Streitkräftebasis
Die Mauer von Gumnitz

Eine Schießplatzanlage für alle Übungsplätze der Bundeswehr

Eine Schießplatzanlage für alle Übungsplätze der Bundeswehr

Datum:
Ort:
Mecklenburg-Vorpommern
Lesedauer:
4 MIN

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1996 ging es los: Die Bundeswehr stellte den Zielbau auf Truppenübunsgplätzen vom „analogen Schießen“ (Trefferaufnahme mit dem Auge) auf das „digitale Schießen“, mit Nutzung von computerunterstützten Anlagen, um. Eine kleine Dienststelle aus dem vorpommerschen Gumnitz entwickelte eine Anlage, die seitdem alle Truppenübungsplätze verwenden.

Auf einem Holzbrett sind vier unterschiedliche Scheiben in dunkelgrün, die die Form von Soldaten haben.

Die vier Formen von Schützenscheiben: Einzelschütze, kniender Einzelschütze, Schütze mit Gewehr und liegender Schütze (v.l.). Auf einem Truppenübungsplatz sind diese auf Klappscheibenanlagen montiert und klappen, bei einem Treffer, ab.

Bundeswehr/Markus Oesteritz

Alle beobachten die Schießbahn „5 Alpha“. Plötzlich ruft der Gruppenführer: „Stellung 1 Achtung! 11.00 Uhr (Richtung), 300 (Meter), gegnerische Schützen. Feuer frei!“. Unmittelbar danach fällt der erste Schuss und bringt mit einem Treffer eine Schützenscheibe zum Abklappen.

Auf dem Leitungsturm werden zeitgleich die Treffer beobachtet. Bis Ende der 1990-er Jahre erfolgte diese „Trefferaufnahme“, also die Beobachtung, wo und wann ein Ziel getroffen wird, ausschließlich durch ein Fernglas oder eine große Optik. Wetter- und Sichtverhältnisse, wie Regen, Schnee, Sonne, Dunkelheit oder Staub, waren dabei immer Störfaktoren, die die Beobachtung erschwerten und zu Diskussionen führen konnten, ob denn nun ein Ziel getroffen wurde … oder nicht.

Schießwettkampf als Wendepunkt 

Ein Mann steht vor einer großen Panzerscheibe.

Olaf Panhey ermöglicht mit 55 Mitarbeitenden, dass die Bundeswehr mit einem einheitlichen Standard arbeiten kann. Nach seinem Studium an der Technischen Universität in Dresden begann der diplomierte Elektroingenieur 1987 seine Arbeit in Gumnitz.

Bundeswehr/Markus Oesteritz

Bei der Bundeswehr ist diese ausschließlich optische Trefferaufnahme seit 1993 vorbei: In diesem Jahr wurde nämlich der sogenannte „Rommel-Schießwettkampf“ in Hammelburg ausgetragen und das heutige „SCZBw Gumnitz“ („Servicecenter Zielbau der Bundeswehr“, Standort Gumnitz in Mecklenburg-Vorpommern) war für eine neue Art des Zielbaus zuständig. 

Das SCZBw selber gehört zum Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Torgelow und damit in den Organisationsbereich Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen (IUDInfrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen) der Bundeswehr.

Unter Leitung von Olaf Panhey ermöglichen heute 55 Mitarbeitende des SCZBw, dass alle Truppenübungsplätze der Bundeswehr mit einem einheitlichen Standard beliefert werden. Und seitdem gibt es eine eindeutige Trefferaufnahme: Klappt die Scheibe ab, ist das Ziel getroffen. Bleibt die Scheibe stehen, dann lag kein Treffer im Ziel.

Auf allen Truppenübungsplätzen der Bundeswehr zu Hause

An einem Zaun stehen viele, übereinander und nebeneinander gestapelte, grüne Metallkisten.

Am Kasernenzaun stehen viele grüne Metallkästen. Die „Mauer von Gumnitz“ besteht aus ehemaligen Teilen der Schießplatzanlage „SPA-1“ der NVANationale Volksarmee, die in Gumnitz gesammelt, gelagert und als aufbereitete, neue Schießanlagen später wieder genutzt werden.

Bundeswehr/Markus Oesteritz

Das SCZBw Gumnitz ist eine Dienststelle, die zwischen den Städten Torgelow und Eggesin in Mecklenburg-Vorpommern liegt. Hier steht die „Mauer von Gunnitz“, eigentlich eine Wand aus ehemaligen Schießplatzanlagen. Diese finden hier aber nicht ihre „letzte Ruhe“, vielmehr beginnt an dieser Stelle das nachhaltige Arbeiten.

