Transkript Funkkreis Podcast #82

Transkript Funkkreis Podcast #82

Datum:
Lesedauer:
16 MIN

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Delta to all. Radio check. Over.
Hier ist Bravo. Kommen.
This is Tango. Over.
Funkkreis – Podcast der Bundeswehr

HF Tobi Hennig (T): Und das heute mit....

HB Adrian Grüner (A): Hauptbootsmann Adrian Grüner. Hallo.

T: und mit mir, Hauptfeldwebel Tobi Hennig. Adrian, ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht, warum wir zwei immer in irgendeinem Vorgespräch über Essen reden müssen.

A: Keine Ahnung, das liegt, glaube ich, an mir, weil ich immer gerne esse. 

T: Auf jeden Fall haben wir eben liebe Zuhörerinnen und Zuhörer und damit hallo erst einmal an euch. Wir haben über die Einmannpackung (EPA) gesprochen. Das ist dieses kleine Essenspaket von der Bundeswehr.

A: Dieses kleine Überlebenspaket.

T: Überleben im Felde. Aber was mich viel mehr interessiert, ist, wann warst du das letzte Mal im Einsatz oder hast du überhaupt EPA gegessen?

A: Das kann ich dir ganz kurz beantworten. November 2020 bis Januar 2021. Das war genau die Zeit, wo diese Optimierung begonnen hat. Wo man sich darauf vorbereitet hat, aus Afghanistan, da war es noch ein vielleicht, abzuziehen. Da haben wir auch EPA gegessen, da gab es noch die Corona-Situation.

T: Ach so ja, ja, das war dann auch nicht anders handhabbar mit der DiFac, mit der dining facility.

A: Genau das. Also wir hatten auch an einem Abend kurz die Nachricht bekommen, da hieß es:  Leute passt auf, könnt ihr das bitte noch übers Radio-Andernach-Programm senden. Die Truppenküche ist ab sofort für drei oder zwei Wochen geschlossen. Wir haben erst einmal gedacht, okay, krass, jetzt geht’s wirklich noch mal los mit Corona. Dann kam noch mal der Anstieg auch im Einsatz im Januar und dann hieß es, EPA essen. EPA bestellen, EPA essen, aber wir haben das Beste draus gemacht und man muss einfach sagen, es schmeckt auch gut.

T: Ja, ich würde sowieso gerne mit dir über ein zwei Einsätze und deren Geschichten sprechen. Aber fangen wir gerne achronologisch an. Du warst auch quasi im Einsatz zu Corona-Zeiten?

A: Genau.

T: Wie hat sich das so ein bisschen ausgewirkt? Ich war ja auch zu Coronazeiten, deswegen aber auch für die Zuhörer und Zuhörerinnen: 45 Grad Celsius und Maske auf, oder?

A: Na gut, im November Dezember und Januar war es deutlich kühler, aber es war angenehmer mit der Maske. Das soll jetzt nicht falsch klingen, aber ich möchte ehrlich sein.  Das war absolut nervig. Das war wirklich ein nerviger Einsatz mit Corona. Die Leute haben das Beste draus gemacht, aber diese Betreuungseinrichtungen, die dir eigentlich so ein bisschen Halt geben, so ein bisschen dir gute Gedanken vermitteln sollen, das war einfach nicht mehr.
Wir standen zwar trotzdem zusammen, aber mit den A-H-A-Regeln, also Abstand, Maske auf, kurz mal am Bier nippen, die Maske wieder auf. Vielleicht auch beim Rauchen haben die Leute die Maske dann abgelassen, haben sich aber wirklich auf diesen Flächen verteilt.

T:  Ja, vor allen Dingen, ich habe es ja auch miterlebt. Und klar, man kann absolut sagen, genau, dass diese Betreuungseinrichtungen, alles, was da dranhängt, das fehlte schon sehr extrem. Man darf aber auch nicht überschätzen, weil das hat natürlich Auswirkungen auf den Einsatz, wir mussten unbedingt zusehen, dass dieses Coronavirus dann nicht die Überhand gewinnt im Einsatz. Weil sonst , in so einer quasi Insel, keine Chance!

