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Nachgefragt

„Wir werden vermutlich keine Winterpause erleben“

Landes- und Bündnisverteidigung
Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

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Erst kommt der Schlamm und dann der Frost: Der Winter steht vor der Tür und er wird Folgen für den Ukrainekrieg haben. Welche Auswirkungen die harschen klimatischen Bedingungen in Osteuropa für die Kriegsführung haben, erklärt Oberst i. G.im Generalstabsdienst Andreas Schreiber von der Führungsakademie der Bundeswehr in der aktuellen Folge von „Nachgefragt“.

Oberst i. G.im Generalstabsdienst Andreas Schreiber unterrichtet an der Führungsakademie der Bundeswehr. Im Gespräch mit „Nachgefragt“-Moderatorin Oberleutnant Lara Weyland erläutert er, wie der Winter den Krieg in der Ukraine verändert.

„Geografische Faktoren spielen zumindest in der Landkriegsführung eine entscheidende Rolle. Schlicht und ergreifend, weil sich eben alles auf dem Boden abspielt und man sich davon nicht einfach lösen kann“, sagt Oberst Andreas Schreiber zu „Nachgefragt“-Moderatorin Oberleutnant Lara Weyland.

Die Ukraine habe sowohl die Witterung als auch die geografischen Bedingungen des Landes im bisherigen Kriegsverlauf mehrfach „sehr elegant ausgenutzt“, so der Dozent der Führungsakademie der Bundeswehr. „Die Ukrainer haben auf jeden Fall einen Heimvorteil. Nicht nur, weil sie das Gelände kennen. Sondern weil das Gelände überall eigentlich in der Ukraine den Verteidiger begünstigt.“

Schlamm erschwert den Angriff

Während der „Schlammperiode“ im Frühjahr und im Herbst seien weite Teile der Ostukraine nur schwer passierbar, so Schreiber: „Alles, was abseits befestigter Straßen ist, auf Feldern oder Feldwegen, versinkt. Selbst Kampfpanzer versinken bis zum Turm.“ Aber auch der so wichtige Nachschub werde erschwert. „In dem Moment, wo ich von der Straße runter muss, bricht die Logistik zusammen.“ Die wenigen Straßen in der Region seien effektiv zu verteidigen. Hinzu kämen die schiere Größe der Ukraine und die vielen Flüsse und Seen. Beides begünstige die Verteidiger.

Kämpfe entlang der Wasserwege

Insbesondere der Dnipro-Fluss und seine Nebenarme spielen eine wichtige Rolle in der Taktik der ukrainischen Streitkräfte. „Flussübergänge sind überall von entscheidender Bedeutung gewesen für die Verteidigung, von den ersten Kriegstagen angefangen“, sagt Schreiber.
 
Im Mai war fast ein ganzes Bataillon der russischen Streitkräfte aufgerieben worden, als es den Siwerskyj Donez in der Ostukraine überqueren wollte. Derzeit steht bei Cherson im Süden ein russischer Brückenkopf unter Druck, nachdem die Ukraine die Nachschublinien über den Fluss kappen konnte. „Diese Truppen sind entweder auf diesem Ufer zum Rückzug gezwungen oder sie werden dort vernichtet“, sagt Schreiber voraus. „Was auf jeden Fall verloren ist, ist das Großgerät: Denn dafür gibt es keine Möglichkeit mehr, es auf die andere Flussseite zu bringen.“

Westliches Pioniergerät für die Ukraine

Allerdings stünden die ukrainischen Streitkräfte vor der gleichen Herausforderung, wenn sie sich zum Angriff über die Wasserwege hinweg entschlössen. „Wenn sie dann gegen russischen Widerstand auf der anderen Seite wirklich antreten würden, wird das ein ausgesprochen schwieriges Unterfangen.“ 

Auch deshalb sei die Lieferung westlichen Pioniergeräts eine „Investition in die Zukunft der Ukraine“, so Schreiber: „Wenn die Ukraine die verlorenen Gebiete zurückerobern will, muss sie das im Angriff tun. Dann müssen natürlich auch im Zweifelsfall Gewässer überquert werden.“

Keine Gefechtspause in den Wintermonaten

Von einem Abebben der Kämpfe in den Wintermonaten sei nicht auszugehen. „Wir haben hier zwei winterharte Armeen, die den Winter auch kennen“, sagt der Oberst. „Das Gerät, was sie haben, ist auch auf diese schwierigen Witterungsverhältnisse hin optimiert. Mit anderen Worten: wir werden vermutlich keine Winterpause, wie wir sie aus Afghanistan kennen, dort erleben.“

Stattdessen biete der Winter der angreifenden Seite neue taktische Optionen. Zu erwarten seien etwa drei Monate mit durchgängigem Frost, so Schreiber. „Große Teile der aktuellen Kampfzone werden schlicht und ergreifend zufrieren.“ Flüsse, Seen und Uferbereiche könnten dann von Infanteristen und von leichten Gefechtsfahrzeugen überquert werden. „Das heißt, all die Vorteile, die die Geografie bisher dem Verteidiger geboten hat – egal, wer es war –, werden dann zumindest im Dezember, im Januar und auch noch Anfang Februar wegfallen.“
 

von Timo Kather

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