WTSWehrtechnische Studiensammlung - Leihgabe ex U17

Leihgabe ex U17 an das Technikmuseum in Sinsheim

Was grundsätzlich einfach klingt, hat einen komplexen Vorlauf absolviert: Per Leihvertrag beschlossen das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr und das Auto-Technik-Museum e.V.eingetragener Verein („Technikmuseum“) im baden-württembergischen Sinsheim im Februar 2023 die Ausstellung des ehemaligen Unterseebootes U17, kurz „ex U17“.

Ein U-Boot hängt an einem Kran in der Luft.

Die Reise zur Ausstellung beginnt

Bundeswehr/Klaas Hartmann-Moritzen

Neben der umfangreichen Demilitarisierung musste auch eine lange Liste zur Beseitigung von Gefahrstoffen abgearbeitet werden, bis das U-Boot den Weg über die Nordsee und den Rhein nach Speyer und später nach Sinsheim beginnen konnte.

Was passiert mit ausgemusterten U-Booten?

Der überwiegende Teil der U-Boote der U-Bootklasse 206 beziehungsweise später 206A wurde aufgrund der großen Nachfrage am hochwertigen Stahlanteil zur Verwertung verkauft. 

Beispielsweise wurden die U-Boote U15, U16 und U18 über die VEBEGVerwertungsgesellschaft für besatzungseigene Güter GmbHGesellschaft mit beschränkter Haftung zur Verwertung veräußert. Ein kleinerer Teil der U-Bootklasse wurde zur weiteren Verwendung an andere Nationen verkauft. Die Boote U23 und U24 wurden von den kolumbianischen Streitkräften übernommen und tragen dort zur Bekämpfung des Kokainschmuggels und zur Eindämmung von Ölteppichen bei. 

Mit dem ex U17 wird nur ein U-Boot dieser Klasse demnächst als Ausstellungsstück zu sehen sein.

Das U-Boot U17 im fährt aufgetaucht vor Marineschiffen in einen Hafen.

Ex U17 läuft in Eckernförde aus (2006)

Bundeswehr/Matthias Dörendahl

Hintergründe zur Leihgabe

Die Wehrtechnische Studiensammlung (WTSWehrtechnische Studiensammlung) des BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr pflegt eine langjährige Kooperation mit dem Technikmuseum hinsichtlich militärhistorischer Ausstellungen. Bereits das ex U9 der Klasse 205 wurde dem Technikmuseum am Standort Speyer als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Auch für den Standort in Sinsheim zeigte das Museum im Dezember 2017 Interesse, die Ausstellung um ein U-Boot zu erweitern. Nachdem die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ihre Zustimmung gegeben hatte, begann die umfangreiche Planung für die Ausleihe bei der WTSWehrtechnische Studiensammlung bis letztlich mit dem ex U17 ein passendes Exponat gefunden wurde. Dieses U-Boot der Klasse 206 A war am besten erhalten und kam deshalb für die Leihgabe an das Technikmuseum in Frage.

Keine einfache Leihsache

Trotz der unentgeltlichen Überlassung sind mit der Ausleihe auch einige Kosten für das Museum verbunden und es müssen Voraussetzungen erfüllt werden, bis das „gute Stück“ seinen neuen Platz einnehmen kann. Das Museum muss beispielsweise per Leihbedingungen ab physischer Übergabe des U-Bootes für bestimmte Arbeiten wie die Demilitarisierung, den Transport oder die Versicherung aufkommen.

Leihverträge haben eine lange Historie, die in der Zeit des römischen Rechts beginnt. Schon zu dieser Zeit wurde die Leihgabe beziehungsweise der Leihgegenstand unentgeltlich überlassen. Und so ist es auch heute noch.

In einem Leihvertrag wird zwischen einem Verleiher und einem Entleiher die Überlassung eines Leihgegenstandes für einen zeitlich begrenzten Rahmen geregelt. Die Leihgabe selbst wird ebenfalls im Leihvertrag beschrieben. Bei der Leihgabe muss es sich um eine Sache handeln. Rechte können nicht ge- oder verliehen werden. Darüber hinaus sind auch die Rückabwicklung und die Haftung festgelegt.

Das ex U17 wurde am 28. November 1973 in den Dienst bei der Marine gestellt und war bis zur Ausmusterung am 14. Oktober 2010 hauptsächlich im Bereich der Nord- und Ostsee im Einsatz. Mit 48,49 Meter Länge, 4,58 Meter Breite und 4,30 Meter Tiefgang ist es zirka 500 Tonnen schwer (vor der Demilitarisierung). Mit den zwei Zwölf-Zylinder-Motoren zu je 440 Kilowatt oder 600 Pferdestärken und einem Elektromotor zu 1.100 Kilowatt oder 1.500 Pferdestärken erreichte das ex U17 aufgetaucht bis zu zehn Knoten, etwa 18,5 Kilometer pro Stunde, und abgetaucht bis zu 17 Knoten, etwa 31,5 Kilometer pro Stunde, bei einer maximalen Tauchtiefe von 100 Metern.