A: Und es hat geklappt. Es hat funktioniert. Es haben sich alle an die Regeln gehalten und man muss wirklich sagen, es gab keine Fälle mehr. Also Afghanistan war dann wirklich auch im Camp Masar-i Scharif coronafrei.

T: Also, ich meine, das kann man schon verbuchen unter besonderes Erlebnis. So grundsätzlich, was den Einsatz betrifft. Aber ich glaube, das stellte uns persönlich einfach vor eine Herausforderung, was die Coronaregeln betrifft und auch noch den Einsatz. Denn wir haben beide die Quarantäne davor noch hinter uns.

A: Super.

T: Ja super. Was mich aber interessieren würde, ist: Was war so das Besondere für dich oder was hat der Einsatz für ein ganz besonderes Ereignis für dein Leben mitgebracht?

A: Meinst du damit jetzt einen bestimmten Einsatz oder aus dem Einsatz mit Corona?

T: Nein, aus irgendeinem Einsatz aus den ganzen Einsätzen, die du in Afghanistan warst. Wie oft warst du in Afghanistan?

A: Zweimal. Davor war ich im Kosovo. Also das war ein komplett anderer Einsatz. Das war noch 2016. Da war aber auch schon die Verbindung, weil wir dann noch zwei Einsatzredaktionen hatten. Eine im Kosovo und natürlich dann unsere Einsatzredaktion in Masar-i Scharif. Da haben wir natürlich auch immer korrespondiert. Haben uns abgesprochen, was habt ihr denn für Beitragsthemen, was haben wir für Beitragsthemen im Kosovo. Für mich war das dann immer so: wow, Afghanistan, da muss ich irgendwann mal hin, ich möchte das gerne sehen.
2017 hat's dann geklappt, das war dann der erste Afghanistan-Einsatz. Ich durfte dann auch ein paar Tage unterwegs sein auf Korrespondentenreise. Das heißt, auch in Kabul damals noch im Camp Kasaba und wenn du natürlich unterwegs bist in Afghanistan und ich kann nur für meine Wege sprechen, als ich unterwegs war, bekommst du schon das ein oder andere mit.  Wo du ganz genau merkst, okay, ich bin a, nicht zu Hause, und b, passiert hier etwas, was wirklich mit Leib und Leben zu tun hat.  Da gabs auch einen Vorfall, aber das muss ich, glaube ich, hier jetzt nicht breit erklären und erzählen oder wie auch immer.

T: Was war das? Oder wolltest du jetzt nicht darüber sprechen?

A: Also, wir waren da im Camp und dann ging der Alarm los und da waren noch die deutschen Bundespolizisten. Also wir waren da in dieser NSE (National Support Element)-Einrichtung, als dieser Alarm kommt. Ich kannte nur bis dahin den Übungsalarm. Ich dachte, okay, das ist Übungsalarm, aber es war kein Übungsalarm. Die haben sich alle angezogen. Haben sich alle hochgefahren, die Weste an, die Waffen durchgeladen und dann hieß es: Alter, zieh dich an! Innentäter. So. Und dann stehst du da und dann heißt es hier sichern.

T: Dann wird es heiß, kalt, heiß, kalt..

A: Ich habe gedacht, wo bin ich gerade? Und dann funktionierst du. Wenn du dann draußen stehst, es ist ein sternenklarer Himmel und du hörst aber so ein Zischen und dann hört sich das danach an wie Gewitter. Da merkst du, du bist nicht zu Hause.

