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Logistikübung

Tapferer Schweppermann zeigt, wie es laufen muss

Logistische Leistung für die Landes- und Bündnisverteidigung zu erbringen heißt vor allem, sich neuen Herausforderungen und auch Bedrohungen zu stellen. Dafür übt das Logistikbataillon 472 unter erschwerten Bedingungen in ziviler Umgebung und Infrastruktur – auf dem Bauernhof statt auf dem Truppenübungsplatz.

Ein Bundeswehrfahrzeug unter einem Tarnnetz und Gerümpel

Die Bilder sind beeindruckend: Ein Drohnenbediener der Leitungsgruppe hatte das Übungsgebiet mit seiner Drohe überflogen und Fotos der Logistiker in ihren Stellungen und Verfügungsräumen geschossen. Deutlich sichtbar sind Fahrspuren von LKW – selbst auf Asphalt. Soldatinnen und Soldaten, die sich im Gelände bewegen, sowie jede auch nur im Geringsten nachlässige Tarnung fallen sofort auf. Gestochen scharfe Bilder aus 250 Metern Höhe. Die Chance der gefilmten Kräfte, das etwa 40 Zentimeter große Fluggerät zu erkennen, geschweige denn aufzuklären: nahe Null! „Der Gegner hat unter Umständen zahllose Drohnen zur Verfügung und kann sich so ein umfassendes Lagebild unseres Auftrags, unserer Bewegungsabläufe und Routinen erstellen“, mahnt der Hauptfeldwebel und Drohnenbediener die Bataillons- und Kompanieführenden während der allabendlichen Lagebesprechung beim Tapferen Schweppermann, der freilaufenden Übung des Logistikbataillons 472.

Portrait eines Soldatens
Generalleutnant Gerald Funke, Befehlshaber Unterstützungskommando der Bundeswehr Bundeswehr
Die Übung ist wichtig, weil sie eine Feldeinsatzübung ist. Unter Bedingungen, wie sie uns in der Landes- und Bündnisverteidigung auch treffen können.“

Gerümpel-Tarnung sichert Überleben

Freilaufend bedeutet, dass die Truppe weitestgehend zivile Infrastruktur für ihre Verfügungs- und Bereitstellungsräume nutzt, etwa landwirtschaftliche Betriebe, Industrieanlagen, Bauhöfe oder Sportplätze: Reales Gelände anstatt eingezäunter Truppenübungsplätze. Einen Lkw in einer Scheune zu verstecken oder für die Instandsetzung eine vorhandene Werkstatt zu nutzen, erweist sich für die Truppe als sehr effektiv.

Wenn da nur die dauerhafte Bedrohung durch Drohnen nicht wäre. Sie gilt als die ernsthafteste Bedrohung auf modernen Gefechtsfeldern, was sich nicht zuletzt im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt. Drohnen verändern die heutige Operationsführung so, wie es vor rund 100 Jahren die Panzer taten. Deshalb lernen die „Loggies“ beim Tapferen Schweppermann, umzudenken und sich neuen Lagen anzupassen. Notfalls auch schnell zu improvisieren. Eine Schlussfolgerung daraus lautet: Tarnnetz war gestern – heute ist Teichfolie. Sie ist gegebenenfalls das bessere Mittel, um einen Lastwagen oder seine Unterkunft zu tarnen. Beworfen mit Paletten, Kartonagen oder sogar Bauschutt, verbessert sich in ziviler Umgebung die Tarnung im Vergleich zur traditionellen Methode mittels Tarnnetz und Gestrüpp.

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  • Ein LKw steht in einer Halle mit Tarnnetzen und einem Zelt
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    Dienstleister

    Die Stabs- und Versorgungskompanie (StVersKpStabs- und Versorgungskompanie) – die „Erste“ – denkt um. Deren 79 Soldatinnen und Soldaten sind rund um einen Lebensmittelbetrieb untergezogen und haben ihre Fahrzeuge unter Schleppdächern versteckt. Gar nicht so leicht, wenn es sich dabei um Herbert handelt, wie die Besatzung das riesige GBKFGeschütztes Berge- und Kranfahrzeug (Geschütztes Berge- und Kranfahrzeug) getauft hat. Herbert ist mehr als elf Meter lang. Damit werden eigene Kräfte geborgen und versorgt, sprich: der Instandsetzung zugeführt, sollte beispielsweise ein Fahrzeug ausfallen. Bei der ersten Kompanie wird unter anderem auch in der Feldküche gekocht.

    „Wir sind die Dienstleister der Dienstleister“, beschreibt Hauptmann Robin H. anhand dieser beiden Beispiele den Auftrag der Einheit. Das ist die sogenannte logistische Ebene 1, sozusagen die der Selbstversorger. In die Zuständigkeit der 1. Kompanie fällt somit auch die Instandsetzung der verbandseigenen Waffen und des Fernmeldegeräts. Robin H.s Leute sorgen auch dafür, dass der Bataillonsgefechtsstab einsatzbereit ist und die Verbindung zu den Verfügungsräumen der einzelnen Kompanien steht.

  • Ein Feldumschlaggerät belädt einen Container auf einem LKw
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    Nachschub rollt

    „Nachschub rollt!“ So lautet der Schlachtruf der Logistiker. Und darum rollen auf einem Bauernhof in Mantlach bei Lauterhofen die Umschlaggeräte der Nachschubkompanie (NschKpNachschubkompanie) beinahe pausenlos. Sobald die „Trappos“ – militärisch umgangssprachlich für Transportkräfte – mit ihrer Fracht eintreffen, muss es schnell gehen. Denn gerade Materialumschlag und Nachschublager sind für einen potenziellen Gegner lohnende Ziele und wegen deren Betriebsabläufen relativ leicht aufzuklären. 

