Transkription: Der Koordinator im Kampf gegen das Virus

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Datum:
Lesedauer:
8 MIN

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Delta to all. Radio check. Over.
Hier ist Bravo. Kommen.
This is Tango. Over.
Funkkreis – Podcast der Bundeswehr

Hauptmann Matthias Lehna: Mein Name ist Hauptmann Matthias Lehna aus der Redaktion der Bundeswehr. Eigentlich hatten wir eine fröhliche Weihnachtsfolge geplant, aber die aktuelle Corona-Situation hat uns keine Wahl gelassen. Statt in einem Familienbetreungszentrum bin ich heute im Herzstück der Bundeswehr-Corona-Bekämpfung. Im Gespräch mit Oberst Armin Schaus, dem Leiter der Operationszentrale Corona-Amtshilfe in der Julius-Leber Kaserne. Guten Tag, Herr Oberst.

Oberst Armin Schaus: Guten Tag, Herr Hauptmann Lehna. Schön, Sie wiederzusehen.

Lehna: Ja, genau, für die Zuhörerinnen und Zuhörer. Ich war schon mal vor einem Jahr hier im Lagezentrum, selbst eingesetzt als Lagebearbeiter. Und den Oberst Schaus habe ich vor zwei Jahren zu Beginn der Pandemie einmal porträtiert, als alles losging. Sie sind ja leidgeprüft, würde ich jetzt fast sagen. Sie kennen Kriseneinsätze im Inland, in und auswendig und sind Fachmann. Sehen Sie Parallelen zwischen den ganzen Einsätzen? Ob es Waldbrand ist, Hochwasser oder jetzt diese Corona-Pandemie-Bekämpfung?

Schaus: Ja, absolut. In unterschiedlicher Ausprägung ist es letztendlich so, dass die Bearbeitung immer gleich ist. Wir haben zum Beispiel auch im Sommer die Verantwortung für die Führung des Hochwassereinsatzes in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern übernommen. Es ist klar, wenn es in Deutschland eine Krise gibt, ist das Kommando Territoriale Aufgaben als Spinne im Netz zur Krisenbewältigung prädestiniert. Dafür ist das aufgestellt worden. Macht das im Auftrag des Nationalen Territorialen Befehlshabers und hat sich da auch, glaube ich, viel guten Ruf erworben in der Zeit und macht das professionell und jetzt auch dauerhaft in diesem Bereich. Und auch eines ist klar: Wir sind natürlich selbst auch nicht von Positivtestung verschont. Wir hatten jetzt einen Schichtwechsel von gestern auf heute und das neue Personal, bevor es reingeht, wird schnell getestet. Wir machen das schon seit Anfang an, der Schnelltest war positiv. Dann gibt es einen zweiten Schnelltest, weil der natürlich eine gewisse Unzuverlässigkeit hat. Der ist auch positiv gewesen. Und jetzt geht der Kamerad zum Sanitätsbereich, macht einen PCRPolymerase-Ketten-Reaktion-Abstrich ganz normal. Wird mich wundern, wenn der jetzt negativ wäre, aber ich kann es natürlich nicht abschätzen. Dann geht er ganz normal in Quarantäne. Der Kamerad ist geimpft und geboostert. Also ich hoffe, dass es da einen milden Verlauf gibt, aber es sind letztendlich die Schutzmaßnahmen, die wir von Anfang an hier eingerichtet haben. Wir sind ja auch in das Tagungszentrum des Verteidigungsministeriums gezogen, weil wir die Abstände einhalten können. Wir haben schon immer die FFP2-Maske gehabt. Wir haben schon immer ein Testzelt vor der Tür gehabt. Wir haben die Temperatur von Anfang an gemessen, um auszuschließen, dass wir den Eintrag hier in der Operationzentrale haben, weil die Arbeitsfähigkeit erhalten bleiben muss aufgrund der zentralen Funktion in der Pandemiebekämpfung.

Lehna: Und als erfahrener Militär haben Sie auch Reserven gebildet.

Schaus: Wir haben auch Aufwuchsplanung, wenn dort Personal ausfällt. Toi, toi, toi. Wir hatten ganz wenige Fälle bisher. Die haben auch zu keinen weiteren Ausfällen letztendlich geführt.