T: Ging mir tatsächlich ähnlich. Mein besonderes Erlebnis war 2015 in meinem Afghanistan-Einsatz, als wir von außen mit Raketen beschossen wurden. Jetzt muss man auch ganz deutlich sagen, das war einer der ganz seltenen Fälle, dass dieses Camp überhaupt angegriffen wurde. Aber auch hier war zu keiner Zeit wirklich Gefahr im Verzug oder sonst irgendetwas. Diese Rakete ist auch auf dem Flugfeld eingeschlagen. Hat keinen großen Krater hinterlassen, aber da merkte man, okay.
Man wusste das ja nicht in dem Moment, der Alarm kommt, wir dachten auch Übungsalarm und dann hieß es, es ist scharf. Wir wurden gerade beschossen und keiner weiß, wo, warum, weshalb und du rödelst dich hoch, ziehst dich an, Weste an und dann gabs da noch dieses post-attack reconnaissance und so Sachen und dann hast du geguckt, wo sind die Einschläge?
Sind bei unserem Gebäude Einschläge? Sonst irgendwas? Du guckst und ich muss es tatsächlich aber auch sagen, ich guckte aus unserem Shelter raus, machte die Tür auf, weil ja alles zu war, und dann guckt man vorsichtig raus und es fuhr die Müllabfuhr an mir vorbei, wo ich mir dachte, okay, irgendwas stimmt hier gerade nicht. Denen war das natürlich sowas von egal.

A: Aber man sieht, wie manche abstumpfen.

T: Ja.

A: ...und das ist eben auch so eine Sache.

T: Es gab natürlich auch Ärger, weil das war kein Übungsalarm. Wenn normalerweise Alarm ist, da fährt keiner dort in der Gegend herum. Sofort ab in geschützte Gebäude oder sonst irgendwelche Sachen oder wie auch immer wir das dann im Detail durchführen, aber das war schon etwas, wo ich dachte: okay, krass. Aber es war trotzdem ein sehr besonderes Erlebnis.
Du hast es eben schon angesprochen Afghanistan, es hatte ja sowieso für uns auch gerade für unsere Generation, wenn ich das so sagen darf, die in den letzten 10-15 Jahren zur Bundeswehr gekommen sind, Afghanistan war immer so dieses Wow! Dieser Einsatz schlechthin. Das hat in den Medien aber auch so stattgefunden tatsächlich, weil auch die Medien das ja so wahrgenommen haben und auch heute noch schreiben, da können wir ja gerne mit dem Mythos ein bisschen aufräumen.

A: Ich glaube, du willst auf den längsten Einsatz der Bundeswehr hinaus.

T: Ich glaube, dieser Eindruck von Afghanistan ist auch so weit in die Medien verankert worden, dass man da auch dachte, es ist der längste Einsatz der Bundeswehr, aber er ist es nicht. Ich will das jetzt nicht irgendwie herunterspielen oder gleichstellen.

A: Aber man muss ja bei den Fakten bleiben.

T: Genau, Kosovo.

A: 1999.

T: KFORKosovo Force-Einsatz, ganz genau. Da hat der schon begonnen und deswegen, also Afghanistan ist der verlustreichste, keine Frage, da müssen wir auch nicht drüber sprechen, aber der KFORKosovo Force-Einsatz war der längere.

A: Worüber man auf jeden Fall noch sprechen könnte, das hat mich so in den letzten Monaten und Jahren immer wieder bewegt. Es wird immer nur von einem Einsatz dann irgendwie gesprochen und berichtet in den Medien. Entweder Kosovo, dann war´s Afghanistan und jetzt ist es Mali.
Die Bundeswehr hat aber unzählige Einsätze, die am Laufen sind. Das sind viele Soldatinnen und Soldaten aus der Heimat fernab der Heimat im Einsatz. Die Berichterstattung sollte da auf jeden Fall in den Medien draußen noch ein bisschen mehr stattfinden.

T: Ja, ich finde intern machen wir das ja schon gut. Ich finde, jeder Einsatz findet auch auf allen Portalen oder Social-Media-Kanälen wirklich schon gut statt in der Bundeswehr.  

