Streitkräftebasis
Ehrenzeichen verliehen

Soldat mit kühlem Kopf in Katastrophennacht

Soldat mit kühlem Kopf in Katastrophennacht

Datum:
Ort:
Ulmen
Lesedauer:
4 MIN

Sieben Menschen rettete Hauptmann Theo Frisch während der Flutkatastrophe im Ahrtal vor dem Ertrinken – unter Einsatz seines eigenen Lebens. Dafür erhielt der Soldat nun das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold mit rotem Rand.

Ein Soldat mit einem goldenen Kreuz auf der Brust steht auf einem Kasernengelände und blickt einen anderen Soldaten an.

Hauptmann Theo Frisch ist für die Rettung von sieben Menschen mit dem Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold mit rotem Rand ausgezeichnet worden.

Bundeswehr/Marcel Ebeling

„Kanu-Retter“ und „Kanu-Held“: So wird Hauptmann Theo Frisch seit der Katastrophen-Nacht im Juli 2021 genannt. Als das Hochwasser das Ahrtal traf, rettete er in seinem Wohnort Altenburg, einem Ortsteil von Altenahr, sieben Menschen das Leben. Mit seinem Kanu bewahrte er sie vor dem Ertrinken in den Fluten.

Am späten Abend des 14. Juli, nachdem das Hochwasser der Ahr bereits große Teile von Altenburg eingeschlossen hatte, befand sich Theo Frisch auf dem Hang hinter seinem Wohnhaus. Als er laute Hilferufe aus der Nachbarschaft hörte, stieg er trotz der Dunkelheit und starken Strömung in sein Kanu und paddelte zu einer von den Fluten eingeschlossenen Familie. Es gelang ihm, eine Mutter und ihre drei jugendlichen Kinder vom Balkon ihres Hauses zu retten. Auch die im Haus gegenüber wohnende Großmutter, die im ersten Stock vom Wasser eingeschlossen war, brachte er mit dem Kanu in Sicherheit. Danach wurde er auf drei weitere Personen in einem zum Teil bereits eingestürzten Haus aufmerksam. Zwei von ihnen, eine Frau und einen geistig behinderten Mann, konnte er vom Dach des Hauses aus im Kanu aufnehmen. Nach wenigen Metern kenterten sie jedoch und der Soldat tauchte in der starken Strömung nach den Untergegangenen. Nach einiger Zeit unter Wasser gelang es ihm, den Mann zu finden und über Wasser halten. Die Frau hatte sich nach dem Auftauchen an Trümmern festgeklammert. Mit vereinten Kräften konnten sich die drei auf das Dach eines Flachbaus retten, wo sie die Nacht verbrachten. Theo Frisch hielt den Mann die ganze Nacht über fest, um zu verhindern, dass er wieder ins Wasser fiel. Nach Absinken des Wasserpegels in den frühen Morgenstunden konnten Nachbarn die drei mit einer Leiter vom Dach retten.

Lebensretter in Uniform

Neben einem Rednerpult steht ein Soldat und liest aus einer Mappe vor. Neben ihm steht ein Soldat stramm und hört zu.

Bei einem Appell in der Gräfin-von-Maltzan-Kaserne in Ulmen verlieh der Amtschef des Streitkräfteamts, Generalmajor Franz Weidhüner, das Ehrenzeichen an Theo Frisch.

Bundeswehr/Marcel Ebeling

Ausbildungen, Übungen und Einsätze planen und koordinieren, entsprechende Befehle erstellen und bearbeiten, Berichte auswerten: Diese und weitere Aufgaben übt der Soldat in seinem beruflichen Alltag aus. Der 31-Jährige ist Inspektionschef und stellvertretender Leiter der Abteilung Lehre/Ausbildung an der Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr in Ulmen. Damit ist er für die administrative Überwachung und Steuerung der Ausbildungen in der Dienststelle sowie als Vorgesetzter für die Dienstaufsicht der Ausbilder zuständig. 2010 direkt nach seinem Abitur trat er in die Bundeswehr ein, absolvierte die Ausbildung zum Offizier in der Fallschirmjägertruppe und ist seit 2020 in Ulmen stationiert. 

