Cyber- und Informationsraum
ITInformationstechnik-Schule der Bundeswehr

ITInformationstechnik-Ausbildung für das System PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target

ITInformationstechnik-Ausbildung für das System PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target

Datum:
Ort:
Pöcking
Lesedauer:
4 MIN

Nahe Schrobenhausen, zwischen München und Ingolstadt, auf einem ehemaligen HAWK-Stützpunkt der Luftwaffe. Es ist ruhig im Unterrichtsraum. Nur der Ausbilder spricht. Die acht Soldaten hören konzentriert zu. Heute geht es um das Waffensystem PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target.

MBDA Schrobenhausen

Die Test- und Referenzanlage, TuRA, bei Schrobenhausen, zwischen München und Ingolstadt bietet effiziente Möglichkeiten für praktische und theoretische Ausbildung

bernhardhuber.com

Das Waffensystem PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target besteht aus bodengestützten, mobilen Raketen zur Verteidigung gegen feindliche Jets, Drohnen und Flugkörper. Die Bundeswehr hat das System der USUnited States-amerikanischen Firma Raytheon vor mehr als 30 Jahren eingeführt. Bis heute ist es ein effektives Luftverteidigungssystem – und im Ernstfall tödlich. Damit das so bleibt, ist es notwendig PATRIOT fortlaufend zu modernisieren und zu verbessern.

System in deutscher Hand 

PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target besteht aus zwei Teilen. Während die Raketen und die Abschussgeräte nahezu unverändert vom amerikanischen Hersteller übernommen wurden, ist das komplette Kommunikationssystem eine deutsche Entwicklung. Datenübertragung und Verschlüsselungstechnik sollten in deutscher Hand bleiben. Seitdem hat sich gerade auf dem Feld der Kommunikationstechnik viel verändert. Höchste Zeit, um einige Baugruppen in den Containern zu ersetzen. Die Instandhaltung und Versorgung mit Ersatzteilen wurden immer schwieriger und teurer.

Hardware zu Software 

Jetzt steht ein Wandel von Hardware zu Software an. Funktionen, die einst noch durch ein Gerät abgedeckt wurden, können heute als Software auf einem Server betrieben werden. Bei der Umrüstung wurden viele große und schwere Gehäuse entfernt und durch wenige kleine aber moderne Geräte ersetzt. Das „alte“ Kommunikationssystem, das PCM-Netz, Pulse Code Modulation, wurde abgeschafft. 

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ITInformationstechnik-Ausbildung an der Schule Informationstechnik der Bundeswehr für das System PatriotPhased Array Tracking Radar to Intercept on Target

Neues Kommunikationssystem eingeführt

Nun werden die Daten über ein IP-Netzwerk übertragen. Das Kommunikationssystem heißt DTN LV, Datentransportnetz Luftverteidigung. Die Software wurde von der Bundeswehr beauftragt und durch MBDAMatra BAe Dynamics Aérospatiale entwickelt, integriert und getestet. Künftig kann direkt auf den Bedarf der Luftwaffe reagiert werden. Das Kommunikationssystem bleibt fest in deutscher Hand.

Alexander Simons, Projektleiter der MBDAMatra BAe Dynamics Aérospatiale, sieht die direkte Zusammenarbeit mit den Nutzern des PATRIOT Kommunikationssystems DTN LV und insbesondere mit dem Ausbildungspersonal der ITInformationstechnik-Schule der Bundeswehr, als eine Win-Win-Situation. „Auf der einen Seite erhalten wir schon während der Entwicklung Feedback, das in unsere Systemauslegung und in unsere Softwareentwicklung einfließen kann. Auf der anderen Seite lernt das Luftwaffenpersonal die Bedienung des Systems von Anfang an direkt beim Hersteller. So sind eine hohe Produktqualität und ein effizientes Arbeiten in der Truppe gewährleistet.“

Test- und Referenzanlage

Die technische Funktionsfähigkeit der neuen Geräte wurde bereits nachgewiesen. Dies geschah in einem technischen Test an der TuRA, der Test- und Referenzanlage. Hierzu wurden Dutzende Kabinen von der FlaRak, der Flugabwehrraketentruppe, beigestellt. Schon während der Entwicklungsphase fand eine enge Abstimmung mit dem Militär statt. Insbesondere mit dem Waffensystemunterstützungsteam PATRIOT und der Schule Informationstechnik der Bundeswehr, der ITSBw. 