A: Genau, jeder Kanal bedient auch die unzähligen Einsätze und da kommt natürlich dazu, was bedeutet Einsatz? Einsatz bedeutet gleichzeitig Herausforderung! Wenn du jetzt mal an deine Zeiten denkst in deinen Einsätzen, was ist da so eine Herausforderung?

T: Die größte Herausforderung für mich war tatsächlich, Freunde und Familie zu Hause lassen und auch so ein bisschen tatsächlich die Angst, sich in so einem Einsatz zu verlieren. Man erlebt fünf bis sechs Monate ja gar nichts, die Zeit geht irgendwie vorbei, aber irgendwie ist sie auch nicht existent. Also irgendwie wirst du aus deinem echten Leben rausgezogen und der Rest findet nicht mehr so richtig statt, aber das versteht man nicht und zu Hause läufts weiter. Da habe ich nicht so ein bisschen Angst, Verbindungen zu verlieren, das war für mich die größte Herausforderung. Aber ansonsten muss ich sagen, auch sowieso die Einsätze mit Radio Andernach waren ja, weiß Gott, jetzt nicht die  herausforderndsten, was irgendwie Gefechte oder so betrifft. Da haben andere Menschen deutlich mehr und ganz andere Sachen miterlebt. Aber da muss ich sagen, das war für mich persönlich die größte Herausforderung. Bei dir? Was war bei dir so das Größte, was dich dann irgendwie gekitzelt hat oder wovor du Respekt hattest?

A: Ich hätte bei dir genauso mit angesetzt. Das, was du gesagt hast, kann ich vollumfänglich unterstreichen. Man hat zu mir gesagt: Grüner, wenn du in den Einsatz gehst, es sind keine zwei Welten, die auf dich warten. Es gibt nicht die eine Welt zu Hause und die Welt im Einsatz. Auch wenn es so scheint, dass es so ist. Für mich war es trotzdem so. Ich habe zu Hause eine andere Welt verlassen, war im Einsatz und ich habe mein Zeug gemacht. Ich habe mich auch, ich muss ganz ehrlich sein, in den ersten Einsätzen, ich könnte mir selber meine fünf Finger an die Backe legen ja im übertragenen Sinne. Ich habe mich nicht mehr gemeldet zu Hause.

T: ...und das ist das Problem. Ich wollte es gerade sagen. Verbindung halten ist das höchste Gut. Einfach, um zu verstehen, was los ist. Um zu sehen, wie entwickelt sich was und keine Ahnung, aber ich meine, in der heutigen Zeit mit diesen ganzen Sachen, die man machen kann, zum Beispiel auch Grüße über Radio Andernach oder so verschicken, aber das ist wirklich schon verdammt wichtig und auch wirklich gut.

A: Ja, man belächelt das immer, wenn man im Einsatz ist. Du hast ja auch dein eigenes Leben. Du stehst morgens auf, machst dich fertig, hast dann gewohnten Tagesablauf. Dann hast du noch die Zeitverschiebung. Du guckst auf die Uhr, dann fängst du wieder das Rechnen an. Oh Gott, wir haben in Deutschland jetzt genau so und so viel Uhr.
Im Kosovo habe ich mich gar nicht irgendwie richtig zu Hause gemeldet. Meine arme Mama! Und wir hatten die gleiche Uhrzeit.

T: Ja, das ist schon schwierig. Du warst auch über Weihnachten, ich war auch schon über Weihnachten.

A: Genau.

T:  Bist du in Weihnachtsstimmung gekommen?

A: Ach, überhaupt nicht.

T: Ich auch nicht. Also war nett gemeint. Ist ja auch super, dass man da irgendwie versucht, Tannenbäume hinzustellen, aber keine Chance. Wir hatten an Heiligabend 24 Grad Celsius. Es funktioniert ja dann auch so nicht richtig.