Privat hat sich der Zeitsoldat lange Zeit in verschiedenen Feuerwehren und im Rettungsdienst engagiert. „Ich habe dort viel gelernt, bin in die Verwendungen und Befähigungen reingewachsen“, sagt er. Menschen zu helfen und etwas zu tun, dass der Allgemeinheit zugutekommt, ist ihm ein persönliches Anliegen. Da passt auch sein Beruf ins Bild: „Die Bundeswehr ist für die Bevölkerung, zu ihrem Schutz da. Und ich kann mir vorstellen, nach meiner Zeit bei der Bundeswehr in einem Bereich tätig zu sein, wo es ebenfalls um das Allgemeingut geht.“ Vor diesem Hintergrund scheint es nur konsequent, dass er seine Nachbarn vor dem Ertrinken rettete. Auch wenn er dabei sein eigenes Leben riskierte.

Kühlen Kopf bewahrt

Zwei Soldaten schütteln sich die Hände. Einer ist von vorne, einer von hinten zu sehen.

Theo Frisch zählt nun zu den rund 150 Personen, die diese hohe und seltene Auszeichnung erhalten haben.

Bundeswehr/Marcel Ebeling

Der Hauptmann blickt gefasst auf die Erlebnisse der Hochwasser-Nacht zurück. Er sagt, dass ihm seine Ausbildung bei der Bundeswehr geholfen habe, in der lebensgefährlichen Situation einen kühlen Kopf zu bewahren. „Fallschirmjäger und Infanterieoffiziere durchlaufen eine sehr fordernde Ausbildung. Geholfen haben mir auch meine Rettungsschwimmerausbildung und der Einzelkämpferlehrgang. Dadurch weiß man, wie man mit seinen Kräften arbeitet, um auf bestimmte Situationen reagieren zu können“, schildert er. Es sei ihm durchaus bewusst gewesen, dass die Situation für ihn lebensgefährlich war. „Das hatte ich im Hinterkopf, aber ich wusste, ich muss die Dinge reaktionsschnell zum Erfolg bringen.“ Eine wichtige Rolle spielte auch, dass sonst niemand vor Ort war, um zu helfen: „Keine Hubschrauber, keine Feuerwehr, kein THWTechnisches Hilfswerk, kein Rettungsdienst. Ich war als einziger Akteur im Wasser. Hilfe hatte ich noch von zwei, drei Leuten. Vom Ufer aus habe ich Signale bekommen. Sonst war aber niemand da und ich musste das Beste daraus machen“, berichtet er.

(K)eine Selbstverständlichkeit

Eine Hand befestigt ein goldenes Kreuz unter dem Namensschild mit der Beschriftung „Frisch“ an der Brust eines Soldaten.

Das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold mit rotem Rand wird für „besonders herausragende Leistungen, insbesondere hervorragende Einzeltaten unter Gefahr für Leib und Leben“ verliehen.

Bundeswehr/Marcel Ebeling

Mehrere Zeitungen und Fernsehsender haben über die selbstlose und lebensgefährliche Rettung berichtet, für die Theo Frisch nun eine sichtbare Anerkennung erhalten hat. Bei einem Appell in der Gräfin-von-Maltzan-Kaserne in Ulmen, dem auch die Familie und Freunde des Soldaten sowie die geretteten Personen beiwohnten, verlieh ihm der Amtschef des Streitkräfteamts, Generalmajor Franz Weidhüner, ein Ehrenzeichen der Bundeswehr: Das Ehrenkreuz in Gold mit rotem Rand. Verliehen wird es für „besonders herausragende Leistungen, insbesondere hervorragende Einzeltaten unter Gefahr für Leib und Leben“. Es ist eine hohe Auszeichnung – und eine seltene noch dazu. Das Kreuz haben bislang erst rund 150 Personen erhalten. Darüber freut sich der Hauptmann, der bis kurz vor dem Appell noch ahnungslos war, besonders: „Das ist eine große Anerkennung, auch wie hoch der Appell angesetzt war. Eine unglaubliche Ehre war für mich auch, dass mir der Amtschef noch seinen persönlichen Coin verliehen hat, den sonst nur wenige Personen erhalten.“ Diese Coins werden in der Bundewehr von Kommandeuren nur für besonders herausragende Leistungen übergeben. Auch wenn Theo Frisch bescheiden von der Rettung erzählt und es für ihn eine Selbstverständlichkeit war, die Leben seiner Nachbarn unter Gefahr für sein eigenes zu retten – die nun verliehene Auszeichnung zeigt, dass es keine ist.

von Lorena Grüner  E-Mail schreiben

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