Bundeswehr an USUnited States-System Typhon interessiert
Bundeswehr an USUnited States-System Typhon interessiert
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Deutschland hat Interesse am Kauf des USUnited States-Waffensystems Typhon und eine Voranfrage an die USA gestellt. Eine Beschaffungsentscheidung ist damit nicht verbunden. Das gab Verteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem Besuch in Washington am 14. Juli 2025 bekannt. Doch was genau ist Typhon und warum hat die Bundeswehr Interesse an einem weitreichenden Waffensystem?
Beim USUnited States-System Typhon handelt es sich um eine mobile Abschussplattform, von der aus verschiedene Flugkörper abgefeuert werden können. Die Werfereinheit basiert auf dem Senkrecht-Startsystem VLS Mk41, das bereits auf den Fregatten der „Sachsen“-Klasse und der „Brandenburg“-Klasse der Marine eingerüstet ist. Vier Senkrecht-Startzellen sind in einer Werfereinheit zusammengefasst, die die Größe eines Standard-Zwölf-Meter-Containers hat. Dadurch lässt sich das System auf einem Sattelauflieger unterbringen und kann problemlos mit dem LKW transportiert werden. Mehrere Werfereinheiten in Kombination mit einem Feuerleitstand bilden den Kern eines Typhon-Systems.
Das Besondere an Typhon: Das Waffensystem kann weitreichende konventionelle – also nicht nuklear bestückte – Lenkflugkörper verschießen, beispielsweise vom Typ Tomahawk oder Standard Missile 6 (SM6Standard Missile 6). Mit einer Reichweite von etwa 2.000 Kilometern übertrifft der Tomahawk dabei alle derzeit in Europa zur Verfügung stehenden Systeme. Gegenwärtig ist die Bundeswehr im Bereich der weitreichenden Waffen allein auf den Marschflugkörper Taurus angewiesen, dessen Reichweite aber deutlich geringer ist. Mittelstreckenraketen, also Flugkörper, die ihr Ziel in einer ballistischen Kurve anfliegen, werden nicht durch Typhon verschossen.
Präzision und Reichweite schrecken ab
Militärisch-fachmännisch ausgedrückt eröffnet das System Typhon eine sogenannte Deep-Precision-Strike-Fähigkeit (DPS). Das bedeutet, dass es Ziele weit im Hinterland des Feindes präzise angreifen kann. Diese Fähigkeit bildet Taurus aufgrund seiner geringeren Reichweite nur begrenzt ab. Daher würde das USUnited States-amerikanische System in Verbindung mit den entsprechenden Lenkflugkörpern die Fähigkeiten der Bundeswehr im Bereich DPS signifikant stärken, ganz im Sinne von Abschreckung und Verteidigung. Einem potenziellen Aggressor soll klar aufzeigt werden, dass im Falle eines Angriffs seine eigenen Kommandoeinrichtungen, militärischen Flugplätze oder Abschussrampen für weitreichende Flugkörper nicht sicher vor Gegenschlägen wären.

„Deutschland kann damit seine eigene Verteidigungsfähigkeit steigern und seine Abschreckungsfähigkeit deutlich verbessern – aber auch die Europas.”
Bei einem gegnerischen Angriff könnte eine starke eigene Flugabwehr zwar viele feindliche Flugzeuge, Raketen, Marschflugkörper und Drohnen abfangen – allerdings nur in begrenzter Anzahl. Denn es besteht immer die Gefahr, dass die eigenen Abwehrsysteme überlastet werden, oder dass schlicht irgendwann die Munition ausgeht. Diese Situation ist in der Ukraine immer häufiger zu sehen, wenn russische Flugkörper beispielsweise in der Hauptstadt Kyjiw einschlagen. Ein weitreichendes System wie Typhon bietet dagegen die Möglichkeit, den Ausgangspunkt der Angriffe, wie eine Abschussrampe oder einen militärischen Flugplatz, außer Gefecht zu setzen.
Europäer arbeiten an Eigenentwicklung
Dass die Bundeswehr weitreichende Waffensysteme benötigt, ist schon lange bekannt. So stand bereits in der Nationalen Sicherheitsstrategie von 2023: „Die Bundesregierung wird die Entwicklung und Einführung von Zukunftsfähigkeiten wie abstandsfähige Präzisionswaffen befördern.” Um dieses Ziel umzusetzen, vereinbarte Verteidigungsminister Pistorius im vergangenen Jahr mit seinem britischen Amtskollegen John Healey im Rahmen des „Trinity House Agreements“ die gemeinsame Entwicklung neuer Langstreckenwaffen.
Zusätzlich haben mehrere europäische Länder vereinbart, bei der Entwicklung von DPS-Fähigkeiten eng zu kooperieren. Im Projekt namens ELSAEuropean Long- Range Strike Approach (European Long- Range Strike Approach) wollen die Partner gemeinsam verschiedene Waffensysteme für unterschiedliche Reichweitenklassen entwickeln. Das deutsch-britische Projekt soll in ELSAEuropean Long- Range Strike Approach als ein Teilprojekt einfließen. Diese Entwicklungen werden allerdings noch etwa sieben bis zehn Jahre dauern.
Um diese Zeit bis zur Einführung der genannten und im Rahmen von ELSAEuropean Long- Range Strike Approach entwickelten Waffensysteme zu überbrücken, könnte das amerikanische Typhon-System eine Option sein. Die Eile ist geboten, denn bereits ab 2029 könnte Russland beim derzeitigen Tempo seiner Aufrüstung in der Lage sein, das Bündnis militärisch anzugreifen. Ein Szenario, das durch eigene militärische Stärke und eine wirksame Abschreckung abgewendet werden könnte.
Kein Kauf ohne das Parlament
Daher hat Deutschland eine Voranfrage für den Erwerb des Systems – den sogenannten Letter of Request – beim USUnited States-Verteidigungsministerium gestellt. Dieser kann, im Falle eines positiven Bescheides mit einem Letter of Offer and Acceptance (LOALetter of Offer and Acceptance) beantwortet werden. Der LOALetter of Offer and Acceptance wäre dann die Grundlage für eine Beschaffungsentscheidung des deutschen Verteidigungsministeriums und für das anschließende parlamentarische Bewilligungsverfahren. Die Voranfrage führt nicht zwangsläufig zu einer Beschaffung – eine verbindliche Entscheidung, Typhon zu beschaffen, ist demnach noch nicht gefallen. Das Parlament bleibt Kontrollinstanz. Beschaffungen mit einem solchen Investitionsvolumen und mit dieser strategischen Tragweite werden immer der Billigung des Bundestags unterliegen.
*Das Erscheinen visueller Informationen des USUnited States-Verteidigungsministeriums stellt keine Billigung durch das USUnited States-Verteidigungsministerium dar.