A: Nein, überhaupt nicht. Also, wir hatten zwar auch unsere Supporter, die uns fleißig Pakete geschickt haben. Oh Gott, was waren da für Plätzchen drin, da waren Lebkuchen drin, da waren Sachen zum Trinken drin. Also alles, was so Weihnachtsstimmung hervorrufen sollte. Wir haben die Pakete bekommen. Haben uns am Heiligabend kurz zusammengesetzt, aber wir hatten ja, also es war Einsatz. Es war schwierig und auch für die Leute, die dann wirklich noch unterwegs sind, auch an solchen Tagen draußen im Einsatz, ich würde ich gerne immer vor all diesen Leuten meinen Hut ziehen.
Weil das eine Aufgabe ist, das musst Du mögen, das musst Du können,  durchhalten und das ist eine gewisse Berufung. Sonst kannst du das nicht machen.  

T: und da glaube ich, sind ganz viele Menschen auch, die in den Anfängen von Afghanistan dabei waren. Vielleicht auch in der Hochzeit noch und auch jetzt am Ende. Es ist wirklich viel passiert in Afghanistan, wirklich viel Positives. Es wurde viel Gutes getan. Erstens, das Durchschnittsalter wurde angehoben und auch die Lebenserwartung ist hochgegangen. Das ist ja schon alles besser geworden. Ich weiß, dass viel irgendwo auch in den Medien kritisiert wird, was war, was hat's gebracht, die Lehren ziehen aus Afghanistan und so weiter...

A: Das gibt es aber immer.

T: Aber wir haben ein Beitrag geleistet und ich finde, darauf kann man absolut stolz sein. Gibt es Gänsehautmomente für dich? Für mich gibt es zwei Gänsehautmomente.

A: Okay, ich bin gespannt.

T: Ich würde aber erst einmal gerne deine wissen. Was sind so die Gänsehautmomente entweder aus dem Einsatz oder auch bei der Rückkehr?

A: Das ist schwierig. Gänsehautmomente weiß ich gar nicht. Ich glaube, Gänsehautmoment war, als ich das erste Mal in Afghanistan angekommen bin auf dem Flugfeld, aus dem Flugzeug ausgestiegen bin, das war das Sommerkontingent und ich mir gedacht habe, wer hat denn hier diese Hitzewand aufgestellt, in die ich gerade reinlaufe?
Ich drehe mich rum und dann sehe ich dieses Marmal-Gebirge.

T: Imposant, oder?

A: Ich habe mir gedacht, Wahnsinn, was ist das für eine wunderschöne Landschaft? Ganz ganz cool! Dann eben auch auf dieser Korrespondentenreise  Richtung Kabul, wenn du dann in diesem Hubschrauber drinsitzt oder auch im Kleinflugzeug und du guckst ja da so ein bisschen links und rechts die Sachen an. Wunderschönes Land, ganz ehrlich, und das war der Moment, da habe ich Gänsehaut bekommen und habe ich mir gedacht, ich würde jetzt gerne mit dem Auto da unten entlangfahren.
Hält mich jeder für bescheuert, aber...

T: Nein, es ist ein unheimlich schönes Urlaubsziel in Anführungszeichen. Auch geographisch gesehen. Da machen wirklich viele Menschen gerne Urlaub, das ist ja wirklich so.

A:  Das hat mich tatsächlich dann, als ich wieder zu Hause war, nach dem ersten Einsatz, so etwas habe ich dann mitgenommen, weil ich mir gedacht habe, das ist irgendwie krass, du bist viereinhalb Monate im Einsatz, du kriegst gut Geld, aber ungefähr so ein paar hundert Meter weiter leben Menschen, denen es nicht gut geht. Denen es überhaupt nicht gut geht. Die auch seit Jahren damit zu kämpfen haben, was in dem Land passiert. Habe ich bis heute noch drin.
Du hast von deinen Gänsehautmoment erzählt, ich bin mal gespannt, welchen du hattest. Ich habe jetzt nur einen erzählen können.