Und diese Nachhaltigkeit hat sich ausgewirkt: Was im Jahr 1996 neu war ist heute bei der Bundeswehr auf den Truppenübungsplätzen der Standard.
Eine Anlage, die den Abruf des Zielbaus per Funksignal sowie computerunterstützt ermöglicht! Schießübungen können komplett programmiert und nach dem „Übungsbeginn“ des Leitenden automatisch sowie unter Einhaltung aller zeitlichen Auflagen ablaufen, inklusive der Trefferaufnahme. 

Nachhaltigkeit und optimale Ressourcennutzung

Auf einem Tisch stehen 5 grüne Metallkisten

Alte Schießplatzanlagen werden gereinigt, entrostet sowie entfettet. Dann beschichtet man sie mit „militärgrünem“ Pulver und baut das Innenleben ein. Das Endprodukt ist eine „grundsanierte“ Schießplatzanlage der neuesten Generation.

Bundeswehr/Markus Oesteritz

Mit der Produktion der Schießplatzanlage, kurz SPA genannt, beginnt ein neuer „Lebenszyklus“. Nach der Fertigstellung sind die Anlagen über Jahrzehnte im Einsatz, vorausgesetzt sie werden regelmäßig kontrolliert. Sollte eine SPA nicht mehr zu reparieren sein, kommt sie zurück nach Vorpommern und wird wieder ein Teil der „Mauer von Gumnitz“.

Wie wird aus „alt“ nun „neu“? Nach der Reinigung erfolgt vor Ort die Beschichtung mit militärgrünem Pulver. Anschließend wird das Innenleben eingebaut. Lediglich ein Motor sowie eine Platine (Eigenentwicklung des SCZBw) kommen von auswärts. Die restlichen Teile erstellt das SCZBw in Gumnitz beziehungsweise mit Unterstützung von wenigen, regionalen Betrieben. Das Endprodukt ist ein „grundsanierter“ Kasten, der eine Schießplatzanlage der neuesten Generation beinhaltet.

Konsequent und folgerichtig werden in Gumnitz auch die passenden Schießscheiben produziert. Mit modernster Lasertechnik schneidet man die Scheiben aus Blech und beschichtet diese mit olivgrüner Farbe. Gleiches gilt für Panzer-, Schützenpanzer- oder Hubschrauberscheiben. 

Einbau in maximal zehn Minuten

Ein Mann steht vor einer Wanne aus Beton, in der eine Schießscheibe gerade aufklappt.

Der Einbau einer neuen Schießplatzanlage ist einfach und schnell. Man stellt die Zielbaugeräte in eine beschuss-sichere Deckung und verbindet sie mit dem Computer der Schießbahn. Dieses Prinzip ist bei Schützen- und Panzerscheiben identisch.

Bundeswehr/Markus Oesteritz

Der Einbau einer neuen SPA ist eigentlich völlig unspektakulär. Man stellt den 30 Kilo schweren Kasten in eine beschuss-sichere Deckung auf der Schießbahn. Danach verbindet man die Anlage mit dem System. Das heißt, die Anlage erscheint auf dem Computerbildschirm des Schießturms. Das Verfahren ist dabei für Schützen- wie auch für Panzerscheiben gleich.

In der Summe dauert der ganze Vorgang lediglich fünf bis zehn Minuten. Nun muss nur noch in regelmäßigen Abständen eine Inspektion erfolgen, so dass die Anlage über viele Jahre und an der gleichen Stelle genutzt wird!

Ein problemloser Schießbetrieb ist mit 500 bis 800 Treffer pro Scheibe möglich.

Das Beste zum Schluss: „Happy Birthday Zielbau Gumnitz“

Ein Mann sitzt vor einem großen Computerbildschirm.

Nach dem Einbau ist die neue Schießplatzanlage sofort im System und kann entsprechend der Bestückung in einer Schießübung eingesetzt werden. Die Software ermöglicht für die Zukunft noch weitere Möglichkeiten für die Schießausbildung und -auswertung.

Bundeswehr/Markus Oesteritz

Die Idee eines zentralen Zielbaues wurde vor 60 Jahren, am 12. Juni 1962, mit der Aufstellung der „Reparatur- und Musterbauabteilung Gumnitz“ für die ehemalige NVANationale Volksarmee (Nationale Volksarmee) realisiert. Seitdem hat das „SCZBw Gumnitz“ den Schießbetrieb nachhaltig optimiert.

Diese, für die Bundeswehr einmalige Dienststelle, wird auch zukünftig den Zielbau weiterentwickeln. Neben der Softwareanpassung bietet der Bereich „Trefferauswertung“ noch vielfältige Möglichkeiten für eine intensivere sowie effizientere Schießausbildung.

Und auf den Schießbahnen weiß man: Es ist eher wahrscheinlich, dass eine Anlage aus Gumnitz durch einen Blitz getroffen wird, als dass sie im Schießbetrieb durch die Truppe zerstört wird.

von Ralf Heberer  E-Mail schreiben

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