Ein Soldat greift einen Hebel in einem engen Raum mit Anzeigen, Kontrollrädern und Leitungen.

Kontrollbereich für den Dieselmotor eines U-Bootes der Klasse 206 A

Bundeswehr/Detmar Modes

Bis der eigentliche Transport beginnen konnte, war noch einiges zu tun: Wegen der Einstufung als Kriegswaffe wird eine sogenannte „Feststellungsbescheinigung für die Unbrauchbarmachung“ benötigt, um die vorgeschriebene Demilitarisierung nachzuweisen. 

Da das U-Boot als Kriegswaffe eingestuft ist, ist es zwingend erforderlich es zu demilitarisieren, um es überhaupt verleihen und ausstellen zu können. Es werden bestimmte militärische Komponenten technisch so verändert, dass diese nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden können und diese Veränderung auch nicht unter Hinzuziehung von „allgemein gebräuchlichen“ Werkzeugen rückgängig gemacht werden kann. 

Um den bestimmungsgemäßen Gebrauch des ex U17 unmöglich zu machen, wurden bereits vor Abschluss des Leihvertrages eine Reihe von Arbeiten durchgeführt: Unter anderem wurde die Waffentechnik entfernt beziehungsweise unbrauchbar gemacht und die Tauchzellen werden mit Löchern versehen, um diese nicht mehr bestimmungsgemäß verwenden zu können. Tauchzellen in Funktion werden je nach Art der Tauchzellen und je nachdem, ob das U-Boot auftaucht oder abtaucht mit Luft oder Wasser gefüllt. Weiter ist der Rumpf mit zwei Spanten versehen: Diese tragen zur Stabilisierung bei und beeinflussen die Geschwindigkeit. Die Spanten werden im Rahmen der Demilitarisierung gebrochen.  

Der Transport muss nun per Schleppbetrieb erfolgen, denn aufgrund der bereits vorgenommenen Arbeiten kann das U-Boot nicht mehr selbst auf oder unter dem Wasser fahren. 
Neben der Einstufung als Kriegswaffe ist das U-Boot auch als Gefahrgut eingestuft. Auch diese Sondergenehmigungen für den Transport müssen vor der Abholung vorliegen. 

Leitungen verlaufen rechts und links entlang eines Ganges.

Das komplizierte Leitungssystem im Maschinenraum des U16

Bundeswehr/Eva Eisner

Während der Nutzungsdauer eines Unterseebootes werden in mehreren Systemen Stoffe eingesetzt, die als Gefahrgut eingestuft sind. Dadurch sind vor dem Transport Maßnahmen erforderlich und der Transport ist nicht ohne Sondergenehmigung möglich. Denn als Gefahrgut eingestufte Transportgüter dürfen nicht ohne weiteres transportiert werden. Anders als beispielsweise bei einer Online-Bestellung eines Deodorants, ist eine einfache Markierung auf der Außenseite der Transportverpackung hier nicht ausreichend. Deshalb wurde im Leihvertrag festgehalten, welche Arbeiten in diesem Zusammenhang bereits erfolgt sein müssen.

In einem U-Boot sind für Notfälle Rettungssysteme integriert: Aus diesen Systemen wurde ein Stoff mit der Bezeichnung „Hydrazin“ entfernt. Durch Hydrazin wird ein Auftauchen in einer Notfallsituation ermöglicht, auch wenn andere Systeme bereits versagt haben. Auch in der Löschanlage des ex U17 war mit „Halon“ ein als Gefahrgut eingestufter Stoff enthalten. Dass in der Klimaanlage enthaltene Kältemittel wurde ebenfalls aus der Anlage entfernt. Weiter wurden die Bilge und sonstige Tanks entleert. In der Bilge, dem tiefsten Bereich im Schiffsrumpf, sammelt sich beispielsweise Kondenswasser von der Klimaanlage.

Ist das U-Boot endlich an seinem Bestimmungsplatz angekommen, steht es den interessierten Besuchern für Besichtigungen zur Verfügung. Eine anderweitige Nutzung ist hingegen aufgrund der Einstufung als Kriegswaffe und der vorgenommenen Arbeiten nicht mehr möglich und zudem durch den Leihvertrag vertraglich ausgeschlossen.

von Heike Westhöfer, PIZ AIN

Veröffentlicht am: 28.04.2023, zuletzt aktualisiert am: 28.04.2023