Wer beschützt die Cyber-KRITISKritische Infrastrukturen?
Bei der größten Cyberverteidigungs-Übung der NATONorth Atlantic Treaty Organization trainieren CIRCyber- und Informationsraum-Kräfte gemeinsam mit anderen Akteuren den Schutz lebenswichtiger Einrichtungen.
Der Strom fällt aus, die Verkehrsmittel stehen still und Kommunikationsnetzwerke brechen zusammen: Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur können verheerende Folgen haben. In Deutschland gibt es verschiedene Player, die im Ernstfall gemeinsam Schaden von der Bevölkerung abwenden. Das Training solcher Szenarios erfolgt auch auf NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ebene.
Eine der wichtigsten Übungen zum Schutz kritischer InfrastrukturKritische Infrastrukturen (KRITISKritische Infrastrukturen) sind Anlagen, Systeme oder ein Teil davon, die von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Bevölkerung sind und deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen hätte, da ihre Funktionen nicht aufrechterhalten werden könnten. (KRITISKritische Infrastrukturen) ist die Cyber Coalition, die inzwischen zum 17. Mal stattfand. In diesem Jahr waren Militärs aus 29 NATONorth Atlantic Treaty Organization-Staaten sowie sieben Partnerländern, der Europäischen Union und über 1.300 Teilnehmende aus Behörden, Industrie und Wissenschaft beteiligt. Ziel war es, eine resiliente Verteidigung gegen Cyberangriffe auf Ebene des Bündnisses zu erhalten und auszubauen – getreu dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Motto „Stronger Together“. Das bedeutet einerseits, dass sich die verschiedenen Akteure bei einem Angriff koordinieren müssen um Schaden abzuwenden oder zumindest einzudämmen. Andererseits bedarf es aber auch der Fähigkeit, gemeinsam die erkannten Schwachstellen durch Cyberspace-Operationen zu beseitigen und, falls möglich, die Angreifer zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Cyberspace ist heute ein dauerhaft umkämpfter Operationsraum. NATONorth Atlantic Treaty Organization und Verbündete sehen sich täglich bösartigen Cyberangriffen gegenüber, die darauf abzielen, kritische Infrastruktur zu schwächen, Regierungsdienste zu stören und militärische Aktivitäten zu behindern. Staatliche und nichtstaatliche Akteure nutzen hierfür immer professionellere Methoden. Übungen wie Cyber Coalition sind deshalb unverzichtbar: Sie verbessern den schnellen Informationsaustausch, die gemeinsame Lagebilderstellung und koordinierte Reaktionen in komplexen, multinationalen Operationen – inklusive Angriffen auf zivile KRITISKritische Infrastrukturen.
Wer macht was?
Bundeswehr, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bundeskriminalamt: Im Cyberraum gibt es nicht nur eine einzige Feuerwehr, die ausrückt, wenn es brennt. Angriffe auf Cyber-KRITISKritische Infrastrukturen ziehen häufig eine Kette von unmittelbaren und vielfältigen Auswirkungen in der realen Welt nach sich. Umso wichtiger ist, dass die verschiedenen „Feuerwehren“ in ihren jeweiligen Aufgabengebieten effektiv zusammenwirken.
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
In Deutschland ist für den cyberseitigen Schutz ziviler KRITISKritische Infrastrukturen das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIBundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) zuständig. In dessen Lagezentrum werden rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr Cyberangriffe auf deutsche Netzwerke erfasst und bestmöglich abgewehrt. Gelingt es einem Angreifer, die Firewall zu überwinden, stellt das BSIBundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sogenannte „Incident Response Teams“ zur Schadensabwehr und zum Wiederherstellen der ITInformationstechnik-Sicherheit vor Ort bereit. Ein Interview mit einem ans BSIBundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ausgeliehenem Experten der Bundeswehr können Sie hier lesen.
Zentrum für Cybersicherheit der Bundeswehr
Das militärische Pendant zum BSIBundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ist das Zentrum für Cybersicherheit der Bundeswehr. Es ist zunächst primär für den Schutz militärischer ITInformationstechnik-Infrastruktur verantwortlich, kann im Rahmen der Amtshilfe aber auch zivil unterstützen, wenn es erforderlich wird.
Bundespolizei und Landespolizeien
Wird beispielsweise Verkehrsinfrastruktur wie das Bahnnetz oder die Flugsicherheit erfolgreich attackiert, liegen das Aufrechterhalten der Ordnung vor Ort und der unmittelbare Schutz der Bevölkerung im Aufgabenbereich der Bundespolizei. Bei anderen Zielen können aber auch die Polizeibehörden der Länder zuständig sein, um das bei einem schwerwiegenden Cyberangriff zu erwartende Chaos in den Griff zu bekommen.
