Einsatz im Katastrophengebiet aus Sicht der Logistik
Einsatz im Katastrophengebiet aus Sicht der Logistik
- Datum:
- Ort:
- Deutschland
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Mehrere Wochen nach dem Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind die Bilder der Schäden noch immer präsent. Die Katastrophe forderte nicht nur das gesamte Fähigkeitsspektrum des logistischen Systems. Auch das Logistikkommando der Bundeswehr war mit vollem Einsatz und Gerät dabei.
Auch wenn die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen schon einige Wochen zurückliegt, sind die Folgen der Zerstörung noch deutlich zu sehen. Als der Katastrophenalarm ausgelöst wurde, waren Angehörige des Logistikbataillons 461 aus Walldürn und des Spezialpionierregiments 164 aus Husum sowie weitere Kräfte des Logistikkommandos der Bundeswehr bereits wenige Stunden später vor Ort. Sie verschafften sich ein Lagebild, um den Einsatz der Bundeswehrkräfte zu unterstützen. Die Flut hatte Straßen, Geschäfte, Wohnhäuser und Tankstellen weggespült. Die Stromversorgung war vielerorts ausgefallen. Die zivile Infrastruktur war in weiten Teilen zerstört. Schweres Räumgerät und Baumaschinen kamen schnell zum Einsatz. Zivile wie militärische Hubschrauber suchten nach Vermissten oder brachten Hilfsgüter in abgeschnittene Ortschaften. Notstromaggregate mussten in die betroffenen Gebiete gebracht, regelmäßig gewartet, betankt und betrieben werden.
Die Kraftstoffversorgung als Grundlage jeglicher Hilfe
Der Bedarf an Kraftstoff war enorm und sollte es über die Wochen bleiben. Mit 13 geländegängigen Straßentankwagen, einem Feldtanklager und einer Kanisterreinigungs- und -befüllanlage, stellten die mobilen Logistiktruppen ein durchhaltefähiges System zur Versorgung aller zivilen und militärischen Hilfskräfte bereit. Soldatinnen und Soldaten des Logistikbataillons 172 aus Beelitz und vom Spezialpionierregiment 164 aus Husum stellten die Kraftstoffversorgung rund um die Uhr im gesamten Einsatzraum sicher. Insgesamt wurden 2,6 Millionen Liter Kraftstoff – auch in abgeschnittenen Ortschaften – zur Verfügung stellen. Die Kraftstoffversorgung durch die mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis war die Lebensader jeglicher Hilfe im Einsatz. Nach vier Wochen konnte sie dann schrittweise in zivile Hände übergeben werden.
Auftanken für die Menschen
Weit mehr als nur Verpflegungsstellen waren die Feldküchen für die betroffene Bevölkerung, aber auch die Helferinnen und Helfer im Katastrophengebiet. Sie waren so etwas wie das wärmende Feuer, an dem man sich versammelte, austauschte, das weitere Vorgehen besprach oder sich einfach nur gegenseitig wiederaufbaute. Vier Feldküchen errichteten und betrieben die Feldköche der mobilen Logistiktruppen, bis auch diese Dienstleistung in der letzten Woche an zivile Organisationen übergeben wurde. Bis dahin haben sie jeweils bis zu 1.200 Mahlzeiten am Tag zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus produzierte das Spezialpionierausbildungszentrum aus dem schleswig-holsteinischen Putlos 40.000 Liter Trinkwasser in Ein-Liter-Flaschen und stellte diese bereit.
Unterkünfte, Feldlagermaterial und Lagerflächen
Unmittelbare Hilfe leisteten die im Katastrophengebiet befindlichen logistischen Einrichtungen der Bundeswehr. So entschied der Leiter des Munitionslagers Rheinbach, Hauptmann Horst Poppels, evakuierte Bürgerinnen und Bürger aus der Region in der Kaserne unterzubringen. Auch Hilfsgüter, wie dringend benötigte Lebensmittel, fanden hier Platz. In einem Lager der Bundeswehr in Wester-Ohrstedt haben zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dringend benötigtes Material verladen. 2.000 Feldbetten, 90 Zelte und weiteres Feldlagermaterial, wie zum Beispiel Beleuchtungen, Heizgeräte und Kühlcontainer wurden durch Transportkräfte des Logistikbataillons 161 aus Delmenhorst über 650 km an die logistische Basis am Nürburgring transportiert. Von hier aus wurden die Sachen in das Katastrophengebiet verteilt.
Auf dem Gelände der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung in Bad Neuenahr-Ahrweiler errichteten die Spezialpioniere aus Husum ein besonderes Feldlager „luftverladbar, modular“, kurz FLM. Es bietet Wohn-/Schlafmöglichkeiten, Wasch- und Duschgelegenheiten, Toiletten sowie Waschmaschinen und kann sich dank eigener Stromerzeugeraggregate und Wasseraufbereitungsanlagen selbst versorgen. Dieses FLM bot einen Platz zur Regeneration für die Einsatzkräfte.
Helfende Hände und schweres Gerät
Autos, schwere Container, Bäume und ganze Häuser hat die Flut mit sich gerissen. Die liegengebliebenen Trümmer stellten vielerorts eine Gefahr und Hindernis für Helferinnen und Helfer sowie die Bevölkerung dar. Die mobilen Logistiktruppen und die Soldatinnen bzw. Soldaten des Spezialpionierregiments 164 packten gemeinsam Tag und Nacht an. Mit ihren geschützten Berge-/ Kranfahrzeugen aber auch Bergepanzern räumten sie, Hand in Hand mit zivilen Kräften, die Straßen und machten sie wieder passierbar. Aber auch alle anderen Verbände der mobilen Logistiktruppen standen bereit, bei Bedarf zusätzlich benötigtes Personal und Material in den Einsatzraum zu verlegen. Einer der letzten Einsätze der „Helfenden Hände“ fand an der Don-Bosco-Förderschule im Bad Neuenahr-Ahrweiler statt. Gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk haben sie die Schule von Schlamm und Müll befreit. Viele der betroffenen Bürgerinnen und Bürger dankten den eingesetzten Helfern persönlich, mit Dankesbotschaften aber auch Kinder mit selbstgemalten Bildern.
Die Logistiker und Spezialpioniere bauen zurück
Die Koordination der logistischen Leistungen der Bundeswehr erfolgte von einer Basis aus. Diese wurde zuerst durch das Logistikbataillon 461 aus dem baden-württembergischen Walldürn auf dem Nürburgring und anschließend durch das Logistikbataillon 472 aus dem bayerischen Kümmersbruck aus der Liegenschaft Gelsdorf erbracht. Diese Bataillone trugen zusammen mit den Spezialpionieren die Hauptlast des Einsatzes vor Ort und wurden dabei von Personal aus allen anderen Logistikbataillonen unterstützt.
Der Einsatz der Bundeswehr wurde offiziell beendet mit einem Staatsakt am 1. September 2021 am Nürburgring. Danach traten auch die letzten Kräfte des Logistikbataillons 472 ihren Heimweg an. Die Spezialpioniere hingegen bauen noch die verschiedenen Feldlager zurück, damit diese so schnell wie möglich für andere Einsätze der Truppe wieder zur Verfügung stehen.
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