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„Nachgefragt Extra“

„Die russische Seite lässt keinerlei Willen zum Frieden erkennen“

Lage in der Ukraine
Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
4 MIN

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Die Menschen in der Ukraine bereiten sich auf den vierten Kriegswinter vor. Dass er neue Härten mit sich bringen wird, steht außer Frage. Doch wie kann der Krieg perspektivisch beendet werden? Brigadegeneral Joachim Kaschke aus dem Verteidigungsministerium schätzt die Lage für „Nachgefragt Extra“ bei einem Besuch in Kyjiw ein.

Er fahre aus mehreren Gründen nach Kyjiw, sagt Brigadegeneral Joachim Kaschke auf der Zugfahrt in die Hauptstadt der Ukraine: Einerseits gehe es um die Koordinierung der Unterstützungsleistungen für das angegriffene Land, andererseits auch darum, ein Signal der fortdauernden Unterstützung zu senden. „Wir sind hier auch als Zeichen der Solidarität: Wir stehen fest an der Seite der Ukraine“, sagt der Chef des Leitungs-Steuerungstabes im Verteidigungsministerium.

Fast vier Jahre kämpft die Ukraine schon gegen eine Vollinvasion der russischen Streitkräfte. An der Front habe sich eine regelrechte Todeszone entwickelt, konstatiert Kaschke im Gespräch mit Frau Hauptmann Janet Watson, die für „Nachgefragt Extra“ nach Kyjiw mitgereist war. Es gebe keine klare Frontlinie mehr, die Truppen beider Seiten würden kaum noch direkt aufeinandertreffen. Stattdessen habe sich ein sogenanntes gläsernes Gefechtsfeld entwickelt, sagt Kaschke: „ein Gefechtsstreifen, der mehrere Kilometer breit ist und wo kaum Bewegungen stattfinden können, ohne dass sie durch Drohnen entdeckt werden und dann eben mittels Drohnen oder anderer Wirkmittel bekämpft werden können.“

Kämpfe in den Frontstädten

Russland setze daher zunehmend auf kleine Kampfgruppen, die die ukrainischen Linien infiltrieren sollen. Gekämpft werde dabei hauptsächlich in den Städten in Frontnähe, so Kaschke, „weil die Städte auf dem gläsernen Gefechtsfeld eine gewisse Deckung bieten für die kleinen Einheiten, wie sie die Russen derzeit einsetzen müssen. Weil die ukrainischen Streitkräfte durch hohen Drohneneinsatz verhindern, große Truppenkörper zum Einsatz zu bringen.“ Gleichzeitig dürfe die Bedeutung der Städte aber auch nicht überbewertet werden, so der Brigadegeneral. Die umkämpfte Festungsstadt Pokrowsk zum Beispiel sei auch nur „eine Stadt an einer 1.200 Kilometer langen Frontlinie, die sich nur sehr, sehr langsam – wenn überhaupt – bewegt.“ Es sei derzeit nicht zu sehen, dass Russland tiefere Einbrüche in die ukrainischen Linien gelingen könnten.

Gleichzeitig spüre er nach wie vor „den großen Mut der Ukrainer, das alles zu erdulden und zu ertragen und trotzdem ihr Land zu verteidigen, um ihre Freiheit und ihre Souveränität zu bewahren“, sagt Kaschke. Aktuelle Umfragen hätten ergeben, dass sich die Menschen nichts so sehr wünschten wir Frieden – aber nicht, wenn dieser ihnen aufgezwungen werde. Der Durchhaltewillen der Bevölkerung sei ungebrochen, stellt Kaschke fest. „Das halte ich für bewundernswert.“

Russland intensiviert Angriffe

Dennoch wird auf USUnited States-Initiative sondiert, ob und unter welchen Bedingungen der Krieg beendet werden könnte. Dabei war die Ukraine zunächst nicht einbezogen worden. Verteidigungsminister Pistorius habe diesbezüglich klargemacht, dass ein Waffenstillstand nicht über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg verhandelt werden dürfe, gibt Kaschke zu bedenken. „Es kann nicht dazu führen, dass die Ukraine einseitig Territorien aufgibt oder ihre Möglichkeit, sich zu verteidigen, komplett aufgibt.“ Solange diese Bedingungen nicht erfüllt seien, müsse das Land weiter unterstützt werden. Die Ukraine und Europa hätten nun eine gemeinsame Position entwickelt, auf deren Basis verhandelt werden könne, so der Brigadegeneral – nun sei Moskau am Zug. „Jetzt muss man sehen, ob Russland wirklich Frieden will.“

Auf dem Gefechtsfeld lasse die russische Armee jedenfalls keinen Friedenswillen erkennen, stellt Kaschke heraus. „Im Gegenteil: Sie intensiviert die Angriffe, offensichtlich in der Hoffnung, noch Gebietsgewinne zu erreichen, die auch in möglichen Verhandlungen eine Rolle spielen können.“ Auch dürfe man nicht vergessen, dass der russische Präsident Wladimir Putin mutmaßlich nach mehr strebe als nur nach der Ukraine, so der Brigadegeneral. „Er möchte ja wieder das Russland von früher herstellen, also eine imperiale Großmacht. Und das betrifft mehr als das ukrainische Staatsgebiet.“ Diesem Umstand müsse man Rechnung tragen und eine Antwort darauf finden, so Kaschke. So habe die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Allianz ihre Verteidigungspläne angepasst und sich darauf verständigt, mehr in Sicherheit und Verteidigung zu investieren. „Wir sind auch willens, diese Allianz zu verteidigen“, macht der Brigadegeneral klar.

von Timo Kather

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