Lehna: Können Sie mir ein paar Zahlen, Daten, Fakten nennen, was Sie jetzt hier bisher schon geleistet haben? Sie sind ja fast zwei Jahre schon aktiv hier?

Schaus: Genau. Ich bin seit März letzten Jahres hier, mit ein paar Unterbrechungen, wo ich dann Lehrverpflichtung in Hamburg hatte. Wir haben jetzt ja über 9.300 Amtshilfeanträge im Rahmen der Pandemiebewältigung bearbeitet. Das Ganze ist so etwa das 25-Fache von dem, was das Kommando in Nichtkrisenzeiten zu bewältigen hat und entsprechend ist es so, dass der Personaleinsatz hochgefahren worden ist. Normalerweise sitzen hier im Betrieb 24/7 vier Soldatinnen und Soldaten, die das Ganze bearbeiten. Wir haben gerade jetzt hochgefahren auf etwa 60. Wir haben so am Tag zwischen 60 und 80 Anträgen, die reinkommen, die auch dann zur Entscheidung gebracht werden.

Lehna: Was sind das für Anträge?

Schaus: Ja, wir haben im Schwerpunkt im Moment Kontaktnachverfolgung in den Gesundheitsämtern, die kommen, um Pandemieketten zu unterbrechen. Wir haben jetzt auch verstärkt Anfragen für Unterstützung beim Impfen mit den Helfenden Händen, weil die Impfkampagne natürlich anläuft und dann auch mehr entsprechend mehr geimpft werden. Wir haben aber auch insbesondere viel Unterstützung in Krankenhäusern, wo wir Helfende Hände einsetzen, die Pflegepersonal unterstützen und freisetzen, die dann von normal Stationen auf COVID- oder auf Intensivstationen gehen können. Und insbesondere in Bayern und in Sachsen ist da doch eine ganz hohe Anzahl. Wir sind da mit über 1.000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz, um hier das Gesundheitssystem zu stabilisieren.

Lehna: Das hört sich alles sehr an, als würde man das schon mal kennen. Wir sind jetzt in der vierten Welle. Haben Sie den Eindruck, es hat sich was geändert?

Schaus: Ja, es. Gewisse Dinge wiederholen sich. Letztes Jahr im Winterzeitraum, also ab Weihnachten und dann im ersten Quartal hatten wir schon mal hohe Infektionszahlen. Dort waren wir auch mit der Kontaktnachverfolgung stark beschäftigt. Wir waren mit Krankenhäusern beschäftigt. Lange nicht so in der hohen Zahl, wie wir das heute gemacht haben. Also das ist schon eine andere Qualität, die dabei ist. Auch im letzten Jahr gab es schon Kleeblattprinzip. Das ist auch intern sicherlich erfolgreich gewesen.

Lehna: Können Sie das kurz erläutern?

Schaus: Ja, das Kleeblatt sind fünf Räume, wo sich Bundesländer zusammentun und sich dann gegenseitig unterstützen mit der Bereitstellung von Intensivbetten.

Lehna: Ja, Sie beschreiben mir jetzt recht nüchtern die Verfahren, wie man bei der ganzen Pandemie eigentlich vorgehen kann. Und Sie sind ja, ich will Sie jetzt mal beschreiben als eher der Ruhepol hier in einem sehr umtriebigen Umfeld. Würden Sie nicht manchmal einfach auch nur Frust ablassen wollen, nachdem sich alles wiederholt?

Schaus: Manchmal ja, gebe ich zu. Manchmal sitze ich im Büro abends spät und habe da schon eigentlich hohen Frust. Aber ich bin derjenige, der Ruhe in die Operationszentrale reinbringen muss. Und dann bin ich derjenige, der glaube ich, diese Ruhe auch dann dort verantwortet. Sie haben es ja selber mitbekommen, als Sie uns unterstützt haben. Wenn das hier ruhig abläuft, dann kommen wir auch zu guten und schnellen Entscheidungen. Und das ist eigentlich das Markenzeichen, was wir machen müssen.

