Abstrahlsicherheit – Pfeiler moderner Informationssicherheit im militärischen Umfeld
Abstrahlsicherheit – Pfeiler moderner Informationssicherheit im militärischen Umfeld
- Datum:
- Ort:
- Euskirchen
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- 3 MIN
Informationssicherheit gewinnt stetig an Bedeutung, da Informationen zunehmend elektronisch erzeugt, verarbeitet und übertragen werden. Gerade im militärischen Umfeld, in dem die Vertraulichkeit sensibler Informationen besonders wichtig ist, ist der Schutz dieser Informationen unerlässlich. Auch die Technik als solche kann ein Schwachpunkt sein.
Jedes elektronische Gerät, das digitale oder analoge Informationen verarbeitet – sei es ein Server, ein Kommunikationsgerät oder ein Steuerungselement in einem Waffensystem – erzeugt unweigerlich elektromagnetische Emissionen. Diese Abstrahlungen können mit entsprechendem technischem Aufwand von außen, zum Beispiel mittels Antennen, empfangen und durch Analysesysteme ausgewertet werden. Die Gefahr dabei: Selbst verschlüsselte Inhalte lassen sich durch sogenannte Seitenkanalanalysen unter Umständen rekonstruieren, wenn die Emissionen nicht ausreichend unterdrückt werden.
Abstrahlungen als Angriffspunkt
Kryptografie, Härtung und stetige Aktualisierung von ITInformationstechnik-Systemen sowie Schwachstellenanalysen und Penetrationstests tragen erheblich dazu bei, den erforderlichen Schutz von Informationen zu gewährleisten. Eine der weniger sichtbaren, aber dennoch hochkritischen Teildisziplinen innerhalb der Informationssicherheit ist deshalb die Abstrahlsicherheit – im internationalen Kontext auch als TEMPESTTransient Electromagnetic Pulse Emanation Standard bezeichnet. Das steht für Transient Electromagnetic Pulse Emanation Standard, also den Standard für transiente elektromagnetische Abstrahlung.
Im operativen Alltag der Bundeswehr sind zahlreiche Szenarien denkbar, in denen TEMPESTTransient Electromagnetic Pulse Emanation Standard-relevante Risiken bestehen. Führungsinformationssysteme beispielsweise verarbeiten kontinuierlich aktuelle Lageinformationen und Befehle. Eine Kompromittierung solcher Systeme durch Abhören elektromagnetischer Emissionen könnte gravierende Auswirkungen auf aktuell laufende oder geplante Operationen haben. Ähnlich verhält es sich in Lagezentren und Gefechtsständen, in denen unterschiedliche Informationsflüsse zusammenlaufen und daher ein erhöhter Schutzbedarf besteht. Selbst Waffensysteme wie Fregatten sind nicht ausgenommen – insbesondere dort, wo Kommunikation, Navigation und Steuerung elektronisch erfolgen.
Abstrahlprüfzentrum der Bundeswehr
Das Kommando Cyber- und Informationsraum (CIRCyber- und Informationsraum) der Bundeswehr koordiniert die verschiedenen Dienststellen, die mit Schutz und Sicherstellung der Informations- und Kommunikationsfähigkeit der Truppe befasst sind. Eine Schlüsselrolle spielt hierbei das Zentrum für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr (ZCSBwZentrum für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr) mit seinem Abstrahlprüfzentrum, einer hoch spezialisierten Beratungs- und Prüfinstitution. Es hat den Auftrag, alle Dienststellen, die mit der Beschaffung und Nutzung von Verschlusssachen verarbeitenden ITInformationstechnik-Systemen befasst sind, zur Abstrahlsicherheit zu beraten und anschließend die technische Umsetzung von TEMPESTTransient Electromagnetic Pulse Emanation Standard-Maßnahmen gemäß nationalen und internationalen Standards zu prüfen. Nur so kann unter anderem sichergestellt werden, dass etwa ein neu entwickeltes Waffensystem oder ein mobiler Gefechtsstand die erforderlichen TEMPESTTransient Electromagnetic Pulse Emanation Standard-Anforderungen erfüllt, bevor diese in die Truppe eingeführt werden.
Herausforderungen für die Abstrahlsicherung
Die Herausforderungen der Zukunft sind auch im Bereich der Abstrahlsicherheit vielfältig: Miniaturisierung elektronischer Systeme und Module (beispielsweise Mikrosender mit hoher Leistung), die Integration von KIkünstliche Intelligenz und autonomen Funktionen sowie der zunehmende Einsatz von Funkverbindungen im taktischen Bereich erhöhen die Komplexität der Schutzmaßnahmen zunehmend. Gleichzeitig steigt durch neue Bedrohungsszenarien das Risiko gezielter elektromagnetischer Spionage. Um diesen Entwicklungen adäquat zu begegnen, ist eine fortlaufende Evaluierung und Modernisierung der TEMPESTTransient Electromagnetic Pulse Emanation Standard-Maßnahmen erforderlich. Die Harmonisierung internationaler Standards und die Nutzung von Prüf- und Zulassungseinrichtungen gewinnen dabei weiter an Bedeutung – neben multinationalen Einsätzen auch bei der Landes- und Bündnisverteidigung.
Fazit
Abstrahlsicherheit ist weit mehr als ein technisches Randthema. Sie ist vielmehr integraler Bestandteil der Informationssicherheit und damit der gesamten Einsatzfähigkeit der Bundeswehr. Das Zusammenspiel des Zentrums für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr und dem darin integrierten Abstrahlprüfzentrum mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr und den Nutzern gewährleistet, dass die Bundeswehr auch künftig elektromagnetisch „dicht“ bleibt – zum Schutz ihrer Informationen, ihrer Systeme und letztlich ihrer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.