Ulmer Kliniken trainieren gemeinsam den Ernstfall
Ulmer Kliniken trainieren gemeinsam den Ernstfall
- Datum:
- Ort:
- Ulm
- Lesedauer:
- 3 MIN
Am 24. Mai 2025 hat das Bundeswehrkrankenhaus Ulm gemeinsam mit zivilen Partnern die Versorgung zahlreicher Verletzter bei einem möglichen Massenanfall geübt. Das Szenario, ein Terroranschlag in einem Einkaufszentrum, war Teil einer großangelegten Übung mit Polizei, Rettungsdiensten und mehreren Kliniken der Region.
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- Urheberrecht:
- © Bundeswehr/Mathias Erdmann
Alarm im Bundeswehrkrankenhaus Ulm: Mehrere Verletzte auf dem Weg zur Notaufnahme. Der Massenanfall von Verletzten (MANV) wird ausgelöst. Innerhalb kürzester Zeit wird im Bereich der Notaufnahme eine zentrale Sichtungsstelle eingerichtet. Dort bereitet sich das medizinische Personal auf die Ankunft der ersten Verwundeten vor. Ein ziviler Pickup fährt vor. Auf der Ladefläche liegen zwei verletzte Personen. Eine ist nicht ansprechbar, die andere schreit vor Schmerzen. Zwei Soldaten eilen dem Fahrer zur Hilfe. Die erste Einschätzung erfolgt unmittelbar: Kategorie Rot, das heißt Lebensgefahr. Umgehend transportieren die Rettungskräfte die beiden Verletzten in die vorbereiteten Schockräume.
Kurz darauf treffen die ersten Rettungsfahrzeuge ein. Eine Patientin wird auf einer Trage in den Sichtungsbereich geschoben, Blut auf dem Verband, das Gesicht voller Ruß. Andere folgen, humpelnd, geschockt, schreiend. Die Situation ist dynamisch, aber kontrolliert. Für das medizinische Personal keine alltägliche Lage, aber auch keine unbekannte. Was wie ein Ernstfall wirkt, ist Teil einer komplexen Übung.
Großübung mit über 1.100 Einsatzkräften
Die groß angelegte Übung wurde am Bundeswehrkrankenhaus in Ulm durchgeführt. Vorbereitet wurde sie in enger Abstimmung zwischen Kliniken, Einsatzkräften und Behörden. Über 1.100 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Rettungsdiensten und Katastrophenschutz beteiligten sich an dem Szenario, das eine sogenannte lebensbedrohliche Einsatzlage simulierte.
Insgesamt wirkten rund 160 Schauspielende mit, die realitätsnah geschminkt wurden und die Verletzten darstellten. Die Verteilung der Patientinnen und Patienten erfolgte schwerpunktmäßig an das Bundeswehrkrankenhaus und das Universitätsklinikum Ulm.
Sichtung, Stabilisierung, Weiterleitung
Zurück im Bundeswehrkrankenhaus: Die medizinische Versorgung beginnt hier an der eingerichteten Sichtungsstelle. Speziell ausgebildete Ärztinnen und Ärzte nehmen dort die erste Einschätzung der Verletzten vor und ordnen sie in drei Kategorien ein: Rot steht für lebensbedrohlich verletzt, Gelb für schwer, aber stabil, Grün für leicht verletzt. Jede Entscheidung muss schnell getroffen werden und stimmen. „In der ersten Minute entscheidet sich viel. Wir müssen Verletzte schnell und sicher einordnen. Das geht nur, wenn die Abläufe sitzen“, erläutert ein beteiligter Arzt während der Übung.
Was folgt, ist eingespielte Routine: Stabilisierung, Einweisung in Behandlungsbereiche, Weiterleitung – je nach simuliertem Bedarf auch in Richtung Operationssaal (OP) oder Intensivstation. Für das Personal eine belastende, aber bewältigbare Lage.
Konzepte auf dem Prüfstand
Die Übung war ein gezielter Test für das bestehende MANV-Konzept. Die medizinischen Abläufe von der Sichtung über die Erstversorgung bis zur simulierten Übergabe an OP und Intensivstation sollten unter realitätsnaher Belastung durchgespielt werden. Auch das interne Alarmierungs- und Sicherheitskonzept konnte so getestet werden.
Ein zentrales Element der Übung war das Befolgen des TDSC-Konzepts (Terror and Disaster Surgical Care), das das Bundeswehrkrankenhaus Ulm mitentwickelt hat. Es richtet sich an das medizinische Fachpersonal in der Chirurgie. Dieses muss bei Anschlägen oder Großschadenslagen viele Verletzte gleichzeitig versorgen. Im Mittelpunkt stehen klare Priorisierung, schnelles Handeln und sicheres Entscheiden unter Zeitdruck. Das Konzept wird inzwischen bundesweit gelehrt und findet auch international Anwendung. Bei realen Ereignissen wie dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt im Dezember 2024 kam es bereits erfolgreich zum Einsatz.
Routinen entwickeln für jeden Ernstfall
Die Übung zeigt, wie zivile und militärische Strukturen im Krisenfall ineinandergreifen müssen. Dies gilt auch in anderen krisenhaften Lagen als der in Ulm simulierten Terrorlage. Gerade in Szenarien der Landes- und Bündnisverteidigung ist die enge Zusammenarbeit zwischen Kliniken, Rettungsdiensten und der Bundeswehr entscheidend. Generalarzt Benedikt Friemert, Kommandeur und ärztlicher Direktor des Bundeswehrkrankenhauses Ulm, bringt es auf den Punkt: „Viele von uns Bundeswehr-Medizinern werden im Falle von Landes- und Bündnisverteidigung gar nicht da sein. Wir haben ja die Aufgabe, Medizin an der Front zu machen. Das bedeutet, dass die Masse der Patientinnen und Patienten im zivilen Gesundheitssystem versorgt werden müssten.“