T: Meine Gänsehautmomente gehen in die gleiche Richtung oder ähnliche Richtung wie bei dir. Vor allem das Land im Einsatz, es war für mich wirklich Gänsehaut. So beeindruckend, als wir im Landeanflug sind,. Ich bin mit dem Airbus damals im ersten Einsatz so reingeflogen, also mit der normalen Passagiermaschine, und dann wurde gesagt: alle Fenster zu, alle Rollläden runter, Lichter aus und ich denke mir, okay, wir landen im Dunkeln, krass. Dann ausgestiegen und wie bei dir, eine Wärmewand und ich denke mir okay? Alles klar, ich bin hier irgendwo, fünftausend Kilometer von zu Hause weg. Also das war schon für mich der erste Gänsehautmoment. Auch wenn man mal mit rausgefahren ist oder so, da habe ich auch einen ganz kurzen Moment, wenn ich das noch einschieben darf. Ich sitze in einem der Fahrzeuge in der Kolonne und sehe in der Frontscheibe so eine GoPro, die nach vorne gerichtet ist, und sah dann ein afghanisches Fahrzeug, was sich in die Kolonne drückte. Das war meine erste Fahrt mit raus und ich gucke mir das an und denke mir, ich sehe die GoPro, ich sehe das Auto, was sich dazwischen drängt, und da wurde mir erst bewusst, wie sehr man so ausgebildet wurde, dass überall Gefahren drohen. Die anderen, die das tagtäglich da gemacht haben, für die war das ganz normal. Das war dann irgendwann Standard, dass die sich auch in die Kolonne mal reindrücken. Und ich dachte nur, okay, wenn der sich jetzt gleich umsetzt, dann bin ich das neue Ausbildungsvideo.
Also das waren auch so creepy Momente, aber da wächst man ja mal mit seinen Aufgaben.
Der zweite eigentliche Moment, den ich meine, der mir Gänsehaut beschert hat, ist, in Deutschland gelandet, und das habe ich nach jedem Einsatz, es geht die Tür auf und ich gehe raus und ich rieche Deutschland. Deutschland hat seinen ganz eigenen Geruch. Es ist so. Ich kriege Gänsehaut und merke wow, ich bin wieder zu Hause.

A: Je nachdem, in welcher Stadt du landest, riechst du dann auch Diesel oder Abgase.

T: Aber bitte, mach ruhig meinen Gänsehautmoment kaputt, aber genau das ist es. Es ist wirklich für mich immer wieder beeindruckend und die Privatsphäre, die dann wieder mit einhergeht, dass ist auch schon immer super. Aber so ist es: 20 Jahre Afghanistan-Einsatz.

A: Lang ist es her.  

T: Viel wurde erreicht. Die Menschen haben viel gesehen. 59 von uns sind nicht mehr zurückgekommen, das muss man an dieser Stelle auch noch mal sagen. Und auch hier ein Gruß an alle Hinterbliebenen, viel Kraft und auch an die Menschen, die eben nicht unversehrt zurückgekommen sind oder auch mit posttraumatischer Belastungsstörung. Ist nicht einfach.
Aber auch ein ganz großer Dank an alle. Es waren insgesamt 160.000 Menschen vor Ort, haben ihren Dienst geleistet und deswegen von uns hier aus dem Funkhaus in Mayen auf jeden Fall ein ganz ganz großes Dankeschön.

A: Wir können nur ,was du gesagt hast, die besten Grüße rausschicken und vor allem viel Energie und die Hoffnung nicht verlieren.

T: Auch für die nächsten und andere Einsätze und damit verabschieden wir uns

A: Hauptbootsmann Adrian Grüner

T: und ich bin Hauptfeldwebel Tobi Hennig. Machen Sie es gut. Wir melden uns ab aus dem Funkkreis.

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