Streitkräftebasis

Corona-Hilfe: Als Reservist an der MOSMarineoperationsschule Bremerhaven

Corona-Hilfe: Als Reservist an der MOSMarineoperationsschule Bremerhaven

Datum:
Ort:
Bremen
Lesedauer:
4 MIN

Kapitänleutnant d.R.der Reserve Peter Bley hatte die Uniform nach dem abgesagten Windjammer-Treffen Sail für dieses Jahr schon in den Schrank geräumt. Die Bewältigung der wachsenden Herausforderungen im Zuge der Corona-Pandemie stellten seine Pläne auf den Kopf. Er ist Ansprechpartner für das Landeskommando Bremen, das zur Streitkräftebasis gehört.

Der Reservist Peter Bley und Korvettenkapitän Florian Werder stehen vor einer Karte im Lagezimmer der MOS.

Reservist Peter Bley erläutert Korvettenkapitän Florian Werder im Lagezimmer der MOSMarineoperationsschule die aktuellen Coronazahlen. Hier werden auch die Hygienekonzepte für die Ausbildungsgänge laufend überarbeitet.

Bundeswehr/Thomas Krey


Nein, so hatte sich der Bremerhavener Peter Bley, 62, die Adventszeitzeit nicht vorgestellt. „Dass ich Weihnachten und Silvester in einem Lagezimmer sitzen werde und dort Daten und Fakten zur Corona-Pandemie zusammentrage, kam einigermaßen überraschend“, sagt der Kapitänleutnant der Reserve lächelnd. Mitte Oktober hatte ihn ein Anruf aus der Marineoperationsschule MOSMarineoperationsschule Bremerhaven erreicht: Ob er schnell mal eben für ein paar Tage im Lagezimmer aushelfen könne, das Personal sei knapp. Aus den „paar Tagen“ sind längst Wochen geworden, gerade hat Bley die Mitteilung bekommen, dass er bis Februar 2021 in der MOSMarineoperationsschule Reservedienst leisten wird.  Langweilig wäre dem begeisterten Großvater, Ortspolitiker und Angler auch ohne Übung nicht geworden, Spaß macht ihm die Arbeit in der MOSMarineoperationsschule natürlich trotzdem. Die Nähe zur Marine war es auch, die Peter Bley überhaupt zur Bundeswehr gebracht hat. Als dem Gymnasiasten der Einberufungsbescheid ins Haus geflattert war, musste der gebürtige „Fischkopp“ nicht lange überlegen. Die damals noch Marineortungsschule genannte Einrichtung wollte er sich gern genauer anschauen. Statt für den Wehrdienst entschied sich Bley für eine Verpflichtung als Zeitsoldat, auf zunächst vier Jahre. Die Bundeswehr gefiel ihm, er verlängerte auf acht, später auf zwölf Jahre. „Ich hatte in dieser Zeit eine sehr erfüllende Aufgabe, war als Radarmeister auf kleinen Minensuchern unterwegs, die mit ferngesteuerten Drohnen operiert haben – damals eine hochmoderne Technologie.“ Gegen Ende seiner Dienstzeit beantragte Bley die Übernahme als Offizier im militärfachlichen Dienst. „Hat geklappt“, sagt er in seiner norddeutsch trockenen Art. Er wurde im Operationsdienst eingesetzt, spezialisiert auf die Fliegerleitung.

Gewissensfragen für den Ausbilder

Verabschiedung in den Ruhestand: Kapitänleutnant Peter Bley und drei Kameraden vor einem Bordhubschrauber.

Farewell: Kapitänleutnant Dirk Stahlschmidt, Oberstabsbootsmann Andreas Kipp und Oberstabsbootsmann Jörg Kaluzynski (v.l) wünschen Kapitänleutnant Peter Bley (2.v.l.) alles Gute für den Ruhestand.

