Was die Bundeswehr aus dem Ukrainekrieg für ihre Digitalisierung lernt
Landes- und Bündnisverteidigung- Datum:
- Ort:
- Bonn
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Der Krieg in der Ukraine macht klar: Um die Informations- und Führungsüberlegenheit zu sichern, braucht die Bundeswehr widerstandsfähige ITInformationstechnik-Systeme und flexible Führungsstrukturen. Die gewonnenen Erkenntnisse reichen vom Schutz wichtiger Rechenzentren bis hin zur verlässlichen Kommunikation direkt an der Front.
Eine der wichtigsten Lehren aus der Ukraine: Wer kritische Infrastruktur ausschaltet, schwächt nicht nur die gegnerische Militärführung erheblich, sondern untergräbt die Handlungsfähigkeit des Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern. Für Streitkräfte bedeutet das, dass die Aufrechterhaltung von Informations- und Führungsfähigkeit oberste Priorität hat – auch unter extremen Bedingungen. Dabei zeigt der Krieg in der Ukraine deutlich, wie verwundbar moderne ITInformationstechnik-Systeme sind, wenn Energieversorgung oder Netzverbindungen ausfallen. Die gezielte Zerstörung von Infrastruktur in der Ukraine hat Rechenzentren und Kommunikationsnetze hart getroffen – mit Folgen für militärische Abläufe und die Zivilverwaltung gleichermaßen.
Für die Bundeswehr rücken damit der Schutz und die Stabilität ihrer eigenen digitalen Basis in den Fokus. Entscheidend ist nicht nur die Absicherung einzelner Rechenzentren, sondern auch der Schutz der gesamten unterstützenden Infrastruktur – vom Energiebedarf bis zu den Datenverbindungen. Resilienz entsteht dabei vor allem durch Vernetzung: Mehrere Rechenzentren in einem Verbund sowie Cloud-Technologien sorgen dafür, dass bei Ausfall einzelner Standorte der Betrieb aufrechterhalten bleibt. Gleichzeitig werden Synergien mit anderen Behörden geprüft, um Kapazitäten und Sicherheit zu erhöhen.
Auf dem Gefechtsfeld in der Ukraine hat sich gezeigt, dass große stationäre Gefechtsstände schnell zum Ziel werden. Die ukrainischen Streitkräfte stellten deshalb auf kleinere beweglichere Einheiten um, die sich flexibel verlegen lassen und schwerer aufzufinden sind.
Auch die Bundeswehr zieht daraus Konsequenzen. Gefechtsstände sollen künftig schlanker, mobiler und auf das Wesentliche beschränkt sein. Wichtig ist, dass sie über mehrere, voneinander unabhängige Anbindungen verfügen – beispielsweise Kabelstrecken, Mobilfunksysteme und Satellitenverbindungen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass auch bei Ausfall einzelner Systeme die Kommunikation nicht abreißt. Die genutzte Informationstechnik muss sich auf die Kernfunktionen zur militärischen Führung beschränken und einfach handhabbar sein, um im Einsatz schnell reagieren zu können.
Ein weiteres prägendes Merkmal des Ukrainekriegs ist der massive Einsatz Elektronischer Kampfführung. Russische und ukrainische Kräfte stören an der Front gezielt GPSGlobal Positioning System-Signale und Funkverbindungen. Navigation und Kommunikation werden dadurch erschwert oder unmöglich gemacht. Ukrainische Einheiten greifen deshalb zunehmend auf einfache, robuste Techniken zurück – wie den klassischen Feldkabelbau. So bleiben Befehle auch bei intensiver elektronischer Störung übertragbar.
Für die Bundeswehr heißt das: Kommunikationssysteme müssen parallel verschiedene Übertragungswege nutzen können. Dazu gehört ein Mix aus militärischen und zivilen Systemen – alles, was in einer Lage funktioniert, wird genutzt. Dafür müssen die Fähigkeiten zum Verlegen von feldmäßigen Kabelstrecken deutlich gesteigert werden. Hinzu kommen neue innovative Ansätze wie etwa der Einsatz von Robotern oder Drohnen zum Verlegen von Leitungen oder den Transport großer Datenmengen.
Die moderne Kriegsführung kennt keine klaren Grenzen zwischen zivilen und militärischen Informationsquellen mehr. In der Ukraine liefern nicht nur Soldatinnen und Soldaten, sondern auch Zivilpersonen wertvolle Daten, oft per Smartphone aufgenommen und über soziale Medien geteilt. Die Ukraine hat gemerkt, dass es wichtiger ist, alle Informationen in einem einheitlichen System zu verarbeiten und auf eine Trennung von Informationsräumen nach Geheimhaltungsgrad zu verzichten.
Das erfordert Anpassungen: Alle relevanten Informationen – egal, ob sie aus einem militärischen Aufklärungssystem oder von einer zivilen Quelle stammen – müssen schnell in den gemeinsamen Datenraum integriert werden. Auf diese Weise wird es möglich, Informationen aus unterschiedlichen Quellen abgleichen zu können. Hierbei setzt die Bundeswehr künftig stärker auf KIkünstliche Intelligenz-gestützte Auswertung, um in großen Datenmengen relevante Muster und Informationen schneller zu identifizieren. Dabei nach wie vor von oberster Priorität: die Sicherheit der Informationen.