Lehna: Was machen Sie eigentlich zu Weihnachten hier?

Schaus: Ja, ich habe Weihnachten Dienst. Wir werden es aber versuchen, die Weihnachtszeit so gemütlich wie möglich zu machen. Obwohl, gemütlich außerhalb der Familie gibt es eigentlich nicht. Aber wir werden schon hier ein bisschen dekorieren. Das Tagungszentrum hat dankenswerterweise schon angefangen und wir haben auch Besuche angekündigt. Also der evangelische Militärbischof wird uns an Heiligabend besuchen. Hat er letztes Jahr auch gemacht, dankenswerterweise. Wir werden hier einen kleinen Gottesdienst abhalten, was Pandemie bedingt, natürlich mit großen Einschnitten. Und ich kann mir gut vorstellen, dass er auch ein kleines Geschenk für jeden Soldaten mitbringt, dass wir da zumindest ein bisschen was an weihnachtlicher Stimmung haben.

Lehna: Okay, also Sie versuchen, so viel Weihnachten wie möglich hier zuzulassen, obwohl Sie ganz normal Ihren Dienst fortführen werden.

Schaus: Ja, der Dienst geht natürlich vor, aber erfahrungsgemäß ist es auch so, dass auch die Behörden über Weihnachten mit deutlich reduziertem Personal dann eingesetzt sind. Und die Wahrscheinlichkeit, dass wir jetzt große Anstürmen an Amtshilfe hier haben, sehe ich eher nicht.

Lehna: Dann würde ich einen kurzen Ausblick wagen. Ich hoffe, Sie wollen das auch. Was sagen Sie? Wie lange geht das hier noch weiter? Wie lange sehen Sie sich noch hier im Einsatz?

Schaus: Naja, ich glaube, wir werden da schon noch ein paar Monate mit befasst sein. Wir haben ja ein Wellenmodell entwickelt, das besagt, dass Ende des Jahres die höchste Inzidenz in Deutschland sein wird, das Ganze dann durchläuft, auf Gesamtdeutschland ausgedehnt. So bis Ende Januar, Mitte Februar. Und erfahrungsgemäß wissen wir, dass der Nachlauf der Unterstützungsleistungen noch ein, zwei Monate dann ansteht. Also das erste Quartal wird uns aus meiner Sicht noch ordentlich mit Corona beschäftigen. Aber eines ist klar: Wir bleiben, so lange wir gebraucht werden.

Lehna: Herr Oberst, Sie können jetzt noch zum Abschluss, wenn Sie wollen, Ihre Worte an die Soldatinnen und Soldaten richten, die gerade in den diversen Amtshilfeeinsätzen sind. Was wollen Sie Ihnen mitgeben?

Schaus: Ja, ich hoffe, es ist nicht zu vermessen, die Soldaten dann auch direkt zu adressieren. Aber ich kann nur sagen, ein großes Dankeschön für die Unterstützung. Wir haben hier ja eigentlich den einfachsten Part der Amtshilfe. Wir machen das alles aus Berlin. Aber die Soldatinnen und Soldaten, die vorne sind, von den Abstrichen über das Gesundheitsamt bis zu den ganzen anderen Aufträgen, das sind eigentlich die, die die Unterstützung hier leisten. Und da vielen Dank. Wir kriegen das über Pressemitteilungen zurück, dass da ein großartiger Dienst geleistet wird. Und das kann man nicht genug würdigen.

Lehna: Dem kann ich nichts weiter hinzufügen. Ich bedanke mich sehr für das Gespräch. Vielen Dank!

Schaus: Sehr gerne.

Lehna: Am Ende noch ein Hinweis. Der angesprochene Fall in der Operationszentrale hat sich nach PCRPolymerase-Ketten-Reaktion-Testung Gott sei Dank als falscher Alarm erwiesen. Die Kameradinnen und Kameraden arbeiten unverändert mit größter Vorsicht. Wenn ihr auch nächste Woche Donnerstag Neues aus der Bundeswehr hören wollt, dann schaltet ein. Mein Name ist Hauptmann Matthias Lehna. Ich melde mich aus dem Funkkreis ab.

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