Herr Major, könnten Sie uns etwas zu Ihrer Tätigkeit bei der Übung Locked Shields erzählen?

Ja, gerne. Ich bin hier als Teamlead „Operational Technology“ eingesetzt. Da geht es im Schwerpunkt um den Schutz von kritischer Infrastruktur wie Wasseraufbereitung, Stromerzeugung und -verteilung und 5G-Netzwerke. Das mache ich in der Eigenschaft als Reservist für drei Wochen. Insgesamt versuche ich, immer zwei Monate im Jahr neben meiner eigentlichen Tätigkeit als Softwareanalyst möglich zu machen.
Softwareanalyst im Zivilen und hier für die Bundeswehr als Cyber-Reservist – eigentlich ein Musterbeispiel für eine Lösung, von der beide Seiten profitieren, oder?

Auf jeden Fall, ja. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass da ein Wissenstransfer in beide Richtungen stattfindet. Das, was ich in meiner täglichen Arbeit in der Firma mache, kann ich hier super verwenden, und umgekehrt genauso.
Sie sagten, dass Sie bei Locked Shields als Teamlead eingesetzt sind. Was heißt das konkret?

In erster Linie ist das eine leitende Tätigkeit, in der ich ein ganzes Team betreue. Dabei muss ich den Gesamtüberblick behalten, da wir mit verschiedenen Systemen gleichzeitig arbeiten. Wenn das erledigt ist und jeder weiß, was er zu tun hat, kann ich mich auch selbst an den Rechner setzen und den analytischen Part übernehmen.
Ihr Team hier ist ja sowohl zivil und militärisch als auch national und international gemischt. Klappt das gut?

Also neben meiner Wenigkeit waren die einzigen Militärs im Team die Kameraden aus Singapur, von deutscher Seite aus waren es ausschließlich Zivilisten. Das Interessante daran ist die Arbeitsweise, da diese oft erstmal selbstständiger arbeiten, ohne sich innerhalb der Befehlskette erst rückversichern zu müssen, ob das auch alles so richtig ist. Ansonsten ist es besonders spannend, durch die Teilnehmenden verschiedener Dienststellen, Behörden und ziviler Unternehmen einfach sehr viele Perspektiven auf ein einzelnes Problem zu bekommen. Dadurch steigt die Lösungskompetenz der ganzen Gruppe.
Sie hatten mir erzählt, dass es dieses Jahr schon Ihre sechste Locked Shields ist. Hat sich die Übung in den letzten Jahren verändert?

Ja, definitiv. Als ich das erste Mal dabei war, hatten wir gerade mal zwölf Teilnehmende. Da ist natürlich bei weitem nicht so viel Spielraum, was das Szenario und auch die Tiefe der Übung angeht. Irgendwann wurde das Limit dann aufgehoben und das Ganze ist explosionsartig gewachsen. Der Charakter der Übung hat sich also aus meiner Sicht fundamental gewandelt. Heute läuft das Szenario in eine ganz klar erkennbare Richtung, um auch auf realistische Bedrohungsszenarien im Cyberraum vorbereitet zu sein.
Wie ist Ihre persönliche Einstellung zur Übung? Worauf freuen Sie sich, wenn Sie Jahr für Jahr wiederkommen?

Locked Shields ist so ausgelegt, dass man sich mit wahnsinnig vielen Dingen beschäftigen muss, mit denen man bislang weder beruflich noch privat zu tun hatte. Die Lernkurve ist daher sehr steil und das ist das, was mich reizt und worauf ich mich jedes Mal freue: neue Dinge lernen, die ich sonst nicht zu sehen bekäme.