Bundeswehr in diesem Einsatz zu beklagen hat. Die Nachricht erreicht uns inmitten der Abiturfeierlichkeiten, wenige Wochen bevor wir hier in Wolfhagen eingezogen werden sollen.

Offizier wolle ich nicht nur werden, um hier kostenfrei zu studieren und 12 Jahre sicher zu verdienen.

Tapfer sein, Menschen führen, Verantwortung tragen, für etwas, für die Sache, für Deutschland da sein. Mir sind meine Rechte und Pflichten bewusst, ich fühle mich diesem Land verpflichtet.

Dass ich später 2011 selbst in den Einsatz nach Afghanistan gehen sollte, wusste ich damals natürlich nicht. Für mich war eins klar: Ich würde meinen Eid auch fern der Heimat erfüllen!

Und trotzdem. Wie würde es sein im Einsatz? Weit weg von zuhause? Wie würde ich verkraften, was alles auf mich wartete? Im nächsten Sommer schon sollte ich selbst Gruppen- später Zugführer werden!

Dieselben Ringe unter den Augen wie der Hauptmann, wenn er uns Freitag ins Wochenende verabschiedete. Letztlich: Wie würden die Jungs und Mädels, die ich führen sollte, auf mich reagieren? Konnte ich, Michael Franke, überhaupt führen?

Über diese Fragen sprachen wir oft in der Familie und, wenn wir in diesem Sommer abends nach der Ausbildung erschöpft am Twistesee lagen.

Ein bisschen mulmig ist mir schon, als wir jetzt im Halbkreis um unseren Kommandeur herumstehen.

Ich reibe die Schuhspitze meiner Halbschuhe an meiner Wade. Blitzblank geputzte Schuhe. „Nehmen Sie Grundstellung ein.“ Die Anspannung ist da und es ist ein wenig feierlich trotz des Kaffeedunstes. Auch das Radio ist aus, immerhin. Nur kein Verhaspeln jetzt: Ich kann diesen Satz sagen und ich werde diesen Eid nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen, so wahr mir Gott helfe.


von Major Michael Franke

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