Auftrag: Sicherheit und Verteidigung
Klimawandel, instabile Staaten oder der russische Angriff auf die Ukraine: Die Welt ist im Umbruch und damit auch die deutsche Sicherheitspolitik. Die Bundeswehr hat vielfältige Aufgaben und muss für verschiedene Szenarien einsatzbereit sein.

Landes- und Bündnisverteidigung
In Europa ist Krieg: Die Bundeswehr verteidigt Deutschland und das NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnis. Nach der deutschen Wiedervereinigung und der Auflösung des Warschauer Paktes wandelte sich die Rolle der Bundeswehr. Sie wurde von einer Armee für die Landes- und Bündnisverteidigung im Kalten Krieg zu einer Einsatzarmee.
Das Out-of-area-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1994 ließ Auslandseinsätze auch außerhalb des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebietes zu, sofern der Bundestag zustimmt. An der Seite von Partnerarmeen diente die Bundeswehr fernab der Heimat in Stabilisierungseinsätzen – vom Balkan über Afghanistan bis nach Mali. Teils erlitt sie dabei schmerzhafte Verluste.
Zunehmende Spannungen mit Russland in den vergangenen Jahren haben die Landes- und Bündnisverteidigung wieder in den Vordergrund gerückt. Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist die Verteidigungsfähigkeit der NATONorth Atlantic Treaty Organization und damit auch Deutschlands aktuell eine viel diskutierte Frage.
Mit dem im Juni 2022 beschlossenen 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen stehen der Bundeswehr künftig neue Möglichkeiten für die Ausrüstung der Truppe zur Verfügung.
Internationale Missionen
Deutschland übernimmt Verantwortung – und engagiert sich auch militärisch. Friedensmission in Kambodscha, Piratenjagd am Horn von Afrika oder Kampf gegen Ebola in Liberia: Seit über 30 Jahren beteiligt sich die Bundesrepublik an zahlreichen Auslandseinsätzen weltweit. Deren Charakter ist so verschieden wie die Einsatzorte. Stabilisierungseinsätze wie SFORStabilisation Force in Bosnien und Herzegowina und KFORKosovo Force im Kosovo haben viele Jahre das Bild von Auslandseinsätzen geprägt. Ab Mitte der Nullerjahre zog die Sicherheits- und Wiederaufbaumission ISAFInternational Security Assistance Force in Afghanistan die Aufmerksamkeit auf sich. Mehr als 25 Auslandseinsätze hat die Bundeswehr bereits abgeschlossen.
Aktuell sind über 3.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätzen und anerkannten Missionen der Bundeswehr gebunden. Mehr als die Hälfte von ihnen unterstützt den UNUnited Nations-Friedenseinsatz MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali in Mali. Allein im Mittelmeer beteiligt sich die Bundeswehr dreifach: an der UNUnited Nations-Mission UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon, der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Operation Sea Guardian und der EUEuropäische Union-Mission EUNAVFOREuropean Union Naval Force MEDMediterranean Irini. Fast 300 Soldatinnen und Soldaten sind in Jordanien und dem Irak und unterstützen den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS„Islamischer Staat“).
Menschen retten
Die Truppe ist bereit, in Not geratene Menschen aus Krisenregionen zu evakuieren. Zu den Aufgaben der Bundeswehr gehört auch die Evakuierung deutscher Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus dem Ausland, wenn dort ihr Leben in Gefahr ist. Je nach Sicherheitslage vor Ort gibt es drei Eskalationsstufen. Die schnelle Luftabholung ist die unkomplizierteste Variante. Dann schickt die Luftwaffe Flugzeuge und bringt die Landsleute heim. Bei einer schnellen Luftevakuierung werden Schutzberechtigte an einer Sammelstelle registriert und ausgeflogen. Die robuste Luftevakuierung bedeutet, dass die Menschen, wenn nötig, freigekämpft werden müssen.
In der Division Schnelle Kräfte (DSKDivision Schnelle Kräfte) hält die Bundeswehr permanent Kräfte bereit, die mit minimalem Vorlauf weltweit eingesetzt werden können. Nach dem Zusammenbruch der staatlichen Ordnung in Afghanistan im August 2021 startete ein Einsatzverband der DSKDivision Schnelle Kräfte unter Führung von Brigadegeneral Jens Arlt nach Kabul. Binnen elf Tagen retteten die Deutschen mehr als 5.300 Menschen aus 45 Ländern über eine Luftbrücke ins usbekische Taschkent.
