Dolmetschen ist ihre Passion

Dolmetschen ist ihre Passion

Ort:
Hürth
Lesedauer:
4 MIN

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Die Arbeit des Dolmetschers gehört laut einer WHOWorld Health Organization-Studie zu den drei stressigsten Berufen: nach Kampfpilot und Flugglotse. Im Portrait der Konferenzdolmetscherin Jeanne Vogt wird deutlich, warum die Arbeit stressig, aber auch lohnend ist.

„Mein letzter Einsatz war bei der Marine in Norddeutschland auf einem technischen Seminar“, so Oberregierungsrätin Jeanne Vogt (45), dabei kam die Sprache auf eine Madenschraube: „Das konnte ich nicht sofort dolmetschen, weil ich den Begriff weder im Deutschen kannte, noch das französische Pendant. Also habe ich nachgefragt und mir die Schraube beschreiben lassen.“ 

Portait von Jeanne Vogt

Mit großem Einsatz als Konferenzdolmetscherin unterwegs - Jeanne Vogt.

Bundeswehr/ Ruhnke

Für die 45-Jährige nichts Besonderes, weder die mehrtägige Dienstreise in den Norden, noch der Umgang mit sehr technischen Begriffen. Denn sie arbeitet als Konferenzdolmetscherin für Französisch im Referat SMD 6 „Rüstung, Beschaffung, ITInformationstechnikdes Bundessprachenamtes in Koblenz - dem Referat mit den meisten Dolmetschern. Vogt ist offen, kommunikativ und überzeugend. Attribute, die ihr im Beruf zu Gute kommen.


Die Berufsbezeichnung „Dolmetscher“ ist nicht geschützt. Konferenzdolmetscher im Bundessprachenamt haben aber in der Regel ein einschlägiges Studium abgeschlossen. Zusätzlich steht vor einer Anstellung im Bundessprachenamt eine Aufnahmeprüfung. „Diese Art von Leistungstest ist für Dolmetscher und Übersetzer generell üblich“, weiß die Bundesbeamtin. „Als Dolmetscher nutzt man verschiedene Techniken“, führt Vogt aus, die Haupttechniken seien Konsekutiv- und Simultandolmetschen.

Konsekutivdolmetschen fordert hervorragendes Erinnerungsvermögen, Simultandolmetschen verlangt Gleichzeitigkeit

„Beim konsekutiven Dolmetschen notiere ich ganze Sprechpassagen mit und übersetze dann am Stück in die Zielsprache“, erläutert die Diplom-Dolmetscherin. Konferenzdolmetscher können Passagen von bis zu 10 Minuten wiedergeben. „Bei klassischen Begrüßungen sind eher längere Passagen üblich, bei sehr technischen Wortbeiträgen eher kürzere Intervalle“, berichtet Vogt aus ihren Erfahrungen. Dolmetscher eignen sich für das Konsekutivdolmetschen eine eigene Notiztechnik an. Wichtigstes Utensil hierfür, der Dolmetscherblock. „Ohne bin ich eigentlich nie unterwegs“, unterstreicht sie die Bedeutung, „sie müssen schmal sein, um in einer Hand gehalten werden zu können und einen besonders dicken Papprücken haben, damit sie beim Schreiben nicht knicken —

Sonst ist man als Dolmetscherin verloren

Simultandolmetschen ist die unmittelbare mündliche Übertragung eines Wortbeitrags in eine andere Sprache — der Dolmetscher hört den Redner über Kopfhörer und überträgt den Redebeitrag fast zeitgleich über ein Mikrofon in die andere Sprache. Diese Technik wird bei Konferenzen eingesetzt, Zuhörer mit einem Kopfhörer ausgestattet, auf dem sie die Verdolmetschung hören. Für Vogt macht das Simultandolmetschen den kleineren Anteil ihrer Einsätze aus: „Wir arbeiten normalerweise in einer Kabine und immer im Team von zwei Dolmetschern und wechseln uns alle dreißig Minuten, bei sehr speziellen Themen auch früher, ab“. Während der eine dolmetscht, unterstützt der Partner zum Beispiel durch das Mitschreiben von Zahlen. Echte Pausen sind also Mangelware.

Stress gehört für Vogt zum Alltag

„Das ist ein Aspekt, der meinen Beruf sehr stressig macht“, berichtet die passionierte Dolmetscherin. „Man ist auch ständig in einer Art Dauerprüfungssituation und auf dem Präsentierteller“. Außerdem sind die Themenbereiche immer wechselnd: in ihrer Arbeit dolmetscht sie Verhandlungen, technische Absprachen oder auch medizinische Kongresse. „Und neben dem offiziellen Programm gibt es abends häufig noch Stadtführungen oder andere kulturelle Programmpunkte, ich habe auch schon Tischgespräche zu Pferdezucht oder dem lerchenhaften Klang einer Orgel begleitet“, beschreibt die Hobbyfotografin die Bandbreite. Um in solch stressigen Situation gut reagieren zu können, eigne man sich Techniken an, „aber Routine gibt es eigentlich nie“.

Portrait von Jeanne Vogt mit Dolmetschblock.

Für Jeanne Vogt ist das Dolmetschen Passion.

Bundswehr/Ruhnke

Die beste Möglichkeit Stress beim Dolmetschen zu verringern sei eine gute Vorbereitung: „Auch wenn der Wortschatz mit der Zeit breiter wird, zum Beispiel was Dienstgrade oder technische Vokabeln angeht, bleibt doch die Erarbeitung von Terminologie und fachlichem Wissen für jeden einzelnen Einsatz der wesentliche Schlüssel zum Erfolg - wenn Konferenzunterlagen spät eintreffen auch mal am Wochenende!“. Hierbei kann Vogt auf Glossare zurückgreifen, die sie gemeinsam mit den Kollegen im Referat führt.

Ebenso wichtig sei der familiäre Rückhalt. „Das Privatleben als Dolmetscher ist nicht gut planbar, Einsätze kommen kurzfristig rein, sodass es selbst bei Familienfeiern schwer sein kann, fest zuzusagen“, weist die zweifache Mutter auf eine weitere Herausforderung, die mit dem Job einhergeht, hin. Reihen sich Dolmetschaufträge aneinander, ist sie auch mal drei Wochen am Stück unterwegs. Die Betreuung der beiden Kinder im Alter von 13 und 9 Jahren hat, als diese noch jünger waren, neben ihrem Mann häufig ihre Mutter übernommen. Von ihrer Mutter hat sie zudem die Freude an mehrsprachiger Konversation geerbt: Die Französin hat ihre Tochter bilingual erzogen. Dies gibt die Deutsch-Französin nun selber an Sohn Laurent und Tochter Amélie weiter, die sie zweisprachig aufzieht.

Fazit: Dolmetschen macht Spaß

Fragt man Jeanne Vogt ob ihr Job ihr Spaß macht, kommt die Antwort prompt: „Ja, Konferenzdolmetscherin zu sein macht großen Spaß! Mir gefällt, dass meine Arbeit sich mitten im Geschehen abspielt und dass ich immer direktes Feedback bekomme - ich sehe ja sofort, ob die Gesprächspartner sich verstanden haben.“ Diese Direktheit, die Dankbarkeit der Auftraggeber und Lob für ihre Arbeit motivieren sie: „Dann pauke ich am Wochenende auch gerne Vokabeln für den nächsten Einsatz.“ Und wenn auch das mal nicht reicht, dann fragt die kompetente Koblenzerin einfach nach. So konnte sie auch das Rätsel um die Madenschraube lösen - eine Schraube ohne Kopf: „Une vis sans tête“.

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