Veteranenkultur

General Laubenthal: „Wir lassen niemanden zurück“

General Laubenthal: „Wir lassen niemanden zurück“

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

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Deutschland habe wieder lernen müssen, den Umgang mit seinen Veteraninnen und Veteranen zu pflegen, sagt Generalleutnant Markus Laubenthal. Im Interview mit der Redaktion der Bundeswehr und Radio Andernach erläutert der seinerzeitige Stellvertreter des Generalinspekteurs die Bedeutung des neuen Veteranenbüros. Es wurde am 17. Januar 2024 in Berlin eingeweiht.

Eine Porträtaufnahme vom Generalleutnant Markus Laubenthal

Generalleutnant Markus Laubenthal war der Stellvertreter des Generalinspekteurs als das Veteranenbüro eröffnet wurde

Bundeswehr/Sebastian Wilke

Herr General, warum braucht die Bundeswehr ein Veteranenbüro?

Ich glaube, die letzten 20, 25 Jahre haben gezeigt, was die Soldatinnen und Soldaten in einer Parlamentsarmee für dieses Land leisten. Wir haben uns dazu entschlossen, dass wir als Bundeswehr einen zentralen Anlaufpunkt schaffen wollen, um zum einen Aktiven zu helfen, die von Einsatzbelastungen betroffen sind, und zum anderen auch ehemaligen Soldatinnen und Soldaten, die auf ihre Weise noch immer betroffen sind und Hilfe suchen. Mit dem Veteranenbüro wollen wir diese Tür in unser System hinein öffnen, um so als Einfallstor Hilfe zur Selbsthilfe zu vermitteln.

Warum gerade jetzt?

Schon vor einigen Jahren ist der Leitung des Verteidigungsministeriums die Idee gekommen, die Aufgaben der Veteranenangelegenheiten über ein Büro erstmals hauptamtlich abzubilden und auszugestalten. 

Die Auslandseinsätze haben zudem stark dazu beigetragen, dass sich Menschen in Interessensgemeinschaften oder Verbänden zusammengeschlossen haben, die gemeinsam Einsatzerfahrungen erlebt haben und welche die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht haben. Das ist ganz wichtig! 

Und 2024 ist es nun soweit, dass wir außerhalb von Kasernenzäunen und Mauern inmitten der Hauptstadt die Einweihung des Veteranenbüros feiern können.

Innerhalb der Bundeswehr haben sich in den vergangenen Jahren bereits einige Institutionen etabliert, beispielsweise der Beauftragte PTBSPosttraumatische Belastungsstörung im Verteidigungsministerium. Wo sehen Sie Schnittmengen und wie könnte eine künftige Zusammenarbeit aussehen?

Die Veteranenkultur hat sehr viele Facetten. Das erleben wir durch unsere Projektteams, die uns sehr unterstützt haben, und natürlich auch durch die Zusammenarbeit mit den Veteranenverbänden. Die Arbeit des Beauftragten PTBSPosttraumatische Belastungsstörung ist dabei genauso wertvoll wie eine Sozialberatung für diejenigen, die den Boden unter den Füßen verloren haben und versuchen, ihren Weg zurück ins Leben zu finden. 

Im Netzwerk der Hilfe gibt es viele Angebote, die auch dem außerdienstlichen Bereich entstammen. Mit dem Veteranenbüro haben wir nun erstmalig eine Institution, die aus der Bundeswehr heraus zentral Hilfe vermittelt. Es geht um Hilfe zur Selbsthilfe und darum, den alten soldatischen Grundsatz zu praktizieren: Wir lassen niemanden zurück!

Warum befindet sich das Veteranenbüro in Berlin-Mitte in einem zivilen Bürogebäude und nicht beispielsweise im Bendlerblock des Verteidigungsministeriums?

Uns kam es darauf an, insgesamt ein möglichst niederschwelliges Angebot zu schaffen. Zum einen eine zentrale telefonische Ansprechstelle, aber genauso das Veteranenbüro als Anlaufstelle auf neutralem Boden außerhalb von Kasernenmauern. 

