Cyber- und Informationsraum
Europäisches Projekt

Sicherheit im Cyber- und Informationsraum für Europa

Sicherheit im Cyber- und Informationsraum für Europa

Datum:
Ort:
Brüssel
Lesedauer:
5 MIN

Das europäische Projekt Cyber- and Information Domain Coordination Centre (CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre) wurde in Brüssel eingeweiht. Das Ziel: Ein gemeinsames Lagebild des Cyber- und Informationsraums zu generieren sowie den gemeinsamen Einsatz bei Bedrohungen zu koordinieren.

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Die EUEuropäische Union muss ein starker, verlässlicher Akteur sein, um gemeinsame Werte wie Demokratie und Menschenrechte zu schützen und zu verteidigen – auch im Cyber- und Informationsraum. Das neue CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre in Brüssel koordiniert das Lagebild für die EUEuropäische Union-Mitglieder.

Die Entwicklungen im geopolitischen Umfeld, insbesondere der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, haben deutlich gemacht, dass Europas Sicherheitsarchitektur insgesamt gestärkt werden muss. Neben den klassischen Bereichen rückt mit dem Cyber- und Informationsraum eine Dimension in den Mittelpunkt, in der Angriffe auf Organisationen und kritische Strukturen an der Tagesordnung sind, ohne dass Landesgrenzen eine Rolle spielen.

Vier Nationen gründen Koordinationszentrum

Gerade deshalb ist es von essentieller Bedeutung, dass – neben militärischen Operationen der EUEuropäische Union – auch deren Institutionen und ihre Mitgliedstaaten vor Bedrohungen gewarnt und im besten Fall geschützt werden. Um dieser Forderung gerecht zu werden, haben sich nun vier Nationen unter Führung Deutschlands zusammengetan und das Cyber- and Information Domain Coordination Centre (CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre) in Brüssel ins Leben gerufen. Hier laufen zukünftig die Lagebilder aus dem Cyber- und Informationsraum zusammen.

Belgische Offizierschule wird europäische Einrichtung

Mittwochnachmittag in Brüssel. In einem historischen Gebäudekomplex, der belgischen Offizierschule, findet eine außergewöhnliche Zeremonie statt: Die Indienststellung des CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre. Aufgrund der angespannte Infrastrukturlage in Brüssel hat sich die Schule bereiterklärt, dem neuen CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre Büroräume zur Verfügung zu stellen, um die Arbeit schnellstmöglich aufnehmen zu können. Ein Schild am Gebäude signalisiert nun, dass sich nicht nur Anteile des belgischen Militärs in der Liegenschaft befinden, sondern jetzt auch eine europagemeinsame Einrichtung.

Warnsensoren zum Schutz der vierten Dimension

Die Lage ist räumlich optimal, da die zukünftigen Nutznießer, die Europäische Union und hier natürlich besonders die militärischen Anteile, in der Nähe liegen. Dies ist auch notwendig, denn das CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre ist ein PESCOPermanent Structured Cooperation Projekt (Permanent Structured Cooperation), das eine wichtige Fähigkeitslücke schließen soll: den Blick in den Cyber- und Informationsraum. Gerade die militärischen Missionen der Europäischen Union, sei es im Mittelmeer, in Mali oder die Ausbildung ukrainischer Soldaten benötigt Warnsensoren und Schutz in dieser vierten Dimension, denn Gegner wie terroristische Organisationen oder auch feindliche staatliche Akteure sind hier schon lange aktiv.

Zwei Soldaten enthüllen eine Wandtafel an einem Gebäude.

Der Abteilungsleiter Planung/Digitalisierung im Kommando CIRCyber- und Informationsraum, Generalmajor Dr. Michael Färber und Admiral Yves Dupont, der belgische Schulkommandeur, enthüllen das Dienststellenschild des neu gegründeten CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre

Bundeswehr/Torsten Stephan

Wissen, wer an die Cyber-Tür klopft

Für Frau Benedikta von Seherr-Thoss, Repräsentantin des European External Action Service (EEASEuropean Union External Action Service), liegt die Bedeutung dieses PESCOPermanent Structured Cooperation Projektes und der damit verbundene Fähigkeitsgewinn auf der Hand: „Das CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre wird uns helfen zu verstehen, wer bei Operationen und Missionen an unsere Cyber-Türen klopft. CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre wird uns helfen zu sehen, wo wir bisher blind waren. Ich muss sagen, dass ich sehr froh bin, dass dieses Projekt zustande kommt.“

CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre als Tool-Box gegen hybride Bedrohungen

Da eine Dopplung von Fähigkeiten weder gewünscht noch zielführend ist, haben sich die Initiatoren für die Form eines Coordination Centre entschieden. Das bedeutet, dass die eigentlichen Sensorfähigkeiten nach wie vor durch nationale Einrichtungen wie beispielsweise Cyber Commands, wie sie die Masse der EUEuropäische Union-Mitgliedsstaaten unterhalten, sichergestellt werden. Aktuell haben sich vier Nationen (Deutschland, Frankreich, Niederlande und Ungarn) unter deutscher Führung bereiterklärt, ihre Leistungen in den Bereichen Lagefeststellung, Analyse sowie Bewertung für den Cyber- und Informationsraum zur Verfügung zu stellen, gewissermaßen als Tool-Box gegen hybride Bedrohungen.