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Federführend dafür zuständig, sich Worst-Case-Szenarios auszudenken und zu erarbeiten, was im Falle ihres Eintretens zu tun wäre, ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBKBundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe). Ein solches Szenario ist beispielsweise ein großflächiger Stromausfall („Blackout“) als Folge eines Cyberangriffs. Im Aufgabengebiet der zivilen Verteidigung beschäftigt sich das Amt mit der Frage, wie im Notfall die Staats- und Regierungsfunktionen aufrecht erhalten werden können und wie gleichzeitig die Bevölkerung geschützt und versorgt werden kann.
Bundeskriminalamt
Angriffe auf Cyber-KRITISKritische Infrastrukturen können „schwere staatsgefährdende Straftaten“ sein, vergleichbar mit einem Terrorangriff. Die Verfolgung der beteiligten Hacker liegt dann im Verantwortungsbereich des Bundeskriminalamts. ITInformationstechnik-Forensiker sind in der Lage, anhand von digitalen Spuren eines Angriffs Rückschlüsse auf seine Verursacher zu ziehen und diese im Idealfall der Justiz zuzuführen. In der Praxis erfolgen Angriffe jedoch häufig aus Deutschland gegenüber negativ gesinnten Ländern wie Russland oder China, bei denen sich die Strafverfolgung als sehr schwierig erweist.
Übungsszenario Blackout
Eines der Übungsszenarien bei der diesjährigen Cyber Coalition war ein Cyberangriff auf die Stromversorgung: Hackern ist es gelungen, ein Virus („Malware“) in die Steuerung mehrerer Umspannwerke einzuschleusen. Den Kriminellen ist es auf diese Weise möglich, die Verteilung von Strom länderübergreifend zu kontrollieren und für großflächige Ausfälle zu sorgen. Dadurch sind neben dem Stromnetz selbst diverse weitere KRITISKritische Infrastrukturen betroffen – der Worst Case ist eingetreten.
Nun werden die oben aufgeführten Akteure aktiv: BSIBundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und ZCSBwZentrum für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr versuchen gemeinsam, den Angreifer aus dem System zu verbannen und die Sicherheitslücke zu schließen. Die Polizeibehörden versuchen unterdessen, die öffentliche Ordnung zu wahren. Das BBKBundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe versorgt Bürgerinnen und Bürger, falls der Strom lang ausfallen sollte, während das BKABundeskriminalamt bereits die Verursacher der Katastrophe jagt.
Mehrere Millionen versuchte Angriffe pro Tag – mit dieser Schlagzahl müssen die Expertinnen und Experten im Lagezentrum des BSIBundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik klarkommen. Unter ihnen sind als Verbindungselement auch Soldaten der Bundeswehr.
Bundeswehr/Maximilian Bosse
Verteidigung im Bündnis
Im Rahmen der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Übung werden diese und ähnliche Szenarien nicht nur im Verbund der deutschen Akteure, sondern gemeinsam mit sämtlichen Partnernationen und deren jeweiligen Behörden trainiert. Denn nur durch regelmäßiges Üben können Abläufe für den Ernstfall standardisiert werden und Schwachstellen behoben werden. In einer vernetzten Welt sind Ländergrenzen bei der Cyberabwehr bedeutungslos und ein Angriff kann mehrere Partner gleichzeitig betreffen.
Die Bedeutung dieser länderübergreifenden Cyberverteidigung wurde auch auf dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Gipfel 2024 in Washington deutlich. Dort wurde das NATONorth Atlantic Treaty Organization Integrated Cyber Defence Centre (NICC) gegründet, in dem Experten rund um die Uhr zusammenarbeiten, um Cyberbedrohungen früh zu erkennen, zu analysieren und koordinierte Abwehrmaßnahmen durchzuführen – in Frieden, Krisen und Konflikten.
Außerdem beschloss die NATONorth Atlantic Treaty Organization neue strategische Maßnahmen, um besser auf Cyberangriffe reagieren zu können. So sollen Bedrohungen unterhalb der Schwelle von Artikel 5Artikel 5 des Nordatlantikvertrags beschreibt den Bündnisfall, das Prinzip der kollektiven Verteidigung: „Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird.“ Die Beistandsverpflichtung bedeutet, dass Deutschland den NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partnern beistehen muss und gleichzeitig auf die Hilfe der Verbündeten zählen kann, wenn es selbst angegriffen wird. frühzeitig erkannt und bekämpft werden. Artikel 5, die Klausel zur kollektiven Verteidigung, kann bei schweren Cyberangriffen ausgelöst werden.