Militärische Sicherheitsbereiche sind gerade für diejenigen ein Hindernis, die schon lange die Streitkräfte verlassen haben. Wir wollten ein Büro mit freiem Zugang für Menschen, die sagen: Ich muss mich einfach mal beraten lassen. Und das auch diskret, ohne dass es jeder mitbekommt. Und das insgesamt in einer Atmosphäre, die es den Besuchern erleichtert, sich zu öffnen. Häufig geht es ja um die größten Sorgen oder intimste Dinge.

Dann geht es aber auch noch um die Anerkennung von außen, die sich Veteranen als Hilfe häufig wünschen. Was kann die Bundeswehr hier tun und wie nimmt Ihrer Meinung nach die Gesellschaft das Thema Veteranen wahr?   

Ich bin überzeugt, dass die Invictus Games im vergangenen September in Düsseldorf deutlich gezeigt haben, dass dieses Land und die Gesellschaft sensibler für diese Belange geworden sind. Die Invictus Games haben für sehr viel Aufmerksamkeit gesorgt und die weit mehr als 140.000 Besucherinnen und Besucher vor Ort haben ihr Interesse und ihre Wertschätzung für die einsatzgeschädigten Veteranen und aktiven Soldatinnen und Soldaten gezeigt. Auch die Bilder des Angriffskrieges in der Ukraine und des Terrors der Hamas in Israel tragen sicherlich dazu bei, dass sich mit dem Thema gesellschaftlich auseinandergesetzt wird.

Wir wollen mit dem Veteranenbüro auch unseren institutionellen Beitrag dazu leisten, über die Veteranenarbeit zu informieren, das Netzwerk weiter vorantreiben und es mit Gleichgesinnten und Interessengruppen partnerschaftlich weiter ausbauen. Wenn dann aus dem Parlament heraus ein offizieller Veteranentag etabliert wird, den ich sehr begrüßen würde, wird in Deutschland auch das gesamtgesellschaftliche Interesse am Veteranenthema weiter steigen.

Fest etabliert ist ja die Reservistenarbeit in der Bundeswehr. Wo sehen Sie hier Abgrenzung oder auch Parallelen zur Veteranenarbeit?

Wir haben bereits zwei hauptamtliche Referate im Verteidigungsministerium, die sich um Reservistenangelegenheiten kümmern. Dazu kommt das Kompetenzzentrum, das im Streitkräfteamt in Bonn wirkungsvolle operative Arbeit leistet und die Grundlagen schafft. Das ist alles sehr gut etabliert. 

Bei den Veteranenangelegenheiten stehen wir am Anfang. Ich glaube, im ersten Jahr wird das Veteranenbüro viel damit zu tun haben, sich in der Veteranen-Community bekannt zu machen und zu etablieren. Das ist durch die Projektteams schon zu einem großen Teil gelungen, aber es liegt auch noch ein langer Weg vor uns. 

Jetzt, nach der Eröffnung des Veteranenbüros, bin ich sehr gespannt auf die ersten persönlichen Kontakte, auf die Kameradinnen und Kameraden, die den Weg in diese neutrale Dienststelle finden, um sich beraten zu lassen und Hilfe zu bekommen. 

Wie schätzen Sie die Entwicklungen ein? Wo sehen Sie das Veteranenbüro in einigen Jahren?

Ich wünsche mir, dass die Veteranenkultur weiter Fahrt aufnimmt, denn je breiter und tiefer sie in diesem Land verästelt ist, desto besser ist es auch für die Gesellschaft. Und wenn wir mit dem Veteranenbüro dazu einen kleinen Beitrag leisten können durch unser Informations- und Beratungsangebot, durch die Präsenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, durch praktische Hilfe, die auch wirklich ankommt, dann wird sich das herumsprechen und dann ist das ein ganz wichtiger Beitrag, der auch multinational an Fahrt gewinnt. 

Denn im internationalen Vergleich muss man ja leider feststellen, dass Deutschland ein wenig hinterherhinkt, was die Veteranenkultur angeht. Das wollen wir ändern. Nicht nur, aber auch mit dem neuen Veteranenbüro.

von Redaktion der Bundeswehr 

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