Leistungen anfragen, Cyber-Lagebild bekommen

Ganz praktisch kann dann der Kommandeur einer EUEuropäische Union-Mission Leistungen anfragen und die vier Nationen liefern dann ihr jeweiliges Lagebild, das im CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre gesammelt und zusammengesetzt wird. Auf diese Weise können auch Spezialisierungen einzelner Nationen, etwa aufgrund der Sprache oder strategischen Ausrichtung genutzt werden. Neben den vier teilnehmenden Nationen haben sich zwölf weitere Nationen (Belgien, Estland, Griechenland, Italien, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Spanien, Tschechische Republik, Republik Irland, Zypern) im Rahmen eines Beobachterstatus bereiterklärt, sich das Projekt anzuschauen und im Einzelfall auch Beiträge zu liefern; frei nach dem Motto: Je mehr mitmachen, desto detaillierter und genauer wird das jeweilige Lagebild. Das Lagebild wird dann grundsätzlich mit den EUEuropäische Union-Institutionen und allen EUEuropäische Union-Staaten geteilt. Auf diese Weise haben alle etwas davon.

Cyber-Verteidigung ist notwendig

Die immense Bedeutung wird durch den Chairman of the EUEuropäische Union Military Committee (EUMC), General Robert Brieger verdeutlicht: „Lassen Sie mich zunächst die hohe Bedeutung des Cyberspace im privaten und öffentlichen Sektor hervorheben. Die EUEuropäische Union-Mitgliedsstaaten und die EUEuropäische Union-Politik der Cyber-Verteidigung bestätigen die Notwendigkeit eines EUEuropäische Union-Koordinierungszentrums für Cyber-Verteidigung. Die Einrichtung eines Cyber- und Information Koordinierungszentrums wird ein Schritt in diese Richtung sein.“

Gruppenfoto mit drei deutschen und einem ausländischen Soldaten vor einem Gebäude.

Gruppenfoto vor der Dienstelle: (v.l.n.r.) der Direktor des CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre, Oberstleutnant i.G. Christof Opolony, Generalmajor Dr. Michael Färber, Admiral Yves Dupont und der Inspekteur CIRCyber- und Informationsraum Vizeadmiral Dr. Thomas Daum

Bundeswehr/Torsten Stephan

Gemeinsames Lagebild und Koordination bei Bedrohungen

Bereits Anfang Oktober 2023 haben die ersten Angehörigen des CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre ihre Arbeit in Brüssel aufgenommen. Die Einweihung sowie ein Empfang am 22. November sind nun gewissermaßen der offizielle Start. Insgesamt 17 Soldaten werden als Bindeglied zu den nationalen Einrichtungen, aber auch internationalen Organisationen wie zum Beispiel der NATO fungieren, um ein gemeinsames Lagebild des Cyber- und Informationsraums zu generieren sowie den gemeinsamen Einsatz bei Bedrohungen zu koordinieren.

Interessant für das Militär und EUEuropäische Union-Institutionen

Ein Großteil aus dem Zentrum heraus in Brüssel, ein kleiner Teil als wichtiges Verbindungselement zum Military Planning and Conduct Capability (EUEuropäische Union-Militärstab) oder bei den jeweiligen nationalen Elementen der teilnehmenden Staaten. Allerdings steht die endgültige Struktur noch nicht fest: Innerhalb der nächsten 18 Monate soll in enger Abstimmung zwischen der EUEuropäische Union, den am CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre beteiligten Nationen sowie den Beobachterstaaten geprüft werden, ob und in welcher Form das CIDCCCyber and Information Domain Coordination Centre umgesetzt und wo genau es in den offiziellen EUEuropäische Union-Strukturen verortet werden soll. Schließlich ist der Cyber- und Informationsraum nicht nur für das Militär interessant, sondern auch für die EUEuropäische Union-Institutionen an sich.

Cyberspace ist militärische Domäne

Für den Inspekteur Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr, Vizeadmiral Dr. Thomas Daum, ein erster wichtiger Schritt zum Schutz Europas: „In der heutigen Zeit hängt der militärische Erfolg von den Cyber-Fähigkeiten der Streitkräfte ab. Meines Erachtens erfordert die Operationalisierung des Cyberspace als militärische Domäne nicht nur das Verständnis des Cyberspace selbst, sondern auch der damit verbundenen Teilbereiche: das Informationsumfeld, in dem wir alle von Fake News, Fehlinformationen und Desinformationen hören; und wir müssen das elektromagnetische Umfeld verstehen, analysieren und bekämpfen, in dem wir die Nutzung des elektromagnetischen Spektrums, sei es Radar, sei es Funkkommunikation, all diese Dinge, behindern und verweigern. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Europäische Auswärtige Dienst das Bewusstsein für den Cyber-Informationsraum und eine solche Fähigkeit wie das Cyber-Informationsraum-Koordinationszentrum als interne Kapazität benötigt.“

Gemeinsame Sicherheit im Cyber- und Informationsraum

Mit dem Erreichen der Initial Operating Capability ist ein erster wesentlicher Schritt gemacht. Es bleibt zu hoffen, dass sich aufgrund der Resultate und Erfahrungen die Motivation zum Mitmachen für möglichst viele EUEuropäische Union-Nationen ergibt – schließlich geht es um die gemeinsame Sicherheit im Cyber- und Informationsraum.

von Torsten Stephan  E-Mail schreiben

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