Bundeswehr/Falk Sternberg

Nach Ausbildungen in England und Dänemark wurde er als Leiter für die Fachabteilung Aircraft Control eingesetzt. In den letzten elf Jahren seiner Dienstzeit konnte er rund 200 Soldaten und Soldatinnen die Lizenz „Nato-Controller“ überreichen. „Damit hatten sie einen der schwersten Lehrgänge überhaupt bestanden“, erklärt Bley respektvoll. Er betont allerdings: „Auch wer den Abschluss nicht geschafft hat, muss sich nicht verstecken – wer bei uns antreten durfte, hatte längst bewiesen, dass er intelligent ist.“
Dennoch gab es Jahrgänge, in denen kaum ein Bewerber die begehrte Lizenz erhielt. Zu groß die Herausforderung, auch unter Dauerstress schnell und konzentriert Entscheidungen zu treffen. „Ein Hubschrauber fliegt nun mal, er erlaubt mir keine Denk- und Abwägungspausen beim Funken und Lotsen“, sagt der erfahrene Ausbilder. Immer wieder habe er selbstkritisch die Ausbildungsinhalte und –abläufe seiner Lehrgänge hinterfragt. „Aber in unserem Job besteht nur, wer wirklich stressresistent ist.“ Für Zögern sei in der Fliegerei kein Platz. „Mein wichtigster Leitsatz war immer: Die schlechteste Entscheidung ist gar keine Entscheidung.“ Dass der Kapitänleutnant damit nicht so falsch gelegen haben kann, zeigte sich bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand im Jahr 2014. Viele Piloten seien eigens zu der Feier angereist. Ihr Abschiedsgeschenk: Eine Plexiglas-Skulptur mit eingraviertem Hubschrauber und Radarkonsole. Darunter der Schriftzug: „Always kept us save“. Sie hängt bis heute an einem Ehrenplatz im Wohnzimmer des KaLeu. „Dass die Piloten meinen Controllern ihr unbedingtes Vertrauen geschenkt haben, das war und ist für mich das höchste Lob.“    

Windjammer-Treffen mit militärischer Beteiligung

Geschenk zum Abschied: Plexyglasscheibe mit eingraviertem Hubschrauber und Radarkonsole.

Piloten haben Peter Bley eine Plexyglasscheibe mit eingraviertem Hubschrauber und Radarkonsole geschenkt. Darauf der Schriftzug: „Always kept us safe.“

Bundeswehr/Peter Bley

Nach seinem Wechsel in den Ruhestand hängte Peter Bley die Uniform nicht an den Nagel. Seit 2005 hatte er sich um die Durchführung des militärischen Parts des Windjammer-Treffens Sail in Bremerhaven gekümmert. Fortan war Bley bei dem alle fünf Jahre stattfindenden Großereignis zuständig für sämtliche militärisch besetzte Schulschiffe im Rahmen der Sail. „Diese Schiffe werden über ihre jeweiligen Botschaften angemeldet und haben Anspruch auf Betreuung nach diplomatischem Protokoll.“ Da müssen Liegeplätze organisiert, die Versorgung mit Strom und Wasser sichergestellt werden, Soldaten und Soldatinnen brauchen Verpflegung, verunreinigtes Bilgenwasser muss abgepumpt werden – Hunderte von Kleinigkeiten, die sich bei mehreren Dutzend Schiffen dann doch zu einer großen Aufgabe auswachsen, die einer langen Vorbereitung bedarf. „Früher habe ich das neben meiner Lehrtätigkeit erledigt, jetzt kümmere ich mich als Reservist um diese Aufgaben, arbeite dabei eng mit Stadt Bremerhaven zusammen.“ In diesem Sommer hätte das nur alle fünf Jahre stattfindende Windjammer-Treffen wieder rund 250 Schiffe und weit über eine Million Besucher nach Bremerhaven bringen sollen – abgesagt wegen Corona.

Ein Reservist mit Leidenschaft fürs Wasser

Der damalige Bundespräsident Joachim Gauck wird während der Sail 2015 in Bremerhaven zur Fregatte Karlsruhe gebracht.

Der damalige Bundespräsident Joachim Gauck wird während der Sail 2015 in Bremerhaven zur Fregatte Karlsruhe gebracht.
Peter Bley hat während des Windjammer-Treffens die militärisch besetzten Schulschiffe betreut.

Bundeswehr/Björn Wilke

Peter Bley hätte nicht damit gerechnet, dass er seine Uniform nach der Absage der Sail in diesem Jahr trotzdem noch einmal aus dem Schrank holen müsste. Als er gebeten wurde, die MOSMarineoperationsschule im Rahmen der Pandemiebekämpfung zu unterstützen, beriet er sich kurz mit seiner Frau und sagte dann zu. Seit dem 16. November arbeitet er nun im Lagezimmer, einer wichtigen Schlüsselstelle an der   Marineoperationsschule. Hier laufen alle wichtigen Daten und Informationen zu aktuellen Entwicklungen ein, hier werden Lageberichte verfasst, Hygienekonzepte an neue Erfordernisse angepasst und alles Notwendige in die Wege geleitet, um den Schulbetrieb aufrecht erhalten zu können.  Kapitänleutnant Bley weiß, dass die Pandemie auch im kommenden Jahr zu Einschränkungen führen wird. Eine kleine Windjammerparade soll es nach jetzigen Plänen in Bremerhaven dennoch geben. „Nicht unwahrscheinlich, dass ich meine Uniform dann wieder anziehe und wieder Reservedienst leiste“, sagt er. Traurig darüber wäre der Reservist nicht – „Wenn ich am Wasser bin und irgendwo einen Schiffsdiesel wummern höre, fühle ich mich sofort zuhause.“ Ein schönes Gefühl.

von Andrea Hilscher  E-Mail schreiben

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