    Hauptmann Michael S. weiß das und lässt die Versorgungsgüter geschickt im Gehöft verteilen. Besondere Sorgfalt gilt der Munition, die in der fiktiven Lage der Übung für die Panzerbrigade 12 des Heeres bevorratet wird. Deren Versorgungsbataillon bezieht Mengen- und Einzelverbrauchsgüter von der 2. Kompanie sowie Verpflegung, Marketenderwaren, Bekleidung und Ausrüstung.

    • Ein Traktor un dein Bundeswehrjeep in einer Scheune

      Umdenken: Der Einsatz im zivilen Umfeld erfordert Improvisationstalent

      Bundeswehr/Susanne Hähnel
    • Beladungsvorgang mit militärischen LKWs

      Sauber Lenken: Fürs Umschlagen auf kleinem Raum, müssen die Logistik-Profis ihr Gerät im Griff haben

      Bundeswehr/Susanne Hähnel
  • Ein Soldat blick in einen Motorraum eines Bundeswehrfahrzeuges
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    Instandsetzung

    Ideal für die Instandsetzungskompanie (InstKpInstandsetzungskompanie) erweist sich die leerstehende Leopold-Kaserne in Kümmersbruck. Bis 2018 war hier Truppe stationiert. Während des Tapferen Schweppermanns haben die Frauen und Männer rund um Kompaniechef Major Mathias H. die Hallen des ehemaligen Technischen Bereichs bezogen. Die Stromversorgung stellen mobile Aggregate sicher, die neben den Gebäuden betrieben werden. Sie sind – wie einige der Fahrzeuge – mit Gerümpel getarnt. Eine Luftaufnahme zeigt später, dass den „Instlern“ die Tarnung gut gelungen ist. So können sie mehr oder weniger ungestört ihrer Arbeit nachgehen: Radfahrzeuge reparieren, Waffenanlagen neu justieren und optisches Gerät pflegen.

    Viele unterschiedliche Gewerke zählen zu den Fähigkeiten der 3. Kompanie des Logistikbataillons 472, welches übrigens in der Nachbarschaft die aktive Schweppermann-Kaserne bewohnt, die der Übung ihren Namen leiht. In den Werkstatt-Containern bessern Sattler die Sitzmöbel der Fahrzeuge auf. Sogar die Schreinerei hat gut zu tun. Die beiden Soldaten dort fertigen unter anderem Transportkisten für empfindliches Material, welches zur weiteren Instandsetzung weitergeschickt werden muss, zum Beispiel in ein Depot.

  • Eine militärische Fahrzeugkolonne bei einer Ortsdurchfahrt
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    Transport

    Material zu verlegen ist Aufgabe der Transportkompanie (TrspKp). Die Lkw-Besatzungen sind während der Übung der größten Hektik ausgesetzt, und das mutmaßlich auch in einem realen Verteidigungsfall. Selbst hochmobil, halten sie ihrerseits auch alle anderen mobil. Die Frauen und Männer der 5. Kompanie sind fast pausenlos mit ihren MULTIMechanisierte Umschlag-Lagerung-Transport-Integration-Wechselladern und UTFungeschütztes Transportfahrzeug-LKw in Bewegung. Sie holen die Holzkisten bei der „Inst“ ab, schaffen Material zur Nachschubkompanie und treffen bald danach auf ihre Kameradinnen und Kameraden vom Heer, wenn sie ihre Lademodule an die Versorgungseinheiten der Panzerbrigade übergeben. 

    Eine Kolonne nach der anderen läuft so durch den Landkreis Amberg-Sulzbach, die Heimat des Logistikbataillons 472. Auf Straßen, die die Transportkompanie auch nutzen müsste, um diese Heimat zu schützen und zu versorgen. Das Führungspersonal kennt viele Schleichwege durch die umliegenden Wälder, die eine versteckte Annäherung an die Räume der anderen Kompanien ermöglichen.

    Das Prozedere ist immer dasselbe: Das Führungsfahrzeug nimmt Verbindung mit dem Melde- und Alarmposten auf. Die Kolonne löst sich in kleine Gruppen von zwei bis drei LKw auf und „sickert“ in den Verfügungsraum ein. Möglichst schnell in eine Deckung, rasch auf-, ab- oder umladen, und gleich weiter. Das muss sitzen, wenn es drauf ankommt. Darum gibt es den Tapferen Schweppermann.

  • Soldaten an einem österreichischen LKw
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    Österreicher

    Das Versorgungsregiment 1, der Logistikverband des Österreichischen Bundesheeres, ist in der Hackher-Kaserne in Gratkorn in der Steiermark stationiert. Mit den deutschen „Loggies“ aus der Oberpfalz verbindet es eine Patenschaft und der gemeinsame Auftrag innerhalb der EUEuropäische Union-Battlegroup, der schnellen Eingreiftruppe der Europäischen Union. Die Österreicher sind eingegliedert in die Transportkompanie und verfügen über Lastwagen, die dem deutschen MULTIMechanisierte Umschlag-Lagerung-Transport-Integration ähneln. Die Besatzungen bestehen aus Wehrpflichtigen, für die die Teilnahme an der deutschen Logistikübung ein Highlight ihrer sechsmonatigen Dienstzeit ist. 

    Das Einsatzprofil des Verbandes ähnelt stark dem des Logistikbataillons 472. Auftrag und Gliederung sind nahezu identisch, weswegen die Kräfte aus der Alpenrepublik keine Schwierigkeiten haben, sich in den Übungsablauf zu integrieren und einen wertvollen Beitrag zu leisten. Das sind wichtige Erkenntnisse für den neuen Fokus der deutschen und europäischen Partner: gemeinsam die Heimat und das Bündnisgebiet zu verteidigen.

    von Ralf Wilke  E-Mail schreiben

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