Flucht über das Mittelmeer
Die Bundeswehr rettete Tausende Menschen aus Seenot. Die Vereinten Nationen sprechen von weltweit über 100 Millionen Menschen, die aus ihrer Heimat vor Krieg und Gewalt, Hunger und Armut sowie den Folgen des Klimawandels fliehen. Ein Teil davon versucht, nach Europa zu gelangen. Eine der Fluchtrouten verläuft über das Mittelmeer. 2015 übernahm die Deutsche Marine hier eine wichtige Aufgabe.
Fluchtbewegungen von Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten ließen die Schleusertätigkeit vor der libyschen Küste enorm ansteigen. Beim Versuch, auf meist wenig seetüchtigen Booten nach Europa zu gelangen, ertranken viele Migrantinnen und Migranten. Die Teilnehmenden der Operation European Union Naval Force Mediterranean (EUNAVFOREuropean Union Naval Force MEDMediterranean) sollten die Lage im südlichen Mittelmeer aufklären und Informationen über die Routen der Menschenschmuggler gewinnen.
Immer wieder retteten sie dabei Menschen, die in Seenot geraten waren. Wenige Wochen, nachdem am 24. August 2015 an Bord der Fregatte „Schleswig-Holstein“ ein somalisches Mädchen zur Welt kam, erhielt die EUEuropäische Union-Mission ihren Namen: Operation Sophia. Zwischen Mai 2015 und Juni 2019, dem Ende der Mission, retteten deutsche Schiffe und Besatzungen 22.534 Menschen aus Seenot und brachten sie sicher an Land. Sie trugen außerdem dazu bei, dass über 150 mutmaßliche Schleuser und Schleuserinnen den Strafverfolgungsbehörden übergeben werden konnten.
Katastrophen und Wetterextreme
Der Einsatz der Bundeswehr im Innern ist in Deutschland durch das Grundgesetz grundsätzlich verboten. Erlaubt ist allerdings die Amtshilfe, wenn zivile Behörden bestimmte Katastrophen und Krisen ohne Unterstützung der Bundeswehr nicht bewältigen können und deshalb um Unterstützung bitten.
Die Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland haben in den vergangenen Jahren wiederholt Unterstützungsaktionen durch die Truppe nach sich gezogen. Die Fluthilfe an der Oder 1997 und an der Elbe 2002 ist vielen Menschen noch in Erinnerung. Beim Hochwasser 2013 und bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 unterstützten Tausende Soldatinnen und Soldaten und setzten Räumpanzer, Boote und Hubschrauber ein.
Bei den Waldbränden im Sommer 2022 kam die Bundeswehr den zivilen Kräften mit Räumtechnik und Löschhubschraubern zu Hilfe. Moderne Ortungs- und Aufklärungstechnik der Luftwaffe wurde zur Suche von Vermissten eingesetzt.
Bekämpfung von Pandemien
Auch während Coronapandemie hilft die Bundeswehr in Deutschland. Kurz nach Pandemiebeginn Anfang 2020 zeichnet sich für die Bundeswehr der bis heute größte und umfangreichste Fall von Amtshilfe ab. Beim Hilfeleistungskontingent Corona stellt die Truppe in außergewöhnlichem Umfang Personal zur Verfügung, um Engpässe in der öffentlichen Verwaltung zu überwinden.
Zwei Jahre lang helfen Soldatinnen und Soldaten in den Gesundheitsämtern bei der Kontaktverfolgung, unterstützen in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die Bundeswehr betreibt Teststationen, Impfzentren und das Verteilzentrum für die Mehrheit der Corona-Impfstoffe in Deutschland. Das alles häufig im Schichtbetrieb und rund um die Uhr über Monate hinweg. Bis zu 22.000 Bundeswehrangehörige werden in den herausforderndsten Phasen der Pandemie bereitgehalten.
Ohne die Truppe wäre vieles im Land noch schwieriger geworden. Und die Kameradinnen und Kameraden der Helfenden Hände halten den Regelbetrieb auch in den Einheiten aufrecht. Ende März 2022 wird das Hilfeleistungskontingent offiziell für beendet erklärt. Seither wird aus dem Regelbetrieb heraus Coronahilfe geleistet.