Ausbildung der Ausbilder

Und zur ITSBw gehört die Handvoll Soldaten im Unterrichtsraum. Die kleine Gruppe besteht aus hochqualifizierten Experten, die im Rahmen einer zweiwöchigen Ausbildung in Theorie und Praxis auf die Bedienung und Funktionsweise des neuen Systems geschult werden. Mit dem Standort nahe dem Münchner Flughafen verbinden sich mehrere Vorteile: Im Sendebetrieb des Radars können echte Flugzeuge erfasst werden. Und die praktische Ausbildung am Gerät erfolgt in den originalen Kabinen der Luftwaffe – ohne die Abläufe in der Truppe zu beeinflussen. Auch stehen die MBDAMatra BAe Dynamics Aérospatiale-Entwickler persönlich zur Verfügung und führen durch die Ausbildung. 

Das neue Kommunikationssystem nennt sich Datentransportnetz Luftverteidigung, DTN LV. Die Ausbildung ist Grundlage für die sogenannte „Delta-Ausbildung“ in der Lechfeldkaserne am Standort Graben. Hier wird seit 2023 in einer Serie von Lehrgängen das Luftwaffenpersonal an der ITSBw auf den neuesten Stand gebracht.

Inbetriebnahme und Administration 

Zwei Männer arbeiten an einer Anlage.
Bundeswehr/Herbert Singer

Für Stabsfeldwebel Markus W., PATRIOT-Spezialist an der ITSBw, ist diese Form der Ausbildung der Ausbilder nahe am Optimum. „In wenigen Wochen muss ich an der ITSBw die Kameraden in das neue System einweisen und deren Fragen beantworten können. Da ist eine so intensive und umfassende Ausbildung zwingend erforderlich. Und gerade die Möglichkeit, mit den Entwicklern direkt am Gerät meine Fragen zu Inbetriebnahme und Administration besprechen zu können, ist Gold wert.“ Ein weiterer Ausbilder der ITSBw, Hauptfeldwebel Andre W., hätte sich noch etwas mehr Zeit gewünscht, um das neue System bis ins letzte Detail kennenzulernen. „Insgesamt fühle ich mich aber gut vorbereitet, schließlich blieb keine Frage unbeantwortet. Die Delta-Ausbildung kann beginnen.“

Fahrplan

Parallel dazu erstellt MBDAMatra BAe Dynamics Aérospatiale die Dokumentation, also Handbücher, und Bedienungsanleitungen sowie die ITInformationstechnik-Systembeschreibung und das ITInformationstechnik-Sicherheitskonzept. Im Frühsommer 2023 fand der „Technische Test im Einsatzverband“ stattf. Damit wurde die Leistungsfähigkeit des Systems in einem FlaRak-Verband mit „operativen“ Luftwaffenpersonal nachgewiesen. Abschließend fand ein „System Integration and Checkout“, SICO, statt. Damit endete die Erprobung und die formale Genehmigung zur Nutzung wurde erteilt. Darauf folgte ein taktisches Schießen auf dem NATO-Schießplatz auf Kreta im Herbst 2023 als erstes operatives Vorhaben mit dem neuen System. Die Serienumrüstung aller PATRIOT-Systeme der Luftwaffe ist anschließend geplant.

Obsoleszenzbeseitigung

Für die Ausbilder der ITSBw und die Entwickler der Industrie geht es dann weiter zum nächsten Projekt. Als nächste Obsoleszenzbeseitigung steht der Ersatz der Schlüsselgeräte und Richtfunkgeräte in den Richtfunkanlagen auf dem Programm. Schließlich soll PATRIOT noch viele Jahre genutzt werden. Und gerade erst hat der Hersteller Raytheon beschlossen, die Kooperationsvereinbarung mit MBDAMatra BAe Dynamics Aérospatiale zu erweitern. Damit wird die bereits bestehende Zusammenarbeit weiter vertieft.

von Herbert Singer  